Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
bereinigen. Sandra zwang sich schließlich, den Impuls zu unterdrücken, wenn Maurice neben ihr saß, weil sie keinen Streit provozieren wollte, aber insgeheim litt sie unter dieser für sie irrationalen Reaktion.
Obwohl Maurice sein Verhalten mit Sicherheitsbedenken begründete, reagierte er in Wahrheit auf die Rahmenbedeutung der Geste. Er fühlte sich herabgesetzt, behandelt wie ein kleines Kind, weil Sandra ihn durch ihren ausgestreckten Arm beschützte. Tatsächlich ärgerte Maurice sich schon die ganze Zeit, weil er passiv dasaß, während Sandra das Auto steuerte – obwohl es ihr Auto war. Viele Paare, die ihre Beziehung für gleichberechtigt halten, stellen fest, dass immer, wenn es an eine gemeinsame Autofahrt geht, die Frau automatisch dem Beifahrersitz zustrebt, während der Mann den Fahrersitz ansteuert; sie fährt nur, wenn er nicht dabei ist.
Der Akt des Beschützens rahmt den Beschützenden als dominant, den Beschützten als unterlegen ein. Aber der Statusunterschied, der bei dieser »Aufstellung« mitspielt, ist Männern wahrscheinlich unmittelbarer bewusst als Frauen. Das kann dazu führen, dass Frauen, weil sie bindungsorientiert denken, durch ihre Sprech- und Handlungsweisen Schutz akzeptieren und sich gar nicht bewusst sind, dass man sie deshalb als unterlegen empfinden könnte.
Unterschiedliche Wege zum selben Ziel
Sowohl Status als auch Bindung können als Mittel eingesetzt werden, wenn man gesprächsweise bestimmte Ziele verfolgt. Angenommen, Sie möchten einen Termin mit einem Klempner vereinbaren, der für einen Monat ausgebucht ist. Sie könnten in diesem Fall Strategien einsetzen, die entweder Gemeinsamkeiten oder Statusunterschiede ausspielen. Wenn Sie sich für Status entscheiden, würden Sie die Rolle des Unter- oder des Überlegenen einnehmen. Als Überlegener würden Sie zum Beispiel zu verstehen geben, dass Sie eine wichtige Persönlichkeit sind, ein hochrangiger Beamter der Stadtverwaltung, der Einfluss auf die Auftragsvergabe hat, die auch für einen Installateur nicht unwichtig ist. Als Unterlegener würden Sie die Sekretärin vielleicht wehklagend davon in Kenntnis setzen, dass Sie neu in der Stadt sind und weder Bekannte noch Verwandte haben, an die Sie sich wenden könnten, um deren Dusche oder sonstigen sanitären Einrichtungen zu nutzen. Sie spekulieren auf das Mitleid der Sekretärin und hoffen, dass sie Ihnen einen Vorzugstermin einräumen wird. Ob man sich nun über- oder unterlegen zeigt, beide Vorgehensweisen spielen auf Statusunterschiede an, weil das Verhältnis der beteiligten Personen als asymmetrisch gesehen wird.
Andererseits könnten Sie versuchen, Gemeinsamkeiten zu unterstreichen. Wenn Sie aus derselben Stadt kommen wie die Sekretärin oder derselben Nationalität oder ethnischen Gruppe angehören, können Sie sie in ein Gespräch über ihre Heimatstadt verwickeln oder den Dialekt oder die Muttersprache anschlagen. Wenn der Sekretärin bewusst wird, dass Sie derselben Gemeinschaft angehören, behandelt sie Sie vielleicht bevorzugt. Wenn Sie gemeinsame Bekannte haben, könnten Sie diese erwähnen und so vielleicht ein Gefühl von Nähe schaffen, das bei der Mitarbeiterin den Wunsch weckt, Ihnen einen besonderen Gefallen zu tun. Aus diesen Gründen ist es nützlich, wenn man einen persönlichen Kontakt herstellt. Man verwandelt sich von einem Fremden in jemanden, zu dem eine persönliche Beziehung besteht.
Das Beispiel mit der Mitarbeiterin des Installateurs veranschaulicht, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wenn man ein bestimmtes Ziel mit einem Gespräch erreichen will. Gespräche sind selten, wenn überhaupt, ausschließlich von der einen oder anderen Haltung gekennzeichnet, sie setzen sich vielmehr aus beiden zusammen und können auch in beide Richtungen interpretiert werden. Viele Leute verbinden es zum Beispiel mit Status, wenn jemand ständig angeblich prominente Bekannte erwähnt: »Hört mal, wie wichtig ich bin, weil ich wichtige Leute kenne.« Aber ein solches Verhalten ist auch ein Spiel mit Intimität und engen Bindungen. Wenn man behauptet, eine Berühmtheit zu kennen, ist das ein bisschen so, als würde man behaupten, mit der Mutter, Kusine oder einem Kindheitsfreund des anderen bekannt zu sein – es ist ein Versuch, durch die Erwähnung gemeinsamer Bekannter Anerkennung zu gewinnen. Wenn jemand berühmte Namen fallen lässt, kennt der Gesprächspartner die genannten Personen nicht unbedingt persönlich, aber sie sind ihm
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