Duddits - Dreamcatcher
sich Kurtz in einem persönlichen Luftloch fortbewegen. Perlmutter war davon überzeugt, dass alle ihnen zuschauten und alle sehen konnten, was für schreckliche Angst er hatte. Teilweise lag das an den Augen seines neuen Chefs – an der abscheulichen Leere in seinem Blick, als wäre gar kein Gehirn dahinter. Perlmutter hatte von dem Tausend-Meter-Blick gehört, aber Kurtz schien eine Million Meter weit zu sehen, vielleicht gar Lichtjahre.
Doch irgendwie hielt Perlmutter Kurtz’ Blick stand. Sah hinein in diese Leere. Er hatte gar keinen guten Start hingelegt. Es war wichtig – es war entscheidend –, dass dieser Ausrutscher aufgefangen wurde, ehe er sich zu einer Lawine auswuchs.
»Na also. Gut. Jedenfalls schon besser.« Kurtz sprach leise, aber Perlmutter konnte ihn, trotz des alles übertönenden Hubschrauberlärms, ohne Schwierigkeiten verstehen. »Ich sage Ihnen das nur einmal, und das auch nur, weil Sie neu in meinem Dienst sind und von Tuten und Blasen offensichtlich keine Ahnung haben. Ich bin beauftragt, hier einen Phooka-Einsatz durchzuführen. Wissen Sie, was ein Phooka ist?«
»Nein«, sagte Perlmutter. Es bereitete ihm förmlich körperliches Unbehagen, nicht Nein, Sir sagen zu dürfen.
»Den Iren zufolge, die nie so recht dem Bad des Aberglaubens entstiegen sind, in dem ihre Mütter sie gebären, ist ein Phooka ein Geisterpferd, das Reisende entführt und auf seinem Rücken davonträgt. Ich verwende diesen Ausdruck, wenn ein Einsatz geheim ist, dabei aber in aller Öffentlichkeit stattfindet. Ein Paradox, Perlmutter! Die gute Nachricht ist, dass wir seit 1947, seit die Luftwaffe erstmals ein außerirdisches Objekt barg, ein sogenanntes Leuchtfeuer, Eventualpläne für genau diese Art von Scheißspiel ausgearbeitet haben. Die schlechte Nachricht ist, dass die Zukunft jetzt angebrochen ist und ich mich ihr mit Typen wie Ihnen stellen muss. Haben Sie mich verstanden, Bursche?«
»Ja, S… Ja.«
»Na hoffentlich. Wir haben hier Folgendes zu tun, Perlmutter: Wir müssen schnell und rücksichtslos und wie ein Phooka vorgehen. Wir werden die nötige Drecksarbeit erledigen und hinterher so sauber dastehen wie nur möglich … sauber … ja, o Herr, und lächelnd … «
Kurtz lächelte flüchtig mit so brutal-ironischer Intensität, dass Perlmutter fast zum Schreien zumute war. Groß und mit krummen Schultern, war Kurtz gebaut wie ein Bürokrat. Doch etwas an ihm war schrecklich. Man sah es in seinem Blick, spürte es an der ruhigen, steifen Art, wie er die Hände vor dem Bauch gefaltet hielt … aber das war es nicht, was ihn so unheimlich machte und weshalb ihn die Männer »Kurtz, das Schreckgespenst« nannten. Perlmutter wusste nicht, was genau das Unheimliche an ihm war, und wollte es auch nicht wissen. Er wollte jetzt nur – und das war das Einzige, was er überhaupt wollte – dieses Gespräch ohne weitere Zwischenfälle hinter sich bringen. Wozu denn zwanzig oder dreißig Meilen weiter nach Westen fliegen, um mit einer außerirdischen Lebensform in Kontakt zu treten? Perlmutter hatte hier doch schon eine vor sich stehen.
Kurtz’ Lippen schnappten zu. »Wir sind doch auf einer Wellenlänge, nicht wahr?«
»Ja.«
»Salutieren der gleichen Flagge? Pissen in die gleiche Latrine?«
»Ja.«
»Und wie werden wir nach dieser Sache dastehen, Pearly?«
»Sauber?«
»Exzellent! Und wie noch?«
Eine entsetzliche Sekunde lang wusste er es nicht. Dann fiel es ihm wieder ein. »Lächelnd, Sir.«
»Nennen Sie mich noch einmal Sir, und ich schlage Sie zusammen.«
»Tut mir leid«, flüsterte Perlmutter. Und das war nicht gelogen.
Jetzt kam hier ein Schulbus langsam die Straße herauf, die Räder auf der Fahrerseite schon fast im Straßengraben und der ganze Bus fast bis zum Umkippen geneigt, um an den Hubschraubern vorbeizukommen, MILLINOCKET SCHOOL DEPT. stand in großen, schwarzen Lettern auf gelbem Grund darauf. Ein beschlagnahmter Bus. Mit Owen Underhill und seinen Männern drin. Dem A-Team. Als Perlmutter das sah, ging es ihm gleich besser. Beide Männer hatten verschiedentlich mit Underhill zusammengearbeitet.
»Bis Einbruch der Dunkelheit haben Sie Ihre Ärzte«, sagte Kurtz. »So viele Ärzte Sie brauchen. Alles klar?«
»Alles klar.«
Als er zu dem Bus ging, der vor Gosselins einziger Zapfsäule hielt, schaute Kurtz auf seine Armbanduhr. (Es war eine zum Aufziehen; batteriebetriebene Uhren funktionierten hier oben nicht.) Schon fast elf. Mann, wie die Zeit verging, wenn man das Leben
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