Duenenmord
Frage zuließ, wie sie reagiert hätte, wenn Moritz Vater einer Tochter wie Lotte gewesen und die Kleine ihr derart pampig gekommen wäre. »Frau Sänger, um konkret zu werden – hat Monika je Gewalt auf Sie ausgeübt?«
»Wie oft denn noch: natürlich nicht! Sie hätte es nicht gewagt, mich auch nur anzurühren«, erwiderte Lotte sofort mit hoher Stimme.
»Manchmal erinnert man sich nicht mehr so genau«, wandte Romy ein. »Ihre Abneigung ist so deutlich spürbar, dass man vermuten könnte …«
»Was?«
Romy streifte ihr Lächeln und auch ihre Gelassenheit mit einem Ruck ab. »Ich rede von Gewalt und Kindesmissbrauch. Hat Monika Ihnen je Derartiges angetan oder angedroht?«
Lotte zuckte zusammen. »Nein!«
»Ihr Vater hat Ihnen aber erzählt, was wir im Zuge der Mordermittlungen zu Monika und ihrer Vergangenheit recherchiert haben?«
»Ja, doch wir sprachen nur kurz darüber – wer will denn solche Geschichten vertiefen? Er hat sich vergewissert, dass Monika sich mir nicht genähert hat.«
»Und damit war die Sache dann erledigt? Für Sie beide?«
Lotte zuckte mit den Achseln.
Romy entschied sich, noch ein bisschen Gas zu geben. »Lotte … darf ich Lotte sagen? Wenn Ihr Vater trotz Ihrer gegenteiligen Versicherung den Verdacht gehabt hätte, dass seine Frau sich an Ihnen vergriffen hätte – was wäre dann wohl passiert? Was meinen Sie?«
Lotte griff sich an die Stirn, als drohe die nächste Migräneattacke. »Mein Gott, warum sollte er einen solchen Verdacht überhaupt haben?«, entgegnete sie aufgebracht. »Das ist doch erst jetzt alles herausgekommen!«
»Monika hat Mails und SMS-Nachrichten erhalten – von einem Missbrauchsopfer, das sie gewaltig unter Druck setzte«, erläuterte Romy. »Er könnte sie gelesen haben.«
»Mein Vater schnüffelt nicht in den Mails anderer Leute herum …«
»Vielleicht doch oder er ist zufälligerweise darauf gestoßen, weil er sich das Netbook mal genauer ansehen wollte oder was auch immer«, schlug Romy vor. Die Sache mit den Nachrichten von dem Missbrauchsopfer schluckt sie aber verdammt schnell, fuhr es ihr durch den Kopf. »Er denkt sich seinen Teil, er behält seine Frau im Auge, während ihm klarwird, dass ihre Anspannung nichts mit beruflicher Überlastung zu hat. Er hat möglicherweise eine Erklärung für die Abwehr, die Feindseligkeit seiner Tochter gefunden, die er bislang nie richtig verstanden hatte. Klingt das nicht einigermaßen plausibel für einen besorgten und verantwortungsvollen Vater, der mit großer Liebe an seiner Tochter hängt und um ihr Wohlbefinden bemüht ist, das für ihn schon immer an allererster Stelle stand?«
Lotte musterte sie auf unangenehm direkte Weise und hob das Kinn. »Worauf wollen Sie hinaus?«
Romy öffnete den Mund, als Kasper im gleichen Augenblick die Initiative ergriff. »Wir befürchten, dass Ihr Vater amDonnerstag seine Schachrunde abgesagt hat, um nach Göhren zu fahren«, sagte er leise und mit tiefer Stimme.
Lotte legte eine Hand über ihren Mund. »Sie meinen, er hat Monika getötet? Meinetwegen? Weil er glaubte, dass …« Sie atmete tief durch. »Aber Leihm war doch da …«
»Tatsächlich?«
»Mein Vater soll Monika getötet haben …«, murmelte sie perplex. »Was reden Sie da?«
»Wie standen Sie eigentlich zu Olaf Leihm?«, wechselte Romy abrupt das Thema. »Kannten Sie ihn näher?«
Lotte schüttelte verwirrt den Kopf. »Wie kommen Sie jetzt darauf? Und wieso sprechen Sie in der Vergangenheit, ich meine …«
»Nur der Vollständigkeit halber«, wiegelte Romy ab. »Was wissen Sie von Leihm?«
»Er ist der Schachfreund meines Vaters, und ich glaube, er mag mich nicht besonders«, antwortete Lotte endlich.
»Warum nicht?«
»Keine Ahnung. Müssen Sie ihn fragen.« Sie lächelte plötzlich. »Er hält mich wahrscheinlich für ziemlich verwöhnt, und er ist immer ein Fan von Monika gewesen.«
Romy tauschte einen schnellen Blick mit Kasper. »Frau Sänger, Olaf Leihm ist ebenfalls tot, und zwar seit gestern Abend. Der Tote wurde heute Morgen entdeckt. Wir glauben, dass Ihr Vater ihn getötet hat, weil Leihm das Alibi, das er ihm für den Mordabend gab, widerrufen wollte, als er begriff, welcher Tat sich sein Freund schuldig gemacht hatte.«
Lotte zuckte heftig zusammen. »Sind Sie verrückt?«, schrie sie. »Mein Vater soll zwei Menschen getötet haben – seine Frau und seinen besten Freund?«
»Haben Sie eine bessere Erklärung?«
»Ja!«»Vater, Mutter, Kind«, wiederholte David ein ums
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