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Du Mich Auch

Du Mich Auch

Titel: Du Mich Auch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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Hornbrille. Fassungslos saugte sich sein Blick an Evis Dekolleté fest.
    Er räusperte sich. »Sie haben sich sehr verändert«, krächzte er.
    »Nur wer sich ändert, bleibt sich treu«, sagte Evi. »Was halten Sie von einem Glas Champagner?«
    Langsam strich sie sich mit einem Daumen über die Lippen, so wie es Beatrice empfohlen hatte, die erstaunliche Kenntnisse in diesen Dingen besaß.
    Dr. Mergenthaler hüstelte nervös. »Nun ja, warum nicht?«
    »Ich lade Sie selbstverständlich ein«, fügte Evi hinzu.
    Sie hatte sich ein dickes Bündel Bargeld aus dem Tresor genommen, in dem Werner seine schwarze Kasse aufbewahrte. An den Schlüssel zu kommen war eine Kleinigkeit gewesen, seit er sich im Bett aufhielt.
    »Oh, bitte, beschämen Sie mich nicht. Es ist mir eine Ehre, Sie zu verwöhnen«, protestierte Dr. Mergenthaler. Er winkte einen Kellner heran.
    »Danke, Herr Doktor«, sagte Evi artig. »Ein Gentleman weiß eben, was sich gehört.«
    Sie strich sich lasziv das Haar zurück, auch eine Geste aus Beatrices Trickkiste. Dr. Mergenthaler schnappte nach Luft wie ein Fisch am Angelhaken. Evi hatte sich nicht getäuscht. Der Mann war vollkommen hingerissen von ihr. Und er gab sich auch keine Mühe, seine Begeisterung zu verbergen. Die Begeisterung für eine Frau, die er vollkommen unterschätzte, wie Evi mit geheimem Vergnügen feststellte.
    »Den Doktor lassen wir heute Abend mal weg«, raunte er vertraulich. »Ich heiße Hubert. Nehmen wir das Menü?«
    »Ich wüsste nicht, was es dagegen einzuwenden gäbe«, lächelte Evi. »Weder gegen den Hubert noch gegen das Menü.«
    Es würde ein unvergesslicher Abend werden: der Beginn ihrer finanziellen Unabhängigkeit! Jedenfalls, wenn alles gutging. Werner war fürs Erste schachmatt. Und genau das passte bestens in Evis Plan.
    Als der Kellner den Champagner serviert hatte, hob sie ihr Glas. »Auf den letzten Gentleman der nördlichen Hemisphäre.Ich bin so un-end-lich erleichtert, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben, Hubert.«
    »Ist etwas nicht in Ordnung?«, fragte Dr. Mergenthaler alarmiert.
    Evi senkte ihre Lider. »Als Frau steht man sehr schnell allein in einer erkalteten Welt.« Sie bedeckte mit einer Hand ihre Augen. »Mein Mann kränkelt.«
    »Hm. In der Tat. Wir hatten gestern einen Termin, den er abgesagt hat. Was ist mit ihm?«
    Scheinbar gedankenverloren spielte Evi mit ihrer Perlenkette, die genau dort endete, wo sich eine anmutige Falte zwischen ihren üppigen Brüsten bildete. »Ich will ganz offen zu Ihnen sein: Es sieht schlecht aus. Die Ärzte sind sehr besorgt. Werner will das natürlich nicht wahrhaben, Sie kennen ihn ja. Aber er hat nicht mehr die Kraft, seine Geschäfte zu ordnen. Und ich ertrage den Gedanken nicht, dass ich als Witwe …«
    Ihre Stimme erstarb, so wie der gute Werner in ihren abgründigsten Phantasien.
    Mit einer schnellen Bewegung langte Dr. Mergenthaler über den Tisch und griff nach ihrer Hand. »Ich – ich wusste gar nicht, dass Ihr Gatte sich in einem derart desolaten Zustand befindet.«
    »Wie auch? Er hält es geheim. Ein Werner Wuttke wird nicht krank. Das wäre geschäftsschädigend. Doch seine Werte sprechen für sich.«
    »Seine Werte«, wiederholte Dr. Mergenthaler bestürzt.
    Evi atmete schwer. »Die Ärzte geben ihm noch ein, zwei Monate.«
    »Ich hatte ja keine Ahnung«, flüsterte er. »Was für ein Drama. Aber Sie sind nicht allein. Wir regeln das.«
    Sofort heiterte sich Evis Miene auf. »Das würden Sie für mich tun? Wirklich?« Zart drückte sie seine Hand.
    Er nickte so heftig, dass sich eine seiner festgekämmten Strähnen löste und ihm ins Gesicht fiel. Er schien es nicht einmal zu bemerken.
    »Ich zähle auf Sie«, wisperte Evi. »Sie sind meine einzige Hoffnung! Bei Ihnen fühle ich mich so – geborgen.«
    Dr. Mergenthaler zog seine Hand zurück und begann, mit seiner Serviette zu spielen. Er entfaltete sie, legte sie auf den Schoß und drehte sie zu einer Wurst. Dann schüttelte er sie aus und faltete sie wieder zusammen. Evi beobachtete ihn zufrieden. Der Mann war komplett durch den Wind. Verwirrt betrachtete er das Amuse-Gueule, das der Kellner vor ihn hinstellte.
    »Das kommt alles etwas plötzlich«, sagte er tonlos.
    »Auch für mich, Hubert, auch für mich«, beteuerte Evi, während sie die gebackene Auster in Polentateig zwischen ihren hellrot geschminkten Lippen verschwinden ließ.
    Das Ding schmeckte wie Chicken McNuggets mit Fischaroma. Lecker. Wie sie das alles genoss! Das

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