Du bist nie allein
dann aufatmend zurück.
Richard war gefährlich, hatte Blansen gesagt. Gut, das wusste sie schon. Und was weiter? Richard hatte vor einem Monat gekündigt, ihr und Pete aber etwas anderes erzählt.
Er hatte gekündigt, als er von dem »Notfall« zurückkam. Er hatte gekündigt, nachdem Julie ihm gesagt hatte, es sei aus.
Gab es hier eine Verbindung?
In dem Moment kam Pete Gandy ins Büro. Ein Segen, dass er sie nicht an seinem Schreibtisch ertappt hatte! Sie wollte nur noch für einen Moment nachdenken.
Julie hatte Richard nach ihren eigenen Worten nur ein paarmal gesehen, und er hatte sie zwar öfter angerufen, sie hatten aber nie allzu lange telefoniert.
Jennifer runzelte die Stirn.
Was hatte er seither noch in seiner freien Zeit getan?
Mike parkte seinen Pickup vor der Werkstatt. Julie hatte während der ganzen Fahrt vor sich hin gestarrt. Nun hob sie langsam den Blick und seufzte.
Wir haben keine andere Wahl, als abzuwarten, was heute passiert,
schien sie damit sagen zu wollen.
Beide hatten nicht gut geschlafen. Mike war viermal aufgestanden, um etwas zu trinken. Jedes Mal zog es ihn unwillkürlich zum Fenster, wo er lange hinausschaute. Julie dagegen hatte viel geträumt. Obwohl sie sich an die Träume im Einzelnen nicht erinnern konnte, wachte sie mit einem ängstlichen Gefühl auf. Dieses Gefühl verschwand auch nicht, während sie sich ankleidete und frühstückte.
Nachdem sie ausgestiegen waren, umarmte und küsste Mike sie und bot ihr an, sie über die Straße zum Salon zu bringen. Doch Julie lehnte ab. Singer sprang von der Ladefläche und lief schon vor zum Salon, um sich seinen Keks abzuholen.
»Ich komme allein zurecht«, versicherte Julie Mike. Es klang sehr zaghaft.
»Na gut«, sagte er, ebenso zweifelnd. »Ich komme nachher mal rüber und schaue nach dir, okay?«
Mike verschwand in der Werkstatt. Julie atmete tief durch und ging über die Straße. Im Viertel war noch nichts los der Nebel hatte offenbar viele Leute davon abgehalten, aus dem Haus zu gehen, aber mitten auf der Straße hatte Julie plötzlich das Gefühl, als komme ein Auto auf sie zugerast. Sie rannte los, um sich in Sicherheit zu bringen.
Doch es war nur Einbildung gewesen.
Auf dem Gehsteig angelangt, hängte sie sich ihre Tasche wieder ordentlich um und vergewisserte sich noch einmal, dass wirklich kein Wagen gekommen war. Ich sollte mir eine Tasse Kaffee besorgen, dachte sie, dann geht’s mir besser.
Sie ging bis zum Diner. Die Kellnerin goss ihr eine Tasse Kaffee ein. Julie fügte Zucker und Milch hinzu, verschüttete aber ein paar Tropfen auf die Theke. Während sie nach einer Serviette griff, hatte sie das merkwürdige Gefühl, von jemandem beobachtet zu werden. Mit verkrampftem Magen drehte sie sich um und musterte sorgfältig alle Tische. Sie waren zum Teil noch nicht abgeräumt.
Aber auch dort war niemand.
Julie schloss die Augen, den Tränen nahe. Ohne sich zu verabschieden, verließ sie den Diner.
Es war noch früh. Der Salon würde erst in gut einer Stunde öffnen, aber Julie war sicher, dass Mabel schon da war. Mittwochs gab sie immer Bestellungen auf. Als Julie die Tür aufstieß, war Mabel gerade dabei, die Anzahl der Shampooflaschen und Festiger in den Regalen zu prüfen. Als Mabel Julie ansah, trat ein besorgter Ausdruck in ihr Gesicht. Sie legte das Clipboard beiseite.
»Was ist passiert?«, fragte sie sofort.
»Sehe ich so schlimm aus?«
»Hat sich Richard schon wieder gemeldet?«
Statt einer Antwort biss Julie sich auf die Lippe. Mabel eilte zu ihr, legte die Arme um sie und drückte sie fest an sich.
Julie gab sich Mühe, sich zusammenzureißen. Sie wollte nicht schon wieder weinen. Trotz aller guten Vorsätze spürte sie, wie ihre Augen zu brennen begannen – und gleich darauf schluchzte sie in Mabels Armen los, am ganzen Leibe zitternd.
»Na, na«, murmelte Mabel. »Ist ja gut…«
Es dauerte lange, bis Julie sich wieder in der Gewalt hatte. Am Ende war ihre Nase rot und ihre Wimperntusche verlaufen. Als Mabel sie endlich losließ, griff Julie schniefend nach einem Kleenex.
Sie erzählte Mabel, dass Richard ihr unweit von ihrem Haus aufgelauert hatte. Sie erzählte ihr alles: was er gesagt und wie er ausgesehen hatte. Sie berichtete auch von ihrem Anruf bei Officer Romanello und dem Gespräch in der Küche.
Mabels Gesicht drückte tiefe Sorge und Mitgefühl aus, aber sie sagte nichts. Als Julie ihr Emmas Neuigkeit erzählte, überlief Mabel ein Schauer.
»Ich werde mal bei Andrea
Weitere Kostenlose Bücher