Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
nichts mit ihm zu schaffen zu haben.«
Nikki ging davon, um zu duschen, während Jack am Küchentisch sitzen blieb und grübelte.
Remote: Ich nehme an, Sie haben das Ergebnis meiner Arbeit gesehen?
Closer: Das habe ich. Wie haben Sie das angestellt?
Remote: Alles zu seiner Zeit. Glauben Sie mir jetzt?
Closer: Ich bin nicht überzeugt. Für so ein einzelnes Ereignis könnte es auch eine andere Erklärung geben. Insiderinformationen zum Beispiel. Vielleicht haben Sie selbst die Bandenmitglieder erschossen.
Remote: Aber das habe ich nicht getan. Das war Vaughn Rycroft. Und er tat es, weil ich es ihm befohlen habe – und er war nicht der Erste.
Jack nahm seine Hände von der Tastatur und verschränkte die Arme. »Du hast es ihm also befohlen«, sagte er leise. Er glaubte zu wissen, was nun kommen würde. Denn er hatte sich ein wenig über Schizophrenie erkundigt, und was Remote vorgab, war gar nicht mal so selten: Leute unterlagen der Wahnvorstellung, dass weit entfernte Ereignisse von ihren Gedanken beeinflusst wurden. Diejenigen, die unter dieser Krankheit litten, führten häufig Zeitungsberichte an, um ihre Behauptungen zu stützen, als würde die Tatsache, dass etwas geschehen ist, beweisen, dass sie dafür verantwortlich waren.
Closer: Ich hätte gern ein paar Einzelheiten.
Remote: Das dachte ich mir schon. Ich sende Ihnen eine Datei – Sie können sie gern durch jedes Antivirenprogramm jagen, das Ihnen in die Finger kommt. Die Datei enthält weder Viren noch irgendwelche Programme, um Sie aufzuspüren.
Die Datei war nicht besonders groß und kam an allen Sicherheitsschleusen des Jagdreviers vorbei. Als Jack sie öffnete, stellte er fest, dass sie vor allem aus Text bestand.
Also fing er an zu lesen.
Ich glaube an das Wohl der Allgemeinheit.
Für mich ergibt sich daraus eine sehr einfache Gleichung: Was immer der Mehrheit nutzt, ist laut Definition Gemeinwohl. Ich bemühe mich um Unparteilichkeit, doch das Wesen meiner Arbeit verlangt eine gewisse Subjektivität. Immerhin muss ich entscheiden, ob Menschen sterben oder am Leben bleiben sollen.
Der Prozess der Entscheidungsfindung läuft folgendermaßen ab: Als Erstes sehe ich mir die möglichen Zielpersonen an. Diese sind Leute, die der Welt und ihren Mitmenschen schaden. Ich bevorzuge Leute mit asozialen Persönlichkeitsstörungen, wobei ich bei der Auswahl aufgrund der Erreichbarkeit verständlicherweise eingeschränkt bin. Ein Staatschef zum Beispiel ist außerhalb meiner Reichweite, selbst wenn er Neigungen zum Völkermord aufweist.
Dennoch bleibt mir eine große Auswahl, denn es ist leider nicht schwer, Menschen zu finden, die vom Leid anderer profitieren. Berufsverbrecher, korrupte Beamte, Grausame, Gierige und Gleichgültige – sie sind viel zu verbreitet, und es gibt viel zu viele von ihnen.
Bevor ich mir einen Kandidaten aussuche, stelle ich gründliche Recherchen an. Ein Politiker namens Michael Henshaw war mein erstes Opfer, der Bürgermeister einer kleinen Stadt in Arkansas. Dass Henshaw korrupt war, war allgemein bekannt, und wegen Betrugs wurden mehrmals Ermittlungen gegen ihn angeleiert – aber man konnte ihm nie etwas anhängen. Ein Zeuge in einer anhängigen Klage kam bei einem mysteriösen Hausbrand ums Leben, während ein anderer spurlos verschwand.
Einen großen Teil seines Vermögens hatte Henshaw damit erwirtschaftet, dass er Forderungen aus geplatzten Hypotheken geltend machte. Als ich zusammenrechnete, wie viele Leben er zerstört hatte – sei es nun ganz direkt oder über den Umweg seiner Geschäftspraktiken –, drängte sich mir der Gedanke auf, dass er ein fabelhaftes erstes Projekt für mich abgeben würde.
Dann musste ich natürlich eine Waffe wählen.
Ich habe mich für Kipling Abernathy entschieden, den Besitzer und Betreiber der ortsansässigen Autowerkstatt, in der auch Henshaws Wagen gewartet wurde. Da Arkansas eine bergige Gegend ist und Henshaw ein rasanter Fahrer war, habe ich Abernathy dazu bewegt, seine Bremsen und den Airbag zu manipulieren. Eine Woche später war der Bürgermeister tot, Opfer eines bedauernswerten »Unfalls«.
Jack öffnete ein zweites Fenster und googelte nach »Michael Henshaw«. Auf Anhieb fand er etliche Artikel über den Bürgermeister inklusive eines Nachrufs, die er allesamt las, bevor er sich wieder Remotes Datei zuwandte.
Mein zweites Projekt war Jordan Eisenberg, ein mehrfacher Vergewaltiger in North Dakota, den die Staatsanwaltschaft nur in einem Fall hatte belangen
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