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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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    Jonesy packte den Türknauf mit doppelter Kraft, Sehnen zeichneten sich an seinen Unterarmen und seitlich am Hals ab. Und die Hüfte tat ihm weh. Die verdammte Hüfte. Wenn er tatsächlich versuchen würde wegzulaufen, würde ihn die Hüfte noch zusätzlich bremsen, und das hatte er diesem emeritierten Professor zu verdanken, diesem blöden, vergreisten Arschloch, das überhaupt nicht mehr hätte Auto fahren dürfen, herzlichen Dank auch, Prof, dich hab ich echt gefressen. Und wenn er weder die Tür zuhalten noch weglaufen konnte – was dann?
    Dann blühte ihm natürlich das Gleiche wie Biber. Es war Bibers Nase gewesen, die da in den Zähnen festgehangen hatte wie Kebab.
    Stöhnend hielt Jonesy den Türknauf fest. Für einen Augenblick nahm der Druck sogar noch zu, und dann ließ er plötzlich nach. Hinter der dünnen Holzplatte der Badezimmertür jammerte das Ding wütend. Jonesy roch das ätherartige Aroma von Startfix.
    Wie hielt es sich da fest? Es hatte keine Gliedmaßen, Jonesy hatte jedenfalls keine gesehen, nur diesen rötlichen Schwanz, also wie –
    Auf der anderen Seite der Tür hörte er das Holz leise splittern und aufplatzen, dem Geräusch nach direkt vor seinem Gesicht, und da wusste er: Es hielt sich mit den Zähnen fest. Dieser Gedanke löste bei Jonesy blindes Entsetzen aus. Dieses Ding war in McCarthy drin gewesen, daran hatte er nicht den mindesten Zweifel. In McCarthy war es wie ein riesiger Bandwurm aus einem Horrorfilm herangewachsen. Wie ein Karzinom, aber mit Zähnen. Und als es dann groß genug war, als es dann sozusagen zu neuen Ufern aufbrechen wollte, hatte es sich einfach den Weg nach draußen freigebissen.
    »Nein, o nein«, sagte Jonesy, den Tränen nah.
    Der Knauf der Badezimmertür drehte sich andersrum. Jonesy sah das Ding auf der anderen Seite der Badezimmertür förmlich vor sich, wie ein Blutegel ins Holz verbissen, den Schwanz oder Fangarm um den Türknauf gewunden, wie ein Seil, das in eine Henkerschlinge auslief und daran drehte –
    »Nein, nein, nein «, keuchte Jonesy und hielt den Türknauf mit aller Kraft fest. Nicht mehr lange, und er würde ihm aus den Händen rutschen. Auf seinem Gesicht und seinen Handflächen spürte er den Schweiß.
    Vor seinen vortretenden, entsetzten Augen tauchte im Holz ein Muster aus Hubbeln auf. Dort hatte es seine Zähne hineingeschlagen und biss immer tiefer zu. Bald würden sie es durchs Holz schaffen (falls Jonesy nicht überhaupt vorher der Türknauf entglitt), und dann würde er sich den Zähnen gegenübersehen, die seinem Freund die Nase abgerissen hatten.
    Da wurde es ihm bewusst: Biber war tot. Sein alter Freund.
    »Du hast ihn umgebracht!«, schrie Jonesy das Ding hinter der Tür an. Seine Stimme bebte vor Kummer und Entsetzen. »Du hast den Biber umgebracht!«
    Seine Wangen glühten, und die Tränen, die ihm nun hinunterliefen, fühlten sich noch heißer an. Biber mit seiner schwarzen Lederjacke ( Du hast aber viele Reißverschlüsse!, hatte Duddits’ Mutter an dem Tag gesagt, als sie sie kennengelernt hatten), Biber hickehackevoll bei ihrem Abschlussball, als er wie ein Kosak getanzt hatte, die Arme vor der Brust verschränkt und die Füße werfend, der Biber bei Jonesys und Carlas Hochzeitsempfang, wie er Jonesy umarmt und ihm feurig ins Ohr geflüstert hatte: »Du musst glücklich sein, Mann. Du musst für uns alle glücklich sein.« Und so hatte er erfahren, dass der Biber wirklich noch nie – Henry und Peter, natürlich, bei denen hatte das nie infrage gestanden, aber der Biber? – Und jetzt war Biber tot, lag da mit dem Oberkörper in der Badewanne, lag nasenlos auf dem bekloppten Mr. Richard Siehe-ich-stehe-an-der-Tür-und-klopfe-an-McCarthy.
    »Du hast ihn umgebracht, du Schwein!«, schrie er die Hubbel in der Tür an – erst waren es sechs gewesen, und jetzt waren es neun, nein, schon ein Dutzend.
    Wie erstaunt über seine Wut, ließ der Druck auf den Türknauf von der anderen Seite wieder nach. Jonesy sah sich hektisch nach irgendwas um, was ihm helfen könnte, konnte aber nichts entdecken und sah dann zu Boden. Da lag die Rolle Isolierband. Er konnte sich vielleicht bücken und sie aufheben – aber was dann? Er würde beide Hände brauchen, um das Band abzurollen, beide Hände und seine Zähne, um einen Streifen abzubeißen, und selbst wenn ihm das Ding die Zeit dafür ließ – was sollte es nützen, wenn er ohnehin kaum den Türknauf halten konnte?
    Und jetzt fing der Türknauf wieder an, sich zu bewegen.

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