„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
erfuhr jetzt endlich die Wahrheit über seinen BWL-Dozenten von der Uni, als er ihn dabei erwischte, wie er mit der chinesischen Austauschstudentin Yuen-Zeng auf der P-1-Tanzfläche komplett ausrastete. So ging es nicht nur den Frischlingen im P1, auch ich hatte ein ganz persönliches Déjà-vu-Erlebnis, als ich am ersten Abend meines Türsteherdaseins meinen ehemaligen Physiklehrer, der mich in der Neunten am Gymnasium gnadenlos durchrasseln hatte lassen, auf den Pausenhof zurückschickte, soll heißen: in die Warteschlange und das, obwohl er seit Jahren P-1-Stammgast war. Tja, lieber Herr Oberstudienrat B. – dumm gelaufen für dich, denn die Rache ist mein!
Was ich eigentlich damit sagen will? Nun, es lag nicht immer am dicken Bankkonto oder am Zweitwohnsitz in der Schweiz, ob sie reinkamen oder nicht, nein, neben der Tatsache, dass der Laden mit 250 Leuten einfach rappelvoll war, hieß die Devise »Mixed Salad«. Das Rezept für die spezielle Publikumsmischung hatten wir von Ian Schrager überliefert bekommen, neben Steve Rubell der Inhaber des damals in den Siebzigern legendenumwobenem Studio 54 in New York City, als der Gastro-Entrepreneur ein paar Monate zuvor auf einer Party im P1 einem geladenen Publikum sein Hotelkonzept aus den USA vorgestellt hatte. Immer, wenn wir fortan nach unseren Entscheidungskriterien gefragt wurden, servierten wir das Rezept für unsere bunte Salatmischung. Und immer, wenn unser Geschäftsführer Kurt zu uns an die Tür kam und »einmal gemischten Salat, bitte!« bestellte, wussten wir sofort, dass wir die Publikumsmischung an diesem Abend noch etwas delikater anrichten mussten.
Am Kuki-Tisch war die Stimmung inzwischen immer angespannter geworden, man konnte regelrecht spüren, dass es gleich krachen würde. Die Jet-Set-Kids waren fünf stramme Burschen und drei schnuckelige Mädchen. Ihnen standen als Eindringlinge zwei Amis mit zwei Brasilianerinnen gegenüber. Obwohl einer der beiden Amis recht muskulös war, schien es ein ungleiches Verhältnis für einen fairen Kampf zu sein. Diesen hätte eigentlich Postman ausfechten oder schlichten müssen, denn er hatte den zwei Amis mit ihren heißen Girls versprochen, dass am Tisch der Teenies genügend Platz für beide Gruppen wäre. Sie sollten halt ein wenig zusammenrutschen, dann ginge das schon. Bei der Enge auf dem Sitzpodest war es selbst für einen gewieften Kellner Schwerstarbeit, mit einem Tablett voller Getränke heil durchzukommen. Postman wurde von Maike im Service unterstützt und die hatte alle Hände voll zu tun, die Nassauer und die Nichtstrinker aus dem VIP-Bereich zu scheuchen, denn manchmal gestaltete sich dies nicht gerade als leichtes Unterfangen. Seit etwa zehn Minuten hatte sie auch noch unseren lieben Freund Fletcher an der Backe, der sich mit der fettesten Zigarre, die ich jemals gesehen hatte, und natürlich Opernarien schmetternd in dem Menschengemenge von einem Tisch zum anderen treiben ließ. So musste es geschehen, dass sich all unsere Kandidaten an besagtem Kuki-Tisch trafen. Keiner saß mehr, alle standen sie, die Beine eingeklemmt zwischen den Sofas und den drei kleinen, kniehohen Tischchen, sodass die Mädels entweder Laufmaschen in ihren Feinstrumpfhosen oder fiese blaue Flecke an ihren Schienbeinen davontrugen. Sie standen sich gegenüber, sahen sich an und gestikulierten wild umher, denn ein konstruktives Gespräch war bei dieser Lautstärke, die uns DJ Rocco nach den Beastie Boys mit dem Hammersong »Get up whirlpool« von Edwin Starr um die Ohren haute, nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.
Für einen kurzen Moment sah es so aus, als hätte sich die Lage beruhigt, dann plumpste Fletcher in seinem hellbraunen Nadelstreifenanzug rücklings zwischen zwei Sofas mit dem Hintern voraus auf den ersten der kleinen Tische, sodass dabei die 1,5-Liter-Flasche Wodka in tausend Scherben zerplatzte. Ob er von dem Menschenknäuel getrieben wurde oder ob er aus Jux und Dollerei eine Arschbombe auf dem Tisch platzieren wollte? Das konnten wir auch im Nachhinein leider nicht mehr eruieren.
Jetzt drehte sich der Größte der Kukis um 180 Grad herum und setzte zu einer Handbewegung an, die einen Faustschlag erwarten ließ, der Fletcher treffen sollte. Die anderen hätten ihn ruhig vorher vom Tisch wegziehen können, den unfreiwilligen Störenfried, aber auch wenn es nicht so aussah, blies Fletcher nun zum Gegenangriff. Er beugte sich nach vorn und wusste in diesem Moment nicht genau, ob er die harte oder die
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