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Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Titel: Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Todenhöfer
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folgt eine lange Pause. »Ich wusste immer, und ich weiß, dass sie mich nicht mögen. Trotzdem standen wir kurz vor Ausbruch der Unruhen vor guten Lösungen. Für beide Seiten.«
    Doch wenn er den USA jetzt öffentliche Angebote mache, stehe er als Bittsteller da. Das würde von seinen Gegnern als Zeichen der Schwäche ausgelegt und seinem Land schaden. »Reicht es nicht, wenn die amerikanische Regierung weiß, dass wir jedem konstruktiven Vorschlag aufgeschlossen gegenüberstehen? Das könnten doch Sie Ihren amerikanischen Freunden übermitteln.«
    Gedanken zum Frieden …
    Dennoch ergeben sich in unserem Gespräch mehrere Ansatzpunkte, auf denen man eine faire Friedenslösung aufbauen könnte. »Falls alle ausländischen Waffenlieferungen nach Syrien für eine bestimmte Zeit gestoppt würden«: Das ist seine Hauptbedingung.
    • Assad wäre im Kampf gegen Al-Qaida zu einer konkreten »nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit« mit den USA bereit. Falls auch die USA ihre Erkenntnisse zur Verfügung stellten. Ich hatte ihn danach gefragt. Assad legt Wert darauf, dass ich das auch so kommuniziere.
    • Assad könnte sich – nach meiner Einschätzung – Friedensverträge mit allen Nachbarstaaten vorstellen. Mit dem Ziel einer »völligen Normalisierung«. Selbst mit Israel, falls Syrien die Golanhöhen zurückerhalte.
    • Assad ist zu einer transparenten, säkularen Demokratie bereit. Mit international überwachten Wahlen und Garantien für alle Bevölkerungsgruppen. Selbstverständlich auch für die Christen. Die Religion dürfe bei der Verteilung der Macht letztlich keine Rolle spielen. Er könne sich sehr wohl eines Tages einen Sunniten als Nachfolger vorstellen.
    • Nach Abschluss eines »fairen nationalen und internationalen Friedensvertrages« sei er bereit, das syrische Volk in einem Referendum über seine politische Zukunft abstimmen zu lassen. Unter internationaler Kontrolle. Mit allen Konsequenzen.
    Über den letzten Punkt diskutieren wir besonders lange. Und sehr persönlich. Nach zwei Stunden vertagen wir uns auf ein weiteres Treffen. Auf Freitag, den islamischen Feiertag.
    … zum Tod
    Dieses fünfte Treffen, das über dreieinhalb Stunden dauert, findet in seinem Privathaus statt. Assad wohnt mit seiner Familie nicht, wie oft berichtet, in irgendwelchen Bunkern oder in einem seiner Paläste, sondern mitten in Damaskus. In der umgebauten früheren westdeutschen Botschaft. Seine Kinder gehen in eine nahe gelegene Schule.
    Natürlich ist die Gegend durch Polizei weiträumig abgesichert. Aber das war sie schon immer. Schließlich ist die zurzeit verwaiste US -Botschaft nicht weit entfernt.
    Die Inneneinrichtung seines Hauses ist elegant. Wir sind es nicht. Assad trägt eine dunkle Freizeithose und einen blauen Sportpullover, Frédéric und ich Jeans und Sportjacketts.
    Aus den oberen Stockwerken hören wir Kinderlachen. Durch die Außenfenster hingegen dringt der Lärm schweren Geschützfeuers. Ich frage Assad, ob er nicht jeden Tag befürchten müsse, in diesem Haus mitten in der Stadt oder in seinem Palast auf dem Berg angegriffen und getötet zu werden.
    Er denkt lange nach. Dann sagt er, während der Lärm, den seine Kinder machen, stärker wird: »Man hat mehrfach versucht, mich zu töten. Damit muss ich zurechtkommen. Warum sollte es mir anders ergehen als anderen Syrern? Aber die letzten neun Monate waren heftig. Sie haben uns aus allen Richtungen beschossen. Die Gefechte waren ganz nahe bei meinen Diensträumen. Ich habe jeden Einschlag gehört.«
    Dann schaut er uns etwas schuldbewusst an: »Als Sie letztes Jahr im Juli mit Frédéric zur Vorbesprechung des Fernsehinterviews im Palast waren, wurden wir übrigens auch beschossen. Eine Stunde nach unserem Gespräch schlugen schwere Mörsergranaten im Garten ein. Ich wollte Sie beim Interview am nächsten Tag nicht beunruhigen. Deswegen habe ich den Zwischenfall nicht angesprochen. Für mich ist das Alltag. Obwohl die Einschläge damals sehr nah waren.«
    Ich frage ihn, wie er seine Unterstützung in der Bevölkerung einschätze. Er antwortet: »Ich habe Anhänger verloren, aber auch frühere Feinde als Anhänger gewonnen.«
    … und zum Rücktritt
    Dann sprechen wir dreieinhalb Stunden lang über unser heutiges Hauptthema: Ob er, um dem Westen eine Brücke zu bauen, bereit sei, sich nach Erreichen einer fairen Friedenslösung aus der Politik zurückzuziehen. Ich sage: »Warum erklären Sie nicht öffentlich, dass Sie zurücktreten, wenn Al-Qaida

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