Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur

Geschichte.

    Atemschaukel OA 2009 1 299 Seiten 1 Form
Epoche Gegenwart
    Entstehung Dem Schreiben des Romans gingen ausführliche Recherchen und die Erinnerungsarbeit der Autorin voraus. Mitglieder
der Familie von Herta Müller wurden nach dem Zweiten Weltkrieg
in der Eigenschaft als Rumäniendeutsche deportiert. Außerdem
führte Müller ausführliche Gespräche mit dem Schriftsteller Oskar
Pastior. 2004 waren beide nach Rumänien gereist, wo sich Pastior
auf die Spuren der Verschleppung begab, die er nach dem Zweiten
Weltkrieg als Angehöriger der deutschen Minderheit erlitten und
durchlebt hatte. Die nach dem Tod Pastiors 2010 bekannt gewordene
Mitgliedschaft dessen in der rumänischen Securitate als inoffizieller
Mitarbeiter (1961-69) erfüllte Müller nach eigenem Bekunden zunächst mit »Wut«, dann mit »Trauer«.
    Inhalt Rumänien nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Protagonist
Leopold Auberg muss seine Koffer packen. In der Wohnung seiner Eltern baut er das Grammofon aus der Kiste aus, um darin seine
Habseligkeiten für die Reise zu verstauen. Um Mitternacht, so wurde
ihm gesagt, werde man ihn abholen kommen.
    Der Tag graut bereits, als es an der Tür klingelt. Eine lange, ungewisse Reise beginnt. Leopold, gerade einmal 17 Jahre alt, wird mit
vielen anderen Rumäniendeutschen in einen Viehwagon gesperrt und auf die Fahrt in ein Arbeitslager geschickt. Hier, isoliert in der
weiten Landschaft der Sowjetunion, verbringt er fünf Jahre und soll
mit seiner Arbeitskraft zum Wiederaufbau der Sowjetunion nach
dem Zweiten Weltkrieg beitragen.

    Die Lagerhaft ist vor allem von drei Dingen geprägt: Hunger -
»Immer ist der Hunger da«, Arbeit - »Die Kohle wird weggeschaufelt, wird aber nie weniger« - und Angst: »Vielleicht wurde in dieser Nacht nicht ich, aber der Schrecken in mir plötzlich erwachsen.«
In immer neuen sprachlichen Variationen fasst Müller die Lagerszenen. Die Sprache der Autorin - hart und unnachgiebig - wird, neben
der Radikalität der Handlung, zum zweiten herausragenden Merkmal des Buches.
    1950 wird Leo aus dem Arbeitslager entlassen. Er kehrt nach
Hause zurück, trifft seine Eltern, aber nicht mehr seinen in der Zwischenzeit verstorbenen Großvater vor. Mit Messer und Gabel zu essen, muss er neu erlernen. Er beginnt in einer Kartonfabrik zu arbeiten, kann aber nie in einen geregelten Alltag zurückfinden. Die
erlittenen Schrecken versucht er in einem privaten Journal niederzuschreiben.
    Aufbau Herta Müllers Atemschaukel ist kein psychologisch-naturalistischer Roman und wiederum doch ein solcher. Er ist dies nicht,
weil er nicht in die Tiefen und Breiten familiärer, ökonomischer oder
historischer Beziehungsgeflechte vordringt. Er ist es auch deshalb
nicht, weil die Autorin das Erzählte zu stark stilistisch überformt.
Und er ist es doch, weil eben diese sprachliche Überformung ein
psychologisches Muster in Momenten der Existenznot beschreibt:
Es ist der Versuch, das letzte verbleibende Mittel, die eigene Sprache,
zum Refugium der Identitätswahrung und Würde zu machen. Während im ersten Teil des Buches dieser Versuch vor allem im Schreiben der Autorin selbst deutlich wird, wird er im zweiten Teil des Buches durch das Journal Leos auch Bestandteil der Geschichte.

     

Aeneis (Vergil) 24
    Atemschaukel (Müller, Herta) 310
    Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (Proust, Marcel) 193
    Aus dem Leben eines Taugenichts
(Eichendorff Joseph Freiherr von) 125
    Bekenntnisse (Augustinus, Aurelius) 32
    Beowulf (anonym) 37
    Berlin Alexanderplatz (Döblin, Alfred) 219
    Buch der Lieder (Heine, Heinrich) 146
    Buddenbrooks (Mann, Thomas) 190
    Candide (Voltaire) 87
    Das Bildnis des Dorian Gray (Wilde, Oscar) 181
    Das Dekameron (Boccaccio, Giovanni) 6o
    Das Fest des Ziegenbocks (Vargas Llosa, Mario) 304
    Das Glasperlenspiel (Hesse, Hermann) 215
    Das Narrenschiff (Braut, Sebastian) 62
    Das Schloss (Kafka, Franz) 208
    Das Totenschiff (Traven, B.) 229
    Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch (Grimmelshausen) 78
    Der dritte Mann (Greene, Graham) 250
    Der Fürst (Machiavelli, Niccolö) 66
    Der gallische Krieg (Caesar, Gaius Iulius) 21
    Der geteilte Himmel (Wolf, Christa) 274
    Der große Gatsby (Fitzgerald, Francis Scott) 203
    Der grüne Heinrich (Keller, Gottfried) 163
    Der Idiot (Dostojewski, Fjodor) 169

    Der Leopard (Tomasi di Lampedusa, Giuseppe) 259
    Der Meister und Margarita (Bulgakow, Michail) 276
    Der Name der Rose (Eco, Umberto) 292
    Der Prozess (Kafka, Franz) 206
    Der