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Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Titel: Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Todenhöfer
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Gespräch wolle sie ihn anrufen. Der Termin werde bald stattfinden.
    Für einen Augenblick dachte ich, Scheherazad könnte eine wichtige Verbündete werden. Um Assad zu den dringend erforderlichen Reformen zu bewegen. Zum Dialog mit den Rebellen. Zum Frieden. Doch dann verwarf ich diesen Gedanken. Sie war 21 Jahre alt, gerade dem Teenageralter entwachsen. Wer wusste, ob der Termin je zustande kommen würde? Das Ganze erinnerte eher an einen James-Bond-Film. Nur war ich nicht 007, sondern allenfalls 0070.
    Die Gefangenen von Damaskus
    Ich fragte einen Bekannten Salems, ob ich gefangene Demonstranten oder Rebellen sehen könne. Nach mehreren Telefonaten eröffnete er mir, dass das nur möglich sei, wenn ich bereit sei, den Informationsminister zu treffen. Dazu war ich eigentlich nicht bereit. Doch es gab keinen anderen Weg.
    Schon am Abend waren wir im Informationsministerium. Der Minister behauptete, nicht 50, sondern 90 Prozent der Videos, die von Al-Dschasira ausgestrahlt würden, seien falsch. Viele würden direkt in Katar produziert. Dennoch liefen auf den zahlreichen Bildschirmen seines Büros Al-Dschasira, Al-Arabiya und CNN . »Feindbeobachtung«, meinte der Herr Propagandaminister.
    Ich sagte ihm, dass ich gerne auch die Aussagen der syrischen Regierung überprüfen würde. Die spreche von minderjährigen Kämpfern, von bezahlten Informanten der arabischen TV -Sender und von Rebellen, die Soldaten bestialisch zurichteten. Er schaute mich einen Augenblick verdutzt an. Dann antwortete er: »Sie können in einer halben Stunde Gefangene sehen. In einem Geheimdienstgefängnis. Ich kann aber nicht garantieren, dass es genau die Leute sein werden, die Sie sehen wollen.« Dann verabschiedete er sich. Er schien froh zu sein, diesen Besuch hinter sich zu haben.
    Wenig später standen wir mit unserem Fahrzeug und zwei Beamten des Informationsministeriums vor dem Tor eines Geheimdienstgebäudes. Es war längst dunkel. Die grimmigen Wächter mit ihren merkwürdig langen Gewehren hätten aus einem schlechten Hollywood-Film stammen können. Erst als sie den Fahrer und unsere Begleiter erkannten, hellten sich ihre Mienen etwas auf. Hinter dem Tor, das sich langsam öffnete, standen weitere Wächter. Sie trabten mit ihren Waffen neben dem Wagen her, bis wir vor einem großen Gebäude hielten.
    Wir wurden ins Büro des Gefängnischefs geführt. Ein großer Mann mit Bauchansatz zwängte sich zwischen Lehnstuhl und Schreibtisch hervor. Er begrüßte uns und bot mir einen der zwei Ledersessel des Büros an.
    Vor die Sessel wurde ein wackliger Holzstuhl gestellt. Für die Gefangenen. Ich bat, den Stuhl wieder hinauszutragen. Ich wollte den Gefangenen einen der Sessel anbieten. Ich war kein Staatsanwalt und kein Untersuchungsrichter. Ich hatte kein Recht, die Gefangenen zu vernehmen. Ich wollte mich mit ihnen unterhalten. Im Übrigen hasse ich die Atmosphäre von Gefängnissen. Ich bekomme schon beim Betreten kaum Luft.
    Als Erster wird ein 14 Jahre alter Junge hereingeführt. Die Jogginghose hat er weit hochgezogen, weil der Gummibund ausgeleiert ist. Seine nachgemachten Adidas-Schuhe haben keine Schnürsenkel. Der Junge hat Angst. Ich biete ihm den zweiten Sessel an und ziehe diesen nah an meinen heran. Ich versuche, dem Jungen etwas von seiner Angst zu nehmen. Trotzdem bleibt die Stimmung bedrückend. Für den Jungen geht es bei einem solchen Gespräch um Leben und Tod, um Freiheit oder Gefangenschaft. Er antwortet auf alle Fragen aufgeregt, hastig und schnell.
    Angeblich hat er in Homs mit den Rebellen gekämpft. Er musste ihnen, so erzählt er, mit einem schweren Geschütz Deckung geben. Da jedoch der »Rückstoß« bei den Schüssen stark und schmerzhaft gewesen sei, habe er statt nach vorne stets in die Luft geschossen. Er habe niemanden verletzt oder getötet. Er wolle nach Hause. Zu seiner Mutter.
    Ich frage den Gefängnisvorstand, ob man den Jungen nicht freilassen könne. Vierzehnjährige gehörten nicht in ein Gefängnis. Er fragt, ob Vierzehnjährige an die Front gehörten. Ich erwidere: »Nein.« Und bitte ihn trotzdem, mir zu versprechen, den Jungen bald nach Hause zu schicken. Er fragt, ob ich garantieren könne, dass der Junge nicht wieder auf Soldaten schieße. Natürlich kann ich das nicht.
    Trotzdem nehme ich die rechte Hand des Gefängnisvorstehers und sage fast feierlich: »Versprechen Sie, dass der Junge schnell freikommt!« Etwas überrumpelt nickt er: »Spätestens bei der Umsetzung der gerade

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