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Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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glückstrunkene, herrliche Unruhe, derer ich
nicht mehr Herr wurde.
    Â»Bekomme ich auch eine Zigarette?«
    Eine schlanke Frau in einem flaschengrünen Kleid tauchte neben mir
auf. Es war Janet. Eine Strähne ihres Haars, das im Schein der Windlichter wie
Bronze schimmerte, hatte sich gelöst und fiel auf ihre nackte Schulter.
    Â»Natürlich … klar.« Ich hielt Janet die Schachtel entgegen und
zündete ein Streichholz an. Einen Moment züngelte die Flamme in der Dunkelheit,
und ich sah Janets Gesicht ganz nah vor meinem. Sie umfaßte meine Hand, die das
Streichholz hielt, beugte sich vor, um das Feuer aufzunehmen, machte einen
tiefen Zug, und dann passierte es.
    Statt meine Hand loszulassen, die immer noch das brennende Hölzchen
hielt, blies Janet die Flamme aus und zog mich ohne ein Wort zu sich heran.
    Ich war zu überrascht, um zu reagieren. Wie ein Trunkener taumelte
ich in den Kuß der schönen Amerikanerin, und als ich Janets Zunge in meinem
Mund spürte, war es zu spät.
    Alles, was sich in mir aufgestaut hatte, entlud sich in diesem
kurzen wortlosen Moment einer Leidenschaft, die endlich zum Zuge kommen wollte
und doch eine ganz andere Person meinte.
    Benommen trat ich zurück. Man hörte die Tür klappen, Schritte traten
in den Hof, und wir lösten uns aus dem Schatten des Mauerwerks.
    Â»Verzeihung«, murmelte ich.
    Einige Gäste waren in den Hof getreten und lachten.
    Â»Sie müssen mich nicht um Verzeihung bitten. Das war meine Schuld.«
Janet lächelte. Sie sah sehr verführerisch aus. Ich dachte an die Principessa.
Aber Janet war nicht die Principessa. Sie konnte es nicht sein.
    Denn als Jane Hirstmans forsche Nichte mir das erste Mal im Train
Bleu begegnete, hatte ich schon mehrere Briefe mit meiner mysteriösen
Unbekannten ausgetauscht, die ich »kannte, ohne sie zu kennen«.
    Irgendwo in meinem Hinterkopf erklang eine leise warnende Stimme.
Ich schüttelte den Kopf.
    Â»Darf ich Ihnen noch etwas zu trinken holen?« fragte ich.
    Der Abend neigte sich seinem Ende zu.
    Aristide
Mercier stand als einer der letzten an der Rezeption und zog sich seinen Mantel
über. »Das war wundervoll, mon Duc! Quelle gloire
énorme! Was für ein Abend!«
    Das fand ich allerdings auch. Als ich zur Garderobe ging, um meinen
Mantel zu holen, sah ich aus den Augenwinkeln, wie Aristide sich mit einer
kleinen Verbeugung von Luisa Conti verabschiedete und nach einem Büchlein
griff, das neben dem Rezeptionsbuch lag.
    Â»Oh, Sie lesen Barbey-d’Aurevilly?« fragte er erstaunt. »Was für
eine ausgefallene Lektüre. – ›Der rote Vorhang‹, darüber habe ich mal ein
Seminar gemacht …«
    Ich hörte nur noch mit halbem Ohr hin, als sich an der Rezeption ein
kleines Gespräch entspann. Ich zog meinen Regenmantel an und steckte die Zigarettenschachtel
in die Tasche.
    Einen Moment dachte ich an Soleil, die vor einer Viertelstunde Arm
in Arm mit Julien d’Ovideo glücklich flüsternd und leise lachend in der
Dunkelheit der Rue de Saint-Simon verschwunden war. Ich dachte an Janet, ihre
heißen Lippen auf meinem Mund und daran, daß sie mir meinen überstürzten
Rückzug mit der ihr eigenen amerikanischen Sportlichkeit nicht übelgenommen
hatte. Ich überlegte, ob die Principessa auf meine Antwort, die ich noch in
rasender Eile verfaßt hatte, bevor ich das Haus verließ, um ins Duc de
Saint-Simon zu fahren, bereits reagiert hatte.
    Und dann bemerkte ich ein Stück Papier in meiner Manteltasche.
    Ich hielt es für eine alte Restaurantquittung und zog es zerstreut
hervor, um es in den Papierkorb zu werfen. Wie hätte ich auch ahnen können, daß
ich mein Todesurteil in den Händen hielt.
    Ungläubig starrte ich auf den kleinen Zettel. Jemand hatte mir eine
wütende Nachricht darauf hinterlassen.
    Und dieser jemand war kein anderer als die Principessa.
    Mein lieber Duc, ich warne Sie, wenn Sie diese
wunderschöne Amerikanerin noch einmal küssen, werden wir zukünftig auf unsere
kleine Korrespondenz verzichten müssen … Ich habe genug gesehen und entferne
mich auf der Stelle.
    Ihre ungehaltene Principessa
    Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich begriff.
    Die
Principessa hatte gesehen, wie ich Janet küßte. Die Principessa hatte mich auf
frischer Tat ertappt, und daß Janet mich mit ihrem Kuß quasi überrumpelt hatte,
war ihr herzlich egal.
    Mit

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