Du stirbst nicht: Roman (German Edition)
auf meinem Bett gestapelt, mal sehen, wo ich heute Nacht schlafen werde. Die Bücherschränke habe ich abgerückt von der Wand, ein Stück zunächst, bis ich dazwischenpasste, dann stieß ich mich mit den Händen langsam ab und schob die schweren Dinger bis in die Mitte des Zimmers. Weißt Du, was sich sozusagen drum herumkringelt? Der alte Eichenholztisch, den ich auf die Seite gelegt habe, drei Schränke passen zwischen seine Beine, ich hätte ihn alleine sowieso nicht durch die Tür gekriegt, sondern hätte den Schwarzen – Herrgott, warum weiß ich nicht mal, wie der heißt? – wieder bitten müssen. Vor allem aber: Es gibt in der ganzen Wohnung kein Plätzchen mehr, an dem ich ihn hätte parken können, da bin ich richtig stolz auf meine Umlegeidee! Das Fenster und den Rahmen habe ich mit Folie abgedeckt, mir war das bei der letzten Aktion dieser Art noch völlig egal gewesen, und auch die Scheuerleisten habe ich abgeklebt, das Zimmer mit Zeitung ausgelegt und die Folie auch über die Möbel geworfen. Das Malern selbst, Decke weißen und Wände in einem warmen Orangeton streichen, terrakotta nennt sich das Zeug, war dann eher eine Nebensache, ich habe absolut nicht auf die Zeit geachtet und mich gewundert, als kurz nach Mitternacht die Tauber von unten wutentbrannt bei mir klingelte und sich über das Gepoltere beschwerte, dessentwegen sie kein Auge habe schließen können bislang. Hehehe, Gepoltere! Ich habe doch nichts anderes gemacht, als den Roller mit der Farbe hoch- und runterzuziehen an der Wand! Aber kann schon sein, dass in einem leeren Zimmer ohne Teppich die Schallverhältnisse andere sind, außerdem war ich, ehrlich gesagt, froh, dass mich jemand an die Zeit gemahnte. Bin noch baden gegangen, zum Glück hatte ich die zunächst in der Wanne deponierten Bücherkisten wohlweislich wieder herausgenommen und sie in die Küche verfrachtet, unter den Tisch. Irgendwie hatte ich wohl gedacht, die Wanne als Schlafplatz zu brauchen … Jedenfalls sitze ich jetzt frisch und sauber am provisorisch eingestöpselten Computer und schreibe der Frau, die mich nicht schlafen lässt, so oder so. Wundere mich beidieser Gelegenheit wieder mal beinahe darüber, dass ich immer Frauen geliebt habe in meinem Leben.
Mach’s mal gut!
Deine mümmelnde Mumbaimaljutka
Mümmelnde Mumbaimaljutka! Sie hatten sich alliterierende Namensungetüme verpasst, ein versteckter Wettstreit war das gewesen zwischen ihnen. Helene hatte nur das M zu bieten gehabt, während Maljutka Malysch auch das Viola-V akzeptierte, die Wahlmöglichkeiten waren also für Helene größer gewesen.
Jetzt erinnert sie sich, wie sie nach Erhalt dieser Mail gelacht hatte, weil auch im Arberstraßenhaus Renovierung angesagt war. Just am selben Tage hatte Helene begonnen, in ihrem Arbeitszimmer die Raufasertapeten von der Wand zu reißen. Das war ein aussichtsloses Unterfangen gewesen, denn man hatte die Rigipsplatten offenbar nicht mit Tiefengrund behandelt, ehe die Tapete aufgebracht worden war. Nach einem halben Tag unausgesetzter Versuche des Tränkens der Wand mit Wasser, des Durchlöcherns mit der Igelwalze, des Bedampfens mit dem Bügeleisen, hatte sie es aufgegeben, hatte die neuen Tapeten in der zweiten Hand zum Verkauf angeboten und Farbe geholt aus dem Baumarkt. Terrakotta … Schließlich hatte sie nur eine einzige Wand damit gestrichen, die Dachschräge, sie glaubte ohnehin schon, der Farbton erschlüge sie mit seiner Sattheit. Vergrätzt hatte sie nicht zugeben wollen, dass die Aktion misslungen war. Wenigstens passte das Schrankmonster ganz genau unter die Schräge. Sie hatte das Büfett-Oberteil als Sperrmüll am Straßenrand stehen sehen, als ein Haus in der Nachbarschaft entkernt worden war, hatte es mit Lissy und Mareile in den Keller geschleppt und einen Hobby-Restaurator angerufen, den sie als Büchersammler kennengelernt hatte. Sofort hatte er das gute Stück abgeholt, hatte es dunkel gebeizt, mit Schellack überzogen, Kugelfüße angepasst und in die breite, unten offene Mitte Bretter eingefügt, sodass man ihm die Existenz als Oberteil nicht mehr abnehmen wollte. Im Gegenzug hatte er nicht etwa Geld gewollt, sondern dass sie ihm einen bibliophilen Gedichtband, den sie vor zwei oder drei Jahren publiziert hatte, um einen handgeschriebenen Text erweiterte. (Wohlgefühlt hatte sie sich bei dem Geschäft und daraufhin das Internet nach Tauschringen durchsucht.)
Später hatte sie ihre Mappe mit Grafiken durchgesehen, sich dann aber für
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