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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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seine Gesichtsfarbe hatte gar nicht gut ausgesehen. Zwei- oder dreimal ertappte er auch den Biber dabei, wie er kurz hinüberschaute.
    Jonesy mischte das alte Blatt Marke Bicycle, teilte aus, gab sich selbst und legte dann das Crib beiseite, nachdem ihm Biber zwei Karten zugeschoben hatte. Biber hob ab, und damit waren die Vorbereitungen abgeschlossen; jetzt wurde es Zeit zu punkten. Man kann punkten und trotzdem verlieren, hatte Lamar zu ihnen gesagt, stets eine Chesterfield im Mundwinkel und die Schirmmütze mit dem eigenen Firmenlogo immer übers linke Auge gezogen, wie ein Mann, der ein Geheimnis kennt und es nur verraten wird, wenn der Preis stimmt – Lamar Clarendon, dieser nie zu Scherzen aufgelegte Malocher-Daddy, der mit achtundvierzig an einem Herzinfarkt gestorben war –, aber wer punktet, verliert nicht mit null.
    Kein Spiel, dachte Jonesy jetzt. Kein Prall, kein Spiel. Sofort gefolgt von dieser schrecklichen, zittrigen Stimme damals im Krankenhaus: Hört auf, ich halt’s nicht mehr aus, gebt mir ’ne Spritze, wo ist Marcy? Und, o Mann, warum war das Leben so schwer? Wieso lauerten überall Knüppel auf deine Finger, und wieso gab es so viele Stöcke, die nur darauf warteten, einem in die Speichen geworfen zu werden?
    »Jonesy?«
    »Hm?«
    »Alles klar?«
    »Ja, wieso?«
    »Du hast gerade gezittert.«
    »Echt?« Klar hatte er gezittert. Er wusste es.
    »Ja.«
    »Vielleicht zieht’s. Riechst du was?«
    »Du meinst … ihn?«
    »Meg Ryans Achselhöhlen meine ich jedenfalls nicht. Ja, ihn.«
    »Nein«, sagte Biber. »Ein paarmal dachte ich … aber das habe ich mir nur eingebildet. Weil diese Fürze, weißt du …«
    »… so übel gestunken haben.«
    »Ja. Allerdings. Und die Rülpser auch. Ich dachte echt, er würde kotzen, Mann. Dachte ich wirklich.«
    Jonesy nickte. Ich habe Angst, dachte er. Ich sitze hier mit einer Scheißangst in einem Schneesturm. Ich will, dass Henry kommt, gottverdammt. Wo bleibt er bloß?
    »Jonesy?«
    »Was? Spielen wir jetzt oder nicht?«
    »Klar, aber … meinst du, mit Henry und Pete ist alles in Ordnung?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Hast du nicht … so ein Gefühl? Siehst du nicht vielleicht …«
    »Ich sehe nur dein Gesicht.«
    Biber seufzte. »Aber meinst du, mit ihnen ist alles in Ordnung?«
    »Ja, das meine ich.« Doch verstohlen blickte er zur Uhr – es war halb zwölf – und dann zu der geschlossenen Schlafzimmertür, hinter der McCarthy lag. Mitten im Zimmer drehte sich der Traumfänger langsam in einem Luftzug. »Die lassen sich einfach nur Zeit. Die kommen schon. Lass uns spielen.«
    »Also gut. Acht.«
    »Fünfzehn. Macht zwei.«
    »Mist.« Biber steckte sich einen Zahnstocher in den Mund. »Fünfundzwanzig.«
    »Dreißig.«
    »Go.«
    »Ass. Macht zwei.«
    »Gekörnte Scheiße!« Biber lachte verzweifelt auf, als Jonesy um die Ecke in die dritte Straße einbog. »Jedes Mal, wenn du gibst, laschst du mich ab.«
    »Ich lasch dich auch ab, wenn du gibst«, sagte Jonesy. »Die bittere Wahrheit. Komm schon, spiel.«
    »Neun.«
    »Sechzehn.«
    »Und einen für die letzte Karte«, sagte der Biber, als hätte er damit einen moralischen Sieg errungen. Er stand auf. »Ich geh nach draußen, pissen.«
    »Wieso das? Wir haben hier ein prima Klo, falls du’s noch nicht weißt.«
    »Ich weiß. Ich will bloß mal sehen, ob ich meinen Namen in den Schnee pissen kann.«
    Jonesy lachte. »Wirst du denn nie erwachsen?«
    »Nicht solang es sich vermeiden lässt. Und sei nicht so laut. Weck den Typ nicht auf.«
    Jonesy schob die Karten zusammen, fing an zu mischen, und Biber ging zur Hintertür. Er musste an eine Variante des Spiels denken, die sie als Kinder gespielt hatten. Sie nannten es das Duddits-Spiel, und meistens spielten sie es im Freizeitraum der Cavells. Es war genau wie das übliche Cribbage, nur dass sie Duddits die Stifte weiterstecken ließen. Ich habe zehn, sagte Henry dann, steck zehn weiter, Duddits. Und Duddits, der sein bescheuertes Lächeln aufgesetzt hatte, das Jonesy unweigerlich froh machte, steckte dann vier oder sechs oder zehn oder auch vierundzwanzig Punkte. Die Hauptregel beim Duddits-Spiel bestand darin, sich nie zu beschweren, nie zu sagen: Duddits, das ist zu viel oder Duddits, das reicht nicht. Und Mann, was hatten sie gelacht. Mr. und Mrs. Cavell hatten auch gelacht, wenn sie gerade im Zimmer waren, und Jonesy konnte sich an das eine Mal erinnern, da waren sie fünfzehn oder sechzehn, und Duddits war natürlich so alt, wie er halt

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