Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)
besiegt ist, Syrien ein tolerantes, multireligiöses, demokratisches Land ist und das Problem der Golanhöhen gelöst ist. Sie haben dann doch alles erreicht, wofür Sie nach Ihren eigenen Aussagen kämpfen.«
Das Gespräch ist dramatisch. Lange streiten wir, ringen wir. Auch seine junge Frau schaltet sich mehrfach ein. Doch am Ende ist Assad Politiker, der nicht alle Trümpfe am Anfang ausspielen will. Er besteht auf einer Volksabstimmung über sein politisches Schicksal. »Als Demokrat können Sie eine Volksabstimmung eigentlich nicht ablehnen«, sagt er schmunzelnd zu mir.
Doch ich kenne ihn inzwischen. Er will unter allen Umständen den Eindruck vermeiden, er werde irgendwann vor den Problemen seines Landes davonlaufen. Aber wenn es eines Tages zu einem »fairen Frieden« kommen sollte, wird er sich von niemandem aufhalten lassen, seinen Traum von einem normalen Leben zu verwirklichen. Nach einem fairen Frieden wird er gehen. Keinen Tag früher, keinen Tag später.
»Ich will nicht Präsident auf Lebenszeit sein«, sagt er. »Das bin ich nicht. Das wäre für mich ein Horror.« »Für mich und für die Kinder auch«, fügt seine Frau kaum vernehmbar hinzu.
Durch die Fenster seines Arbeitszimmers hören wir das dumpfe Grollen schwerer Explosionen. Sie übertönen das Kinderlachen in den oberen Stockwerken des Hauses nun völlig. Leise sagt Assad: »Manchmal sind es ihre, manchmal unsere Granaten. Meine Offiziere sagen mir, dass wir auf der Siegerstraße seien. Doch jede Granate verwundet oder tötet einen Menschen. Oder sie zerstört ein Haus. Unser Volk leidet. Es zerbricht. Wir brauchen eine Lösung.«
66 »Syrian general: Hundreds of soldiers, police killed by armed gangs«, CNN Wire Staff, 27. Juni 2011
67 Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Frankfurt am Main 1981, Kap. 302
68 Siehe Interview im Spiegel Nr. 39, 26. September 2005, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41939375.html
69 Das wird inzwischen von ehemaligen hochrangigen Politikern wie Roland Dumas, dem einstigen französischen Außenminister, bestätigt. Dumas berichtete am 10. Juni 2013 im französischen Parlamentsfernsehen, dass er bereits 2009 – also zwei Jahre vor Ausbruch des Aufstandes in Syrien – von Spitzenbeamten des britischen Außenministeriums darauf angesprochen wurde, dass man »die Invasion von Rebellen in Syrien« vorbereite. Siehe http://www.lcp.fr/emissions/ca-vous-regarde-le-debat/vod/148110-syrie-les-preuves-du-massacre (die referierte Dumas-Passage etwa ab Minute 27); deutsche Zusammenfassung: https://cooptv.wordpress.com/2013/06/16/frankreich-ehemaliger-ausenminister-dumas-krieg-gegen-syrien-von-langer-hand-geplant/
70 »President Baschar al-Assad is very intelligent, very forceful. From my experience, His Excellency is very popular in his own country.« In: Forward Magazine , Januar 2009
71 »Many of the members of Congress of both parties who have gone to Syria in recent months have said they believe he’s a reformer.« So Clinton im März 2011 in der CBS-Sendung »Face the Nation«
72 Vgl. http://www.opec.org/opec_web/en/data_graphs/330.htm
73 In: »Syria rebel group’s dangerous tie to al Qaeda«, 10. April 2013, http://edition.cnn.com/2013/04/10/opinion/bergen-al-qaeda-syria
VI.
Eine andere Sicht auf Iran
Iran, Israel und die Juden
Ich war in den letzten Jahren mehrfach in Iran. Ich mag dieses Land und seine herzlichen, vornehmen Menschen. Ich war mit meiner Tochter Valérie dort, mit Freunden, Freundinnen, Journalisten und mit meinem Sohn Frédéric.
Mehrfach habe ich jüdische Freunde in München gefragt, ob sie nicht wenigstens einmal mit mir nach Teheran, Isfahan oder Schiraz kommen wollten. Sie wurden stets blass um die Nase. Sie glaubten, sie würden dort umgebracht. Kein Land ist vom Westen schlimmer dämonisiert worden als Iran. Nicht einmal Syrien, Libyen, Irak, Afghanistan oder Nordkorea können da mithalten. Iran ist in der westlichen Wahrnehmung das finsterste unter allen »Reichen der Finsternis«.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu fasste die Meinung vieler Westler im April 2012 mit den Worten zusammen: »Das ist ein düsteres, mittelalterliches Regime, das sein eigenes Volk tyrannisiert, es auf der Straße totschießt, in die Häuser eindringt, das Internet zensiert, Menschen bei Nacht verschwinden lässt.« 74 Iran sei »der weltgrößte Terrorstaat«. 75
Iran ist an diesem verheerenden Image mitschuldig. Sein Präsident Mahmud
Weitere Kostenlose Bücher