Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
vorkam) und ich nicht gerade Johns Zucker- und Koffeinpegel aufrechterhielt, saß ich am Empfangstisch und tippte rasch und betriebsam etwas in den Computer, um so den Anschein zu erwecken, dass unser Geschäft blühte, oder, wenn es schon nicht blühte, dass wir zumindest überhaupt Geschäft machten. Und ich beantwortete die Fragen der Leute und informierte sie über die ausgestellten Objekte und den Künstler, allerdings wollten die Leute, die eine Frage stellten, in der Regel die Adresse einer anderen Galerie wissen, oder sie fragten, ob sie die Toiletten benutzen dürften.
Den Rest der Zeit saß ich herum und unterhielt mich mit John, der nie sonderlich viel zu tun schien. Ich mochte John sehr gern. Genau genommen war er, abgesehen von meiner Großmutter, der einzige Mensch, den ich wirklich mochte. John war in Georgia aufgewachsen, hatte mit sechzehn seinen Abschluss an der High School gemacht und beim Zulassungstest für die Universität herausragende Ergebnisse erzielt. Er bekam dann ein volles Harvard-Stipendium, für das er an der Universität arbeiten musste. In seinem ersten Studienjahr hatte er einen Job als Aufsicht im Fogg Museum, und als sich herausstellte, dass er viele Fragen beantworten konnte, die all die anderen Führer ratlos machten, wurde er bald zum Museumsführer befördert. John liebte die Kunst, vor allem die Malerei. Er sagte, er habe noch nie ein richtiges, ein gutes Gemälde gesehen, bevor er nach Harvard gekommen sei, dabei hatte er während seiner ganzen Kindheit ein Kunstbuch nach dem anderen verschlungen, und im Grunde hatte er sich die gesamte Kunstgeschichte selbst beigebracht. Nach Harvard machte er am Courtauld Institut in London seinen Magister. Bevor meine Mutter ihn von dort fortlockte, hatte er die Kunstsammlung der Kanzlei meines Vaters verwaltet. (Wieso Kanzleien Kunstsammlungen im Wert von zig Millionen Dollar besitzen, ist mir ein Rätsel.)
Als ich Freitagmorgen nach der unerwarteten Rückkehr meiner Mutter in die Galerie kam, war John schon da, was ungewöhnlich war. Er saß am Schreibtisch in seinem Büro, und es sah tatsächlich so aus, als würde er arbeiten, auch wenn ich keine Ahnung hatte, womit er sich da wohl beschäftigen mochte. Ich gab ihm den Cappuccino, das Muffin und eine Flasche Evian (die andere kam in den Kühlschrank).
«Du bist aber schon früh da», sagte ich.
«Ja», sagte er.«Ich wollte sichergehen, dass ich da bin, falls deine Mutter auftaucht. Und wenn man ein paar Tage weg ist, sammelt sich richtig Arbeit an. Jede Menge Faxe und E-Mails, die ich beantworten muss.»Er zeigte auf das Durcheinander auf seinem Schreibtisch.
«Kann ich irgendwas tun?», fragte ich.
«Ist die Mailingliste auf dem neuesten Stand?»
«Ist sie», sagte ich.«Außer natürlich, jemand ist während unserer Abwesenheit eingebrochen und hat Name und Adresse hinterlassen.»
«Du bist ja mal wieder eine große Hilfe, vielen Dank auch», sagte John.«Los, erzähl, was ist passiert?»
Ich setzte mich in einen der beiden Sessel von Le Corbusier, die vor Johns Schreibtisch standen.«Wie es aussieht, ist Mr. Rogers spielsüchtig. Er hat die Kreditkarten meiner Mutter gestohlen und ungefähr dreitausend Dollar verspielt.»
«Dreitausend Dollar? Mehr nicht? Ein paar von meinen Verabredungen kosten mich fast das Gleiche. Ich glaube nicht, dass man deswegen eine Ehe beenden sollte.»
«Es geht ja nicht um den Betrag. Ich glaube, es ist mehr eine Sache des Vertrauens. Er hat gewartet, bis sie schlief, hat ihre Karten genommen und ist einfach verschwunden. In der dritten Nacht ihrer Flitterwochen.»
«Na ja, ich gebe zu, das ist kein gutes Benehmen. So ein Mist. Jetzt wird sie sich bestimmt wieder auf die Galerie stürzen. Verschmähte Frauen widmen sich immer ganz der Arbeit. Und ich hatte mich auf einen schönen, langen, ruhigen Sommer gefreut. Kommt sie heute in die Galerie?»
«Keine Ahnung. Vorhin hat sie noch geschlafen.»
«Na, wir werden es ja sehen. Es ist eine Menge Post gekommen. Ich habe sie auf den Empfangstisch gelegt. Machst du sie auf und sortierst sie?»
«Okay», sagte ich.
John nahm den Deckel von seinem Cappuccino.«Da stimmt doch was nicht?», fragte er.
«Wieso? Da ist alles in Ordnung.»
«Bist du sicher, dass du halbfette Milch bestellt hast?»
«Ja doch», sagte ich.
Er schnupperte an seinem Kaffee.«Das sieht aber nicht so aus. Es sieht nach dieser ekelhaften Magermilch aus.»
«Es ist halbfette Milch», sagte ich.«Ich bin ganz
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