Du wirst die Schönste sein - Ein Mallorca-Roman (German Edition)
ja erschrocken wie ich. Wir starrten uns an. Bis er in ruhigem, nicht unfreundlichem Ton sagte:
„Kommen Sie, ich bringe Sie zurück.“
Die Hand noch auf der Klinke, drückte ich sie herunter, trotzig, nicht bereit mich von einem kleinen Miguel aufhalten zu lassen. Nur wurde ich fatalerweise dazu gezwungen. Die Tür war verschlossen.
„Kommen Sie“, wiederholte Miguel.
Während mir nichts anderes übrig blieb, als mich mit Eskorte auf den Rückweg zu machen, zermarterte ich mir den Kopf. Ein anderer Plan musste her. Sofort und auf der Stelle.
Im Garten wechselte Miguel ein paar Worte mit Ernesto. Auf Spanisch. Ich rechnete mit einer weiteren Aufforderung mich umzuziehen, aber in dem Moment rief eine der Frauen, die ihre Füße in den Pool hängen ließen: „Und was ist jetzt mit der Show? Ich häng doch nicht die ganze Nacht hier rum.“
Gekreischte Bestätigung einiger Stimmen aus dem Pulk tanzender Frauen. Im Moment aber eher damit beschäftigt, unter Gelächter ihre Busen schwingen zu lassen, die ohnehin aus den knappen Oberteilen nur so heraus quollen.
Anscheinend war ich blind gewesen bisher, dabei war es geradezu offensichtlich, Ernesto hatte sich eine Gruppe Prostituierte ins Haus geholt.
Die Frau, die eben wegen der fehlenden Show gemosert hatte, stand jetzt auf und kam auf mich zu. Eine langbeinige junge Frau, ich schätzte mal etwa in meinem Alter, mit beneidenswert vollkommener Figur, aber mürrischem Gesichtsausdruck, und wie auf ein still schweigendes Kommando schlossen andere Frauen sich ihr an.
Ich wich zurück, hatte aber keine Chance. Eine kleine Mollige umklammerte meinen Arm und bellte mich in einer hart klingenden Sprache an, die ich nicht verstand.
Und im nächsten Moment war ich von geschätzt acht bis zehn Frauen eingekreist. Ich konnte ihre verschwitzten Körper riechen, teils auch spüren, so nah waren sie mir. Angst packte mich, steigerte sich noch, ich geriet geradezu in Panik. Auch wenn es diesmal Frauen und keine Männer waren, Frauen in der Überzahl, die einiges an Alkohol intus hatten und – darauf kam es an – Frauen, die mit Sicherheit Bescheid wussten über das von Ernesto vorgegebene Programm seiner fünften Spielrunde.
„Na, du mageres Hühnchen, jetzt lass dich mal rupfen“, hörte ich eine Stimme hinter mir.
„Laura, ich bin der Profi im Muschi-Rasieren. Ich mach das“, entgegnete die Frau links von mir, deren Busen im Format zweier praller Luftballons regelrecht an mir klebte.
Durch eine Lücke zwischen blondierter Schöpfe sah ich wie Ernesto am genussvollen Anzünden eines Zigarillos war. Außerdem wie eine der Frauen mit kohlrabenschwarzem Lidschatten ein kleines silbernes Etwas triumphierend über ihren Kopf schwingend auf uns zugelaufen kam.
„Von wegen. Ich mach das ... mit Gefühl und ... hi, hi ... ultimativem Styling. Los, Mädchen, präsentier deinen Pelz.“
Ich behaupte nicht, dass sie Gewalt anwendeten, nein, fast schon sanft aber unnachgiebig, da ich Widerstand leistete, führten mehrere Hände mich zu einer frei stehenden Liege, aber bevor wir sie noch erreicht hatten, öffnete ich den Gürtel meines Kleides und holte das zusammen gefaltete Foto hervor, schwang es über meinen Kopf und rief: „Stopp! Schaut euch erst das hier mal an!“ Ich war nicht urplötzlich zu einer mutigen Person geworden, Angst trieb mich an und das Wissen um Ernestos unsägliche Fotogalerie.
Mehrere Hände reckten sich nach dem Foto, ich überließ es ihnen. Nachdem es entfaltet und glattgestrichen war, wurde gedrängelt und ich hörte Rufe wie: „He, was soll das?“ und „Was ist das?“
„ Ich bin das.“ Ich zog mir die Perücke vom Kopf und warf sie über die Köpfe der Frauen in Richtung der Poolliegen. „Gib her.“ Ich griff nach dem Foto. “Das bin ich.” Ich drehte das Foto in die Runde, damit alle einen Blick drauf werfen konnten. Gemurmel kam auf, in mindestens drei verschiedenen Sprachen.
„Und er“, ich wies auf Ernesto, „hat das Foto gemacht. Geht ins Haus, die Treppe hoch, da hängen noch jede Menge von der Sorte.“
Eine der Frauen wandte sich an mich. „Aber das ... das war echt. Nicht gestellt, oder?“
„Nichts war gestellt.“ Erneuter Fingerzeig auf Ernesto. „Er hat zwei Männer engagiert, die mich aufs Brutalste misshandeln sollten, auf mich einschlagen, mich treten, mich vergewaltigen und er hat dabei fotografiert, die Fotos hängen dort oben im Haus. Schaut sie euch an!“
„Qué?“ Dem allgemeinen Sprachgewirr
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