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Du musst die Wahrheit sagen

Titel: Du musst die Wahrheit sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Wahl
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etwas. Die Worte konnte ich nicht verstehen.
    Ich sprang auf, ging zur Tür, öffnete sie einen Spalt und schaute in den Flur. Die Tür zu Annies Zimmer war nicht ganz geschlossen. Ich stand genau neben van Gogh. Er grinste.
    »Hör auf!«, hörte ich Annie. Wahrscheinlich hatte sie einen Schulkameraden aufgerissen. Jetzt lagen sie auf ihrem Bett und knutschten, und der Junge hatte angefangen zu fummeln. Vielleicht hatte sie bemerkt, dass er Mundgeruch hatte oder dass sie gerade ihre Tage bekommen hatte oder dass der Junge zu bekloppt aussah mit der Hose, die ihm in den Kniekehlen hing, und der Geilheit, die aus seinen Augen leuchtete. Vielleicht hatte er Pisseflecken auf der Unterhose? Das habe ich sie einmal in Sundsvall einer Freundin erzählen hören.
    Sie war mit einem Jungen zusammen gewesen, der Bruno hieß. Ihre Freundin Maja hatte sie am Morgen danach abgeholt, und das Erste, was ich sie flüstern hörte, war: »Wie war er?«
    Annie hatte mit der Bürste in der Hand vorm Spiegel gestanden. Zu der Zeit hatte sie viel längeres Haar gehabt und musste es ständig bürsten. »Er hatte Pisseflecken auf der Unterhose«, sagte Annie. »Und außerdem waren Herzchen drauf.« »Igitt, da vergeht einem ja alles!«, quietschte Maja. »Zum Kotzen!« Annie spuckte es förmlich aus und warf die Haarbürste auf den Schemel unter dem Spiegel.
    Ich spionierte Annie und ihren Jungen hinterher. Ständig hatte sie neue. Sie zogen sich in ihr Zimmer zurück, und wenn sie nach mehreren Stunden wieder herauskamen, waren sie rot im Gesicht, als hätten sie eine Ewigkeit in der Sauna gesessen.Aber in Wirklichkeit hatten sie auf Annies Bett gelegen, und der Junge hatte sie gestreichelt und gestreichelt, und sie konnte nie genug bekommen. Ich hatte gehört, wie sie es Maja erzählte.
    Man kann nie genug davon kriegen.
    Da war sie vierzehn gewesen.
    Sie hatte ausgesehen wie Maureen O’Sullivan, nur ihre Haare waren länger.
    »Hör auf!«, rief sie. »Hör auf!«
    Das sagte sie sonst nie. Sonst klang das ganz anders. »Fass mich da an!«, pflegte sie zu stöhnen. »Streichle mich langsamer!« »Streichle meinen Bauch!« »Nicht so fest!«
    Einmal hat sie geglaubt, es wäre niemand zu Hause. Sie war mit einem älteren Jungen zusammen, der war groß wie ein Haus und hatte nach allen Seiten abstehende Haare in einem Rot wie schwedische Holzhäuser. Er hieß Kevin, hatte Sommersprossen und jammerte ununterbrochen, dass er »ranwollte«.
    Ich war im Nachbarzimmer, und die Wand war so dünn wie eine Illustrierte. Ich habe Annie nie erzählt, dass ich sie belauschte. Ich konnte auch jedes Wort verstehen, wenn sie mit ihren Freunden telefonierte.
    Sie gab mächtig an, wie leicht es ihr fiel, Jungen zu angeln. Den Ausdruck hatte sie von Mama. Annie wusste nicht, dass ich zuhörte, wenn sie stöhnte, weil Kevin oder ein anderer Typ sie zwischen den Beinen streichelte.
    »Lass das, bitte!«, hörte ich ihre Stimme aus ihrem Zimmer. »Ich will nicht! Hör auf!«
    »Du bist so süß!«, stöhnte der Liebhaber.
    »Hör auf!«, rief Annie.
    Und jetzt rief sie es so laut, dass es fast wie ein Schrei klang.
    »Hör auf!«
    »Du bist so süß.« Wieder der Liebhaber.
    Van Gogh keuchte.
    »Lass mich los!«, schrie Annie. »Lass mich los!«
    »Du bist so süß!«
    Und jetzt erkannte ich die Stimme.
    Es war Dick.
    Mein Mund wurde trocken, und ich begann zu zittern. Eine heftige Windbö warf Regen gegen meine Scheibe.
    Annie weinte!
    »Lass das!«, heulte sie.
    »Du kleine Fotze!«, jaulte Dick auf. Es klang, als hätte er Schmerzen.
    Und dann hörte ich etwas, was wie ein Schlag klang. Er hatte ihr eine runtergehauen.
    Ich hob die nasse Jeans vom Fußboden auf, fingerte den Schlüssel zur Kommode heraus, ging in die Abseite, öffnete die Kommode, nahm den Waffenkasten hervor, stellte ihn auf die Kommode, öffnete die Schnallen und nahm die beiden Waffenteile heraus.
    Annie weinte.
    »Hör auf! Hör auf!«
    Er schlug sie wieder!
    Ich steckte den Lauf auf den Kolben, entfernte die abgeschossene Patronenhülse, die nach dem Schuss auf die Krähe noch im Lauf steckte.
    »Lass das!«, heulte Annie.
    Ich konnte mich kaum noch aufrecht halten. Meine Knie zitterten genau wie meine Hände.
    »Bitte!«, wimmerte Annie.
    Ich ging in den Flur. Dort saß Bathseba und schaute mich an. Ich machte die zehn Schritte bis zu Annies Tür und riss sie auf.
    Das Bett stand links von der Tür. Auf dem Bett lag Annie, fast von Dicks Körper verdeckt. Er hatte die Jeans und die

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