Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
denen sie zeitweise befreit umhergeschwebt war, während sie die Heilungen vorgenommen hatte. »Danke, Dorn.«
»Aha. Hekatoro hat einen Vetter.«
»Ich nehme an, er hat einen Haufen Vettern.« Sie nippte an dem heißen Kräuteraufguß. Er schmeckte ziemlich bitter, übte jedoch auf ihren Mund eine reinigende Wirkung aus und besaß einen schwachen Nachgeschmack, der angenehm und ein bißchen nach Minze schmeckte.
»Dieser Vetter hat ein Boot.«
»Oh.«
»Hm ja. Und er kennt einen Weg durch die Kashinta-Sümpfe.« »Ein Schmuggler?«
»Darüber wurde nicht gesprochen.«
»Hmm.« Sie blickte zum Fenster. Der Himmel draußen war nun ganz dunkel geworden, alle Farben verblaßt. »Wir könnten ein bißchen Glück gebrauchen.«
»Das ist wahr.«
»Shinka ist eine Hure, an der man ohne Geld nicht vorbeikommt.«
»Was wir nicht haben.«
»Nur allzu wahr.« Sie brach ein Brötchen auseinander und hielt die zwei Stücke in der Hand. »Eine Chance, Shinka zu umgehen, sollte man nicht außer acht lassen, es sei denn . ..« »Es sei denn, der Preis ist zu hoch?«
»Genau. Was ist der Preis?«
»Ich weiß es nicht genau.« Er blickte stirnrunzelnd in den weißgoldenen Schein der Porzellanlampe. Ein Mundwinkel zuckte hoch. Er zog die Hände hinter dem Kopf hervor, spreizt! sie rasch vor sich und ließ sie dann in den Schoß sinken. »Dein. Dienste, nehme ich an.« Sie zuckte mit den Schultern. »Vergangenheit und Zukunft.« Seine Augen wanderten rasch zu ihr und wieder fort. Er blickte finster drein, war – wie sie wußte besorgt um sie und fragte sich vielleicht, ob die Erwähnung ihrer Heilkunst sie aufregen würde, da diese Kraft sie off sichtlich aus Gründen, die er nicht kannte, sehr aufwühlte. Sie biß in das zähe, weiße Brot, lächelte beim Kauen und ließ das Schweigen zwischen ihnen andauern. Nun schaute er sich offen an, erst ernst, dann erheitert, als er sah, daß sie schwierigen Weder-Noch-Zustand der vergangenen zehn Tagen überwunden hatte. Selbst ihr erschien es merkwürdig, daß sich so plötzlich davon befreien konnte. Vielleicht lag es einfach daran, daß sie genug gelitten hatte. Sie lachte und legte da Brötchen ab. »Ich will nicht mehr leiden.«
»Das ist gut.« Er lehnte sich an die Wand, die Lider sanken ü träge, graue Augen. »Zur Zeit hält sich der Vetter in Tukul auf, aber in wenigen Tagen ist er zurück. Hekatoro meint, er würde uns mit dem Boot überallhin bringen.« Er gähnte, klopfte sich dabei auf den Mund. »Den Fluß hinab durch die Sümpfe über den Spinadeen nach Niederyallor und zum Freihafenmarkt.«
»So einfach ist das.«
»Könnte ja sein.«
»Hältst du das für wahrscheinlich?«
Er mußte plötzlich lächeln. Zusammengekniffene Augen zwinkerten und forderten sie auf, an seiner Erheiterung teilzuhaben. »Was soll daran unwahrscheinlich sein? Warum nicht mal ein gemütliches Dahingleiten auf dem Fluß und eine schnelle Mondscheinpartie übers Meer?«
Sie begann das Brot auseinanderzupflücken und in die erstarrte Tunke zu stippen. »Hern?«
»Hmmm?«
»Möchtest du wieder im Plaz leben?«
»Was? Nein.« Er stand auf, trat ans Fenster und schaute hinaus zu dem Fleckchen Sternenhimmel, das durch das kleine Rechteck zu sehen war. Sie fühlte, wie er sich zurückzog. Er hatte mehr offenbart, als ihm lieb war – sich und ihr gegenüber. Er streckte die Hand aus und schloß sie um das eingemauerte, gebogene Rohr. »Nein«, wiederholte er mit gedämpfter Stimme. »Bei den Brüsten der Jungfrau, ein Leben lang habe ich mich dort gelangweilt, ohne den Verstand zu verlieren. Aber was ich will, spielt keine Rolle. Ich werde zurückkehren. Mijloc gehört mir. Und sie gehören zu mir, meine Mijlocker, Taroms, Häusler, Geschäftsleute, sie alle. Ich werde sie nicht diesem Dreckstück Floarin überlassen.« Plötzlich lachte er höhnisch über sich selbst, doch sie hörte die Wahrheit in seinen Worten, die er sich selbst nicht eingestehen wollte. »Nicht solange noch ein Tropfen Blut in mir ist«, sagte er und glaubte, einen Scherz zu machen.
»Dann brechen wir morgen auf?«
»Wie wir gekommen sind, ein bißchen sauberer und nicht ganz so abgerissen. Atoro begleitet uns mit einer Fuhre Handelsgüter. Er freut sich darüber, uns einen Gefallen tun zu können. Dir einen Gefallen tun zu können. Ich weiß nicht genau, wofür er dich eigentlich hält, aber er ist überzeugt, daß eine kleine Opfergabe nicht schaden könnte.«
Sie strich sich über den Nacken und dachte nach.
Weitere Kostenlose Bücher