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Du Mich Auch

Du Mich Auch

Titel: Du Mich Auch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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gedämpfte Licht, die dicken Teppiche, das Geschwader der Kellner, die lautlos umherschwirrten. Und ihr erstes Date nach mehr als zwanzig Jahren Ehe. Oder war Robert auch ein Date gewesen? Ach, Robert. Eine warme Welle überlief sie.
    »Werner Wuttke – todkrank.« Geistesabwesend stopfte sich Dr. Mergenthaler die Serviette nun in seinen Hemdkragen, wie ein kleines Kind.
    »Ja, das ist die traurige Wahrheit«, schniefte Evi.
    »Verfügen Sie über mich«, sagte er heiser.
    Evi seufzte. »Nichts könnte mich glücklicher machen.« Sie zögerte einen Moment. Dann ging sie aufs Ganze. »WissenSie eigentlich, Hubert, wie glücklich
Sie
mich machen könnten?«
    »W-was?«
    Evi spielte mit ihrem linken Ohrläppchen. Das war zur Abwechslung mal eine Taktik aus ihrer eigenen Trickkiste. »Verzeihung. Ich trage mein Herz auf der Zunge. Aber ich befinde mich in einer Grenzsituation, verstehen Sie?«
    Der Kellner räumte diskret die Teller ab. Dr. Mergenthaler hatte seine Auster nicht angerührt. Fasziniert starrte er auf Evis fleischiges rosa Ohrläppchen. Sein Gesicht bebte vor Verlangen.
    »Sie haben es immer gespürt, richtig?«
    »Was denn?«, fragte Evi so unschuldig, wie sie konnte.
    »Dass ich Sie für eine äußerst bemerkenswerte Frau halte.«
    »Oh, Hubert …«
    »Und dass ich Sie verehre.« Er nahm seine Brille ab und blinzelte in das Kerzenlicht.
    »Hubert, ich …«
    »Sagen Sie nichts.« Er putzte die Brille mit einem Zipfel seiner Serviette, dann setzte er sie wieder auf. »Sie sind unglaublich.«
    »Ich danke Ihnen«, flüsterte Evi. »Ich danke Ihnen so sehr. Für alles. Auch dafür, dass Sie diese leidigen finanziellen Angelegenheiten für mich – regeln.«
    »Es gibt nichts, was ich lieber täte«, versicherte Dr. Mergenthaler. »Betrachten Sie mich als Ihren ergebenen Diener.«
    Evi hob ihr Glas. »Auf die Zukunft«, raunte sie. »Auf unsere Zukunft.«
    »Auf – unsere Zukunft …« Verzückt sah er sie an. Dann nippte er vorsichtig.
    Der Kellner brachte zwei Teller mit Carpaccio und hobelte weiße Trüffeln darüber. Wortlos sahen sie ihm zu.
    Dr. Mergenthaler zückte einen Taschenrechner, während Evi sich über das Carpaccio hermachte. Leise murmelte er vor sich hin. Es war unübersehbar, dass Zahlen eine ähnlich erotische Wirkung auf ihn ausübten wie Evis großzügig zur Schau gestellte Reize. Während er vor sich hin rechnete, leckte er sich die Lippen.
    »Gedenken Sie, die Aktien zu veräußern?«, fragte er.
    »Das überlasse ich ganz Ihrem Geschick«, antwortete Evi kauend. »Sie haben mein volles Vertrauen. Aber – Bargeld lacht, oder?«
    Er nickte zufrieden. »Sehr gut. Wir könnten es in Gold anlegen. In der Schweiz. Und die Immobilien? Die Hotels, die Wohnanlagen, die Grundstücke? Das neue Freizeitzentrum auf Mallorca?«
    Evi erstarrte. Sie hatte keine Vorstellung davon gehabt, in welchen Dimensionen sich Werners Geschäfte bewegten. Er hatte sie immer kurzgehalten, ihr sogar das Haushaltsgeld abgezählt. Um jedes neue Kleid hatte sie betteln müssen. Jeder Friseurbesuch war Anlass wüstester Auseinandersetzungen gewesen. Und die beiden Wochenenden im Schlosshotel Seeblick hatte sie sich wie eine Löwin erkämpfen müssen.
    Werner hatte stets behauptet, sie ständen finanziell am Abgrund. Und jetzt das. Offenbar handelte es sich um ein ganzes Imperium, das er aufgebaut hatte. Aber Evi durfte sich keine Blöße geben. Alles musste so aussehen, als hätte Werner sie angesichts seines baldigen Ablebens in sämtliche Details eingeweiht.
    »Sicher, die Immobilien. Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, behauptete sie. »Ich denke, es wäre in WernersSinne, wenn Sie alles verkaufen würden, damit wir neue Investitionen tätigen können.«
    Sie hatte diese Investitionen lebhaft vor Augen: shoppen bis zum Pupillenstillstand, ein Abo beim besten Friseur der Stadt, viele, viele Nächte mit Robert …
    »Was für eine kluge kleine Frau Sie doch sind«, bemerkte Dr. Mergenthaler.
    Er spießte eine Trüffelscheibe auf, probierte sie und verzog das Gesicht. Dann tippte er weiter auf seinen Taschenrechner ein.
    »Und vergessen Sie nicht die Konten auf den Cayman-Inseln«, zog Evi ihren Trumpf aus dem Ärmel.
    Ein Ausdruck größter Verblüffung malte sich auf Dr. Mergenthalers Gesicht. »Gütiger Himmel, es muss Ihrem Herrn Gemahl wirklich schlechtgehen, dass er Ihnen das verraten hat. Bis jetzt wussten nur er und ich davon.«
    Nur Werner und er? Also weiß er auch, dass Werner sich von mir

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