Du hast mir die Liebe geschenkt
Victoria, die ihn durch diverse Gänge des Krankenhauses führte. In Gedanken sah er noch Kims Gesicht, das endlich friedlich wirkte. Wohin gingen sie eigentlich?
Wahrscheinlich wollte ihm die Schwester Kims Sachen aushändigen. Darauf hatte er sicher ein Anrecht, da Malengo sie nicht geheiratet hatte.
Steve verschwieg ganz bewusst, dass Kim nicht mehr seine Frau gewesen war.
Als Geheimagent lernte man, niemals freiwillig Informationen zu liefern. Kim hatte sicher einen Grund gehabt, warum sie ausgerechnet ihn verständigen ließ, und bevor er diesen Grund nicht kannte, schwieg er lieber.
„Ich war gestern die ganze Zeit bei ihr, seit sie nach dem Unfall eingeliefert worden war”, sagte Victoria.
Steve nickte schweigend.
“Vielleicht wollen Sie im Moment nicht mehr hören”, meinte Victoria mitfühlend. “Wenn Sie etwas wissen wollen, fragen Sie mich bitte, einverstanden?”
Er nickte erneut und war froh, dass er sich jetzt nicht unterhalten musste. Er war todmüde, und bevor er Kims Tod nicht einigermaßen begriffen hatte, legte er keinen Wert auf nähere Details.
Sie fuhren mit dem Aufzug nach oben. Vor einer Station bat Victoria ihn zu warten. Er lehnte sich wieder an die Wand und schloss die Augen. Neben den typischen Geräuschen eines Krankenhauses hörte er Babys weinen. Ein Jammer, dass Kinder krank wurden. Zum Glück waren seine Nichte und sein Neffe gesund.
Hätte er sich doch bloß bei seiner Schwester und ihrer Familie in Nevada entspannen können!
Steve kam erst durch Victorias Stimme wieder zu sich. Offenbar war er im Stehen eingeschlafen.
“Strecken Sie die Arme aus”, verlangte sie.
Benommen gehorchte er und zuckte zusammen, als sie ihm ein Baby in die Arme legte.
“Ich war während der Geburt bei Francine”, erklärte Victoria. “Wir waren alle sehr froh, dass dem Kind nichts zugestoßen ist. Ein Wunder.”
Kim hatte vor ihrem Tod ein Baby auf die Welt gebracht? Steve schluckte, als er begriff, dass Victoria ihn für den Vater hielt. “Unmöglich”, murmelte er und gab ihr das Baby zurück. “Völlig unmöglich.”
Victoria drückte das Baby an sich. Steve Henderson tat ihr so Leid, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Was musste der arme Kerl jetzt durchmachen! Das war sicher alles zu viel für ihn. Der Mann hatte gerade erfahren, dass seine Frau gestorben war. Wie sollte er sich da über ein Baby freuen?
“Ich verstehe schon”, versicherte sie beruhigend. Obwohl sie stets versuchte, unbeteiligt zu bleiben, gelang ihr das nicht immer. Genau deshalb brauchte sie dringend Urlaub. Oft genug hatte sie sich die Nöte ihrer Patienten zu sehr zu Herzen genommen. Jetzt war sie einfach nur noch erschöpft. “Wir haben bei der Kleinen alle nötigen Untersuchungen durchgeführt und sie beobachtet. Sie können das Baby mitnehmen. Haben Sie jemanden, der sich darum kümmert?”
Er schüttelte wieder den Kopf. “Das Baby …” setzte er an, sprach jedoch nicht weiter.
Obwohl Victoria sich vorgenommen hatte, nie wieder aus dem Augenblick heraus zu handeln, hielt sie sich an das Versprechen, das sie der Sterbenden gegeben hatte. “Hören Sie, Mr. Henderson. Ich trete morgen einen dreimonatigen Urlaub an. Wenn Sie möchten, kümmere ich mich einige Tage um das Baby, bis Sie jemanden finden.”
Steve wollte schon ablehnen und alles erklären, überlegte es sich dann aber anders. Kim hatte gewusst, dass er nicht der Vater war, aber trotzdem so getan, als wäre sie noch mit ihm verheiratet. Im Krankenhaus sollte man ihn für den Vater halten, damit er das Kind beschützt. Vor Malengo? Vermutlich war dieser Mistkerl der Vater.
Steve musste Kims letzten Willen respektieren und gleichzeitig herausfinden, warum sie ihn in diese Lage gebracht hatte.
“Ich kenne Ihren Namen noch nicht”, sagte er zu der rothaarigen Schwester.
“Reynaud. Victoria Reynaud.”
“Ich nehme Ihr Angebot an, Miss Reynaud. Und vielen Dank.”
“Victoria”, sagte sie. “Das macht es einfacher”
“Steve”, entgegnete er.
“Haben Sie denn die nötigen Sachen für das Baby?” fragte sie.
“Welche nötigen Sachen?”
Sie sah ihn etwas irritiert an, meinte jedoch nur: “Eine Tragetasche, Windeln, Babynahrung, Fläschchen, das ganze Programm. Wenn Sie nichts davon haben, müssen wir erst mal einkaufen gehen…”
“Tja, das müssen wir wohl.”
Victoria entschied, Steves sonderliches Verhalten mit dem Schock zu begründen, den er sicherlich durch den Tod seiner Frau erlitten hatte. Während
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