Du findest mich am Ende der Welt
entschuldigen,
lieà sich verschmerzen (wenngleich die Dame von der Rezeption recht
zurückhaltend auf meine Beteuerungen reagiert hatte).
Was ich jedoch wirklich unerträglich fand, was
mich Tag und Nacht beschäftigte und mich mit zunehmender Panik erfüllte, war
die Tatsache, daà die Principessa mir nicht mehr antwortete.
Ich weià nicht, wie oft ich tagsüber nach Hause stürzte,
in der Hoffnung, daà ich eine Principessa-Mail in meiner Mailbox vorfinden würde.
Nachts wachte ich auf und lief ins Wohnzimmer hinüber, in der plötzlichen
GewiÃheit, daà die Principessa mir in diesem Moment geschrieben hätte. Fünf
Minuten später schlich ich enttäuscht zurück und fand keinen Schlaf. Es war
schrecklich. Die Principessa schwieg sich aus, und erst jetzt wurde mir klar,
wie sehr ich mich an diese Briefe gewöhnt hatte, an diesen täglichen, ja
bisweilen stündlichen Austausch von Gedanken und Gefühlen, die meinem Leben
Licht und Farbe gaben und meine Träume beflügelten.
Ich
vermiÃte die kleinen Neckereien und Geständnisse, die groÃen Ankündigungen und
die erotischen Wortgefechte, bei denen mal der eine, mal der andere unterlag,
mir fehlten die tausendundeins Küsse, die durch die Nacht zu mir flogen, die
Geschichten, die meine Scheherazade zu erzählen wuÃte, die Bilder, die sie mir
ausmalte, ihr scherzhaft tadelndes »Seien-Sie-nicht-so-ungeduldig-lieber-Duc!«
Zunächst
hatte ich die Sache unterschätzt, das gebe ich zu. Mir war schon klar, daà die
Principessa verstimmt war, aber ich hielt mich für durchaus in der Lage, sie
mit schönen Worten zu besänftigen.
Natürlich
hatte ich auf ihre kleine zornige Notiz geantwortet â gleich am nächsten Morgen
hatte ich mich an den Computer gesetzt und der ungehaltenen Dame eine
scherzhafte Mail geschrieben, in der ich erklärte, daà nun wirklich kein Grund
zur Eifersucht bestehe, die schöne Amerikanerin würde mich nicht im geringsten
interessieren, es sei doch nichts passiert und dieser kleine Vorfall eine quantité négligeable , »das müssen Sie mir einfach glauben«!
Ich lächelte noch, als ich die Mail abschickte. Am Abend lächelte ich nicht
mehr.
Als
ich begriff, daà keine Reaktion erfolgen würde, lieà ich den Scherz beiseite,
schob alles auf meine Anspannung und den übermäÃigen Genuà von Alkohol und gab
zu, daà etwas passiert war, wie solche Sachen eben manchmal passieren, aber das
hätte nun nichts mit ihr, der Principessa, zu tun, und sie möge doch nicht so
halsstarrig sein und sich als die groÃherzige Person erweisen, als die ich sie
schätzen gelernt hätte, und mir wieder gut sein.
Auch
auf diese Mail erhielt ich keine Antwort. Die Principessa zeigte sich überaus
starrsinnig, und ich hatte einen kleinen Einbruch und wurde nun auch ärgerlich.
Meine dritte Mail handelte davon, daà ich fand, man könne
aus einer Mücke auch einen Elefanten machen, solche Empfindlichkeiten seien
überaus kindisch. Lächerlich, ein solches Drama zu inszenieren! Wenn die
Principessa also weiterhin in ihrem Schmollwinkel bleiben wolle, solle sie doch
bleiben, wo der Pfeffer wachse, ich für meinen Teil hätte auch noch anderes zu
tun, als ihr hinterherzulaufen und um schönes Wetter zu betteln.
Nach
dieser Mail ging es mir für eine Stunde sehr gut. Getragen von selbstgerechten
und stolzen Gefühlen ging ich mit Cézanne spazieren und schritt entschlossen
durch die Tuilerien, die von Liebespaaren bevölkert waren. Doch als ich in der
irrigen Annahme, der Principessa nun den Kopf zurechtgerückt zu haben, in
froher Erwartung die Wohnung aufschloÃ, war die Mailbox immer noch leer, und
eine Welle der Wehmut überschwemmte meinen Stolz.
In einer vierten Mail schrieb ich (nicht gerade gerne),
daà die Principessa der falschen Person die Schuld gebe â nicht ich hätte die
schöne Amerikanerin geküÃt, sondern diese hätte mir ihren Kuà aufgezwungen
(adieu Casanova!), das sei die Wahrheit, auch wenn der Schein gegen mich
spräche. Trotzdem würde ich Ihren Unmut natürlich verstehen und wolle mich in
aller Form entschuldigen.
In
der fünften Mail sagte ich, daà ich nun begriffen hätte, daà mit der Principessa
nicht zu spaÃen sei, was das Küssen anderer Damen anginge, aber nun hätte sie
mich wirklich lange genug schmoren lassen, ich
Weitere Kostenlose Bücher