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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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verranzt sah sie aus. Bis heute führt sie ein gewisses Eigenleben, das heißt, sie läuft nur, wenn sie will. Aber der Sound ist erstklassig, dagegen kannst du jeden CD- oder MP3Player vergessen. Die klingen nach Plastik, Vinyl hingegen ist eine »fette Mama«: Der Sound ist fleischiger, fülliger.
    Die Wohnzimmeranlage der Engels war in den 50ern ziemlich beliebt, aber auch aus anderen Gründen hatten wir oft die Nachbarschaft im Haus. Denn dank meines Vaters besaßen wir als eine der ersten Familien einen Fernseher und darüber hinaus sogar ein Telefon. In der Hinsicht konnte in der Lotharstraße kaum jemand mithalten. Bei uns kamen die Leute vorbei, wenn sie jemanden anrufen wollten, und das war gar nicht so einfach. Zunächst wählte man die Nummer, und wenn dann am anderen Ende jemand abhob, mussten schnell die 20 Pfennig in diesen Automaten gedrückt werden. Den Schlüssel für das dazugehörige Geldkästchen hütete mein Vater. Aber mein Bruder August, nun ja, der konnte diese Kassette auch ohne Schlüssel öffnen. Meine großen Brüder haben immer irgendwie versucht, an Knete heranzukommen. Und August war in solchen Angelegenheiten unglaublich geschickt. Deshalb war in dem Telefonkästchen eben nie etwas drin, wenn mein Vater nachsah.
    August brachte es auch fertig, unserem Vater regelmäßig die Rückwand seines Kleiderschrankes aufzuschrauben. Von vorn war der verschlossen, aber von hinten konnte man ihn mit einem Schraubenzieher öffnen. Und warum das Ganze? Weil in diesem Schrank die Bühnenklamotten meines Vaters hingen. Feine Anzüge in allen Farben, die Band trat schließlich immer einheitlich auf. Bevor sie zum Gig fuhren, verständigten sie sich: Was ziehen wir heute an? Und dann hieß es meinetwegen: »Rickes, heute laufen wir im braunen Anzug auf, dazu braune Schuhe und braune Krawatte.« Aber wenn mein Vater sich dann umzog, fehlte immer irgendein Teil. Besonders gern die gewichsten Schuhe, mein Vater und der August hatten dieselbe Schuhgröße. Tja, und weil die Zeit immer drängte, musste mein Vater sich schnell an die Strippe hängen: »Botze, heute blauer Anzug, blaue Krawatte, schwarze Schuhe! D’r August hät ming brung Schoh an.«
    Man muss allerdings dazusagen, dass mein Bruder sich solche Scherze jederzeit leisten konnte. August war so etwas wie der Lieblingssohn meines Vaters. Ein sehr sportlicher und erfolgreicher Junge, seinerzeit Boxer beim SC Colonia, das freute meinen Vater. Später, als ich auf die Welt kam, verschob sich die Liebe dann ein wenig. So ein Nesthäkchen ist halt immer etwas Besonderes. Aber der August hat mir das nie übel genommen, der konnte mich gut leiden. Überhaupt kann ich mich an keinen einzigen Krach erinnern, den wir unter uns Geschwistern gehabt hätten. Schön, wenn man eine Familie hat, in der man sich geborgen fühlt und alle zusammenhalten.

DER KAMELLELUMP
    In Sülz hatten wir zwar nicht den Rhein, aber dafür den Duffesbach. Und der ist ja auch viel wichtiger, Köln liegt nicht am Rhein, sondern am Duffesbach. Den nämlich haben sich die Römer damals als natürliche Südgrenze für ihre neue Kolonie ausgesucht, sonst hätten sie Köln ja auch weiter flussabwärts gründen können. Später, im Mittelalter, hat sich Köln im Halbkreis an den Rhein gelegt, und der Duffesbach floss mitten hindurch. Früher haben die Bauern aus dem Vorgebirge das Wasser des Duffesbachs oft auf ihre Felder abgeleitet. Die Kölner Handwerker standen dann plötzlich ohne ihr Brauchwasser da. Die Streitigkeiten gingen sogar so weit, dass deswegen im 16. Jahrhundert der »Hürther Krieg« geführt wurde. Ein Krieg zwischen Köln und Hürth, das muss man sich mal vorstellen! Und all das wegen des kleinen Duffesbachs.
    Ich erinnere mich noch gut an seinen Geruch. Der entspringt ja in der Ville bei Knapsack, also wurde ihm immer ordentlich Chemie beigemischt. Auch wenn man ihn in Sülz nicht gesehen hat, so hat man ihn zumindest gerochen. Der Duffesbach roch in meiner Kindheit säuerlich, angesäuert, sauer. Und ich wäre auch sauer, wenn man mich so behandeln würde. Denn am Militärring/Ecke Berrenrather wird er in eine unterirdische Röhre geleitet, direkt gegenüber der Einfahrt zum Geißbockheim. Ab da ist er nicht mehr zu sehen, das ist eigentlich eine Schande. Die Kölner sollten sich zum Duffesbach bekennen, statt den zu kanalisieren. Ich glaube, der fließt irgendwo auf der Höhe vom Schokoladenmuseum unsichtbar in den Rhein. Kein Wunder, dass heute kaum noch jemand

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