DSR Bd 4 - Das Schattenlicht
betroffen zu sein.
Tony, stets der beobachtende Wissenschaftler, zählte all diese Sachverhalte auf, als die Wolken aus Nebel sich um ihn herum schlossen und er Freitag, der nur zwei Schritte vor ihm war, aus den Augen verlor. Es gab einen Spritzer kalten Regens in seinem Gesicht und das Brennen eines kalten Windes, dann ein verschwommener Bewegungswirrwarr und … Stille.
Er landete auf seinen Absätzen mit einem Stoß, der durch seine Beine nach oben fuhr und dazu führte, dass eines seiner Knie vorübergehend seinen Dienst einstellte. Er vollführte einen humpelnden Schritt, und das Kniegelenk funktionierte wieder, wodurch er beinahe nach vorne auf einen Weg aus Kopfsteinpflastern geworfen wurde. Im nächsten Augenblick holte ihn die Bewegungskrankheit ein und schlug hart zu. Sein leerer Magen zog sich zu einem kleinen, dichten Ball zusammen, und er würgte trocken.
Während er sich an der nächsten Wand abstützte, hob er seinen Kopf. Er schaute um sich herum und entdeckte, dass er sich in etwas befand, das eine Gasse zwischen zwei weiß getünchten Wänden zu sein schien. Sie war so schmal, dass Tony, wenn er in der Mitte stehen würde, mit ausgestreckten Händen beide Seiten berühren könnte. Die Luft war feucht und heiß, und die schuppigen Äste einer Maulbeerfeige hingen über der Gasse. Jenseits der nahen Wände bellten Hunde. An dem einen Ende wurde der Weg von einer nackten Wand abgeschlossen, an dem anderen von einem steinernen Torbogen, durch den man in eine sonnendurchflutete Räumlichkeit gelangte. Weiter konnte Tony nicht sehen.
Und er konnte auch keinerlei Anzeichen von Freitag sehen.
Er wartete eine Weile und versuchte zu entscheiden, was er tun sollte, dann wartete er noch etwas länger. Als Freitag ausblieb, kam Tony der Gedanke, dass sein wortkarger Gefährte vielleicht vor ihm angekommen war und irgendwo in der Nähe wartete. Auf alle Fälle, entschied er, würde es nicht schaden, sich einmal umzuschauen. Er schritt zur Mündung der schmalen Gasse und spähte auf eine Straße hinaus, die anders war als alles, was er bisher erlebt und gesehen hatte – wenn man einmal von Filmen oder alten Schwarz-Weiß-Wochenschauen absah. Doch hier – unter einer glühend heißen Sonne, in lebendiger Farbe – gab es eine Szenerie, die sein Großvater und Urgroßvater wiedererkannt hätten, wenn denn zumindest einer von ihnen jemals über die Grenzen der Familienfarm in Pennsylvania hinaus gereist wäre.
Die Menschen, die er umhergehen sah, hatten lange, fließende Gewänder in Vogelei-Blau und kaffeefarbenem Beige an; es handelte sich um ein leichtes Material, das der Kleidung ein wallendes Aussehen verlieh. Die Frauen trugen Kopftücher mit hellen Mustern; es gab gestreifte Pluderhosen, weit geschnittene weiße Hemden, die mit schwarzen Westen kombiniert waren, und rote Feze für die Männer. Und bei den wenigen Fahrzeugen, die weder Eselskarren noch Tragen waren, handelte es sich um sonnengebleichte, altmodische Autos aus den Dreißigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Straße selbst wurde von Läden und Marktständen unter verschlossenen, kastanienbraun und weiß gestreiften Markisen gesäumt.
Die Tatsache, dass die Bewohner dieses Ortes ihren Geschäften nachzugehen schienen, ohne einen Blick in seine Richtung zu werfen, gab ihm recht viel Mut, um ein paar Schritte aus der Gasse heraus zu wagen – zumindest weit genug, um zu sehen, ob er Freitag irgendwo auf der Straße entdecken konnte. Zu seiner Linken sah er eine Reihe von Buden und winzigen Läden von Verkäufern – Früchte, Lederwaren, Kleidung, Gewürze – und sich dazwischenmischende Kunden. Frauen mit Tragenetzen schlenderten gemächlich zu zweit oder zu dritt entlang der Buden und Ladenfronten. Weiter vor ihm, in einiger Entfernung die Straße hinunter, sah er einen Torbogen in klassischer Bauart aus antikem weißem Marmor und dahinter einen weiteren Bogen – dieser bestand aus sich abwechselnden schwarzen und weißen Streifen, an die breite Holztüren grenzten. Es handelte sich, wie er erkannte, um den Eingang zu einem jener weitläufigen überdachten Märkte, die in den Ländern des Nahen Ostens sehr zahlreich waren – einem Suk oder Bazar. Es war ein belebter Ort, nach der Anzahl der Käufer zu schließen, die durch den Eingang hinein- und hinaustraten.
Während Tony dort stand und dies alles auf sich einwirken ließ, wurde er sich bewusst, dass ihn jemand prüfend anstarrte. Im selben Moment spürte er, wie an seinem
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