Du Mich Auch
rufen, auf der Klassenfahrt nach Rüdesheim. Weil du dich aus lauter Liebeskummer mit einer Flasche Asbach Uralt betankt hast und wimmernd in deinem Erbrochenen herumgekrochen bist.«
Das saß. Der Mann wich zurück. »Ihr seid wohl immer noch die Königinnen der dummen Sprüche«, schnaubte er.
»Und du bist der Prinz des Klamauks«, sagte Beatrice kalt. »Husch, husch, geh spielen, Kleiner!«
Sie klatschte in die Hände wie eine Kindergärtnerin, die einen unerzogenen Youngster in die Schranken weisen musste. Die drei trollten sich ohne nennenswerten Widerstand.
Evi hörte auf zu kauen. »Ich bin beeindruckt. Denen habt ihr ja echt mal gezeigt, wo die Lampe hängt. So was bringe ich nicht fertig. Aber manchmal würde ich es gern, das muss ich zugeben.«
»Ist easy«, erwiderte Beatrice. »Fang am besten gleich damit an.«
Katharina sah den drei Männern versonnen hinterher. »Mein Bauchgefühl sagt mir, dass da was war mit dem rattigen Rainer. Eklige Engtanzfete …«
»… schlechter Wein«, ergänzte Beatrice.
»… und schlechter Sex!«, vollendete Katharina den Satz.
»Bei so viel Bauchgefühl bekomme ich Magenschmerzen!«, rief Beatrice.
Die beiden schütteten sich aus vor Lachen.
Auch Evi lachte. Ihre anfängliche Empörung über Beatrices und Katharinas Respektlosigkeit war verflogen. Ihr gefiel es mit einem Mal, wie selbstbewusst die beiden mit Männern umgingen. Für sie war das nie in Frage gekommen, in all den Jahren, die sie brav an der Seite ihres Gatten verbracht hatte. Gefangen in der Etikette, eingeklemmt auf steifen Partys, abgeschottet in ihrer Küche. Aber das hier, das war das wahre Leben. Sie konnte plötzlich gar nicht genug davon bekommen.
Ein Kellner erschien mit Gläsern und zwei Weinflaschen. »Rot oder weiß?«, fragte er.
»Beides«, antwortete Evi. Die Komödie war vorbei, jetzt kam der Spaß. »Am besten, Sie lassen die Flaschen gleich hier und bringen uns danach Champagner. Aber bitte kalt wie ein Eisbärpopo.«
Wie vom Blitz getroffen starrten Beatrice und Katharina sie an. Hatten sie sich verhört? Nein, da war sie wieder, die alte Evi Forever. Das verrückte Huhn, hinter deren guter Erziehung stets die Anarchie lauerte. Die höhere Tochter, die einst unter ihren braven Blusen heimlich Reizwäsche trug. Und als Erste ihre Unschuld verloren hatte, auf dem Rücksitz eines Fiat Panda, am helllichten Nachmittag.
»Evi forever!«, rief Katharina.
»Nudelsalat forever«, korrigierte Beatrice. »Worauf wartest du?«
»Na jaaa«, sagte Katharina gedehnt. Man sah, wie ihr das Wasser im Mund zusammenlief. »Warum eigentlich nicht?«
Sie zog ihr Jackett aus. Darunter kam eine gestreifte Hemdblusezum Vorschein, die ihre dürre Figur unterstrich. Dann rannte sie zum Buffet.
Kurze Zeit später hatten sie den gesamten Nudelsalat verschlungen, die zwei Flaschen Wein erledigt und sich vom Koch eine Riesenschüssel Bratkartoffeln bringen lassen. Mit Speck und Zwiebeln. Schmatzend machten sie sich darüber her, als sei es das Köstlichste, was sie jemals gegessen hatten.
Als der Kellner mit dem Champagner und einem Eiskübel kam, ließen sie unter Applaus die Flasche öffnen.
Beatrice hob ihr Glas. »Auf den guten alten Rentnersex!«
Sie schlürften geräuschvoll. Ihre guten Manieren brauchten sie nicht mehr. Sie waren wieder unter sich, das Trio fatal. Die Beschwörung der glorreichen Zeiten zu dritt gab ihnen das Gefühl, unverwundbar zu sein. Der ganze Übermut war wieder da, die Unbekümmertheit dreier junger Mädchen, die einst ausgezogen waren, die Welt zu erobern. Und nichts und niemand konnte sie daran hindern, wieder genau das zu tun, was ihnen Spaß machte.
Drüben auf der Tanzfläche waren die Musiker zu simplen Schlagern übergegangen. Zuckende Leiber drehten sich im farbigen Licht. Die drei Freundinnen kümmerte das nicht. Die Party, das waren sie. Die letzten Schranken fielen, die sich in fünfundzwanzig Jahren aufgebaut hatten. Ausgelassen kramten sie in ihren Erinnerungen – durchfeierte Nächte, heiße Flirts, erster Sex. Kaum zu glauben, wie wild sie damals gewesen waren.
»Wisst ihr noch, als wir nachts mit einer Flasche Wodka an den Baggersee gefahren sind? Und nackt gebadet haben?«, fragte Katharina.
»Voll der white trash«, bestätigte Beatrice. »Das war doch mit dem Wagen von Evis Vater, oder?«
»Wir mussten nicht mal Angst um unseren Führerschein haben – weil wir gar keinen hatten!«, kicherte Evi.
Katharina fuchtelte mit den Händen in der
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