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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Etikett mit dem Aufdruck VON GEWERKSCHAFTLICH ORGANISIERTEN ARBEITERN IN DEN USA HERGESTELLT. Man bekam sie auch für sieben Dollar bei Gosselin’s. Auf dem Etikett dieser Mützen stand einfach nur MADE IN BANGLADESH.
    Die Mütze rückte buchstäblich alles ins, o Gott, rechte Licht: Das Braune, das er versehentlich für einen Hirschkopf gehalten hatte, war die Front eines Herrenwollmantels, das Samtschwarze der Hirschaugen war ein Mantelknopf, und das Geweih waren nur weitere Zweige – Zweige eben des Baums, auf dem er stand. Der Mann war so unklug (Jonesy brachte es nicht über sich, das Wort verrückt zu verwenden), im Wald einen braunen Mantel zu tragen, und Jonesy konnte es immer noch nicht fassen, wie er fast einen Fehler mit möglicherweise so entsetzlichen Konsequenzen hatte begehen können. Denn der Mann trug ja auch eine orangefarbene Mütze, nicht wahr? Und noch dazu eine knallorangefarbene Warnweste über seinem zugegebenermaßen unklug gewählten braunen Mantel. Der Mann war –
    – war nur um ein Pfund Fingerdruck dem Tod entgangen. Vielleicht gar um weniger.
    Da fuhr es ihm durch Mark und Bein und schlug ihn glatt aus seinem Leib. Für einen schrecklichen, leuchtend klaren Moment, den er nie wieder vergaß, war er weder Jonesy Nummer eins, der zuversichtliche Jonesy von vor dem Unfall, noch Jonesy Nummer zwei, der eher vorsichtige Überlebende, der sehr viel Zeit in einem lästigen Zustand körperlicher Leiden und geistiger Verwirrung zugebracht hatte. Für diesen einen Moment war er ein anderer Jonesy, eine unsichtbare Präsenz, die zu einem Jäger auf einem Hochsitz in einem Baum hochsah. Der Jäger hatte kurzes Haar, das schon grau wurde, hatte Runzeln um den Mund, Bartstoppeln auf den Wangen und wirkte insgesamt abgehärmt. Er stand kurz davor, seine Waffe abzufeuern. Schneeflocken tanzten ihm um den Kopf und ließen sich auf seinem braunen, nicht in die Hose gesteckten Flanellhemd nieder, und er war drauf und dran, einen Mann zu erschießen, der eine orangefarbene Mütze und genauso eine Warnweste trug, wie er selbst sie angelegt hätte, wäre er mit dem Biber auf die Pirsch gegangen, statt sich auf diesen Baum zu hocken.
    Mit einem dumpfen Schlag fiel er in sich selbst zurück, genau wie man durchgeruckelt wird, wenn man mit dem Auto bei hohem Tempo durch ein Schlagloch fährt. Zu seinem Entsetzen bemerkte er, dass er das Garand immer noch auf den Mann dort unten gerichtet hielt, als hätte sich irgendein starrköpfiger Alligator in seinem Hinterkopf an der Idee festgebissen, der Mann im braunen Mantel sei jagdbares Wild. Und schlimmer noch, er konnte seinen Finger nicht vom Abzug lösen. Ein, zwei schreckliche Sekunden lang dachte er, er würde wirklich immer noch drücken und unweigerlich die letzten paar Gramm Druck aufbringen, die ihn vom größten Fehler seines Lebens noch trennten. Später ging ihm auf, dass zumindest das eine Illusion gewesen war, so ähnlich, wie man in einem stehenden Auto das Gefühl hat, rückwärts zu rollen, wenn man im Augenwinkel neben sich ein anderes Auto sieht, das langsam vorwärts rollt.
    Nein, er war einfach nur unfähig, sich zu bewegen, doch das war schlimm genug, das war die Hölle. Jonesy, du denkst zu viel, sagte Pete gern, wenn er Jonesy dabei ertappte, wie er in die Ferne starrte und dem Gespräch nicht mehr folgte, und wahrscheinlich wollte er damit sagen: Jonesy, du hast zu viel Fantasie, und das stimmte höchstwahrscheinlich. Und ganz bestimmt in dieser Situation, als er nun hier oben auf dem Baum stand, im ersten Schneefall der Saison, ihm das Haar wirr um den Kopf wehte, er den Finger am Abzug des Garand hatte – nicht weiter drückend, wie er für einen Moment befürchtet hatte, aber auch nicht entspannt –, der Mann jetzt fast direkt unter ihm, das Korn des Garand auf die orangefarbene Mütze gerichtet, das Leben des Mannes buchstäblich an einem seidenen Faden hängend, der aufgespannt war zwischen der Gewehrmündung und seinem bemützten Kopf. Der Mann dachte vielleicht gerade daran, seinen Wagen in Zahlung zu geben oder seine Frau zu betrügen oder seiner ältesten Tochter ein Pony zu kaufen (später hatte Jonesy gute Gründe anzunehmen, dass McCarthy an nichts Derartiges gedacht hatte, aber das wusste er natürlich in diesem Augenblick nicht, als er dort im Baum stand, den Zeigefinger starr auf dem Abzug seines Gewehrs), und wusste nicht, was auch Jonesy nicht gewusst hatte, als er, seine Aktentasche in der einen Hand und eine Boston

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