Duenenmord
aus, und Fehler konnte in dieser Konstellation nur eine machen, nämlich sie, die böse Stiefmutter, wenn der Ausdruck erlaubt ist. Ich fand das Kind übrigens ausgesprochen verwöhnt und durchaus schlitzohrig und provozierend in seinem Bemühen, Monika gegen ihren Vater auszuspielen und an die Seite zu drängen.«
»Könnten Sie Beispiele dafür nennen?«
»Ehrlich gesagt – nein«, antwortete Maritta Dohl ohne Zögern. »Aus Monikas Schilderungen kann ich im Rückblick lediglich zusammenfassend wiedergeben, dass Lotte sie nicht respektierte und sich auch jeglichen Erziehungsbemühungen von ihrer Seite verweigerte. Was Moni anordnete, wurde schlicht ignoriert, und Michael hat das unterstützt, indem er seine Tochter gewähren ließ und so gut wie nie Monikas Partei ergriff.« Sie blickte einen Moment nachdenklich in die Ferne. »Wenn ich länger darüber nachdenke, war die Situation ziemlich anstrengend für Monika, stressig und nervenaufreibend. Aber sie hat immer wieder versucht, die Wogen zu glätten … Ich hätte das, ehrlich gesagt, nicht gekonnt, und das habe ich ihr auch so manches Mal gesagt.«
Monika als geduldige Stiefmutter, die sich von einem Kind nahezu vorführen ließ? Das war ein neuer Aspekt, konnte aber alles Mögliche bedeuten. Romy hatte dennoch Mühe, ihre Verblüffung zu verbergen. »Ist sie denn nie wütend geworden?«
»Sie klang manchmal verzweifelt, traurig.«
»Was ist mit unterdrückter Wut?«
»Das ist eine interessante Frage«, entgegnete Dohl. Sie stützte das Kinn auf eine Hand. »Sie haben recht«, meinte sie plötzlich verblüfft. »Es gab Situationen, auch im Zusammenhang mit Kindern in der Kita, da hatte ich das Gefühl, dass sie mühsam um Beherrschung rang. Allerdings«, sie lächelte erneut und winkte ab, »ringen die meisten Erzieher, Lehrer, Eltern zumindest hin und wieder um ihre Fassung. Das ist also wiederum nicht so ungewöhnlich.«
»Verlor Monika manchmal die Fassung und wurde wütend, jähzornig?«
Maritta Dohl atmete tief durch. »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus, Frau Kommissarin?«
Romy musterte die Erzieherin einen Moment. Durfte sie es wagen, brisante Interna wiederzugeben, um die Ermittlungenan einem sensiblen Punkt zu beschleunigen? Sie gab sich einen Ruck. »Es besteht der dringende Tatverdacht, dass Monika sich in mehreren Fällen des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht hat.«
»Das ist nicht Ihr Ernst«, flüsterte Maritta Dohl und schlug die Hände vor den Mund.
»Leider ja. Wir haben bislang ein Opfer aus den späten achtziger Jahren ausfindig machen können. An ihrer Aussage besteht nicht der geringste Zweifel«, betonte Romy. »Weitere Recherchen haben ergeben, dass Monika Sänger im Laufe ihrer Tätigkeit als Erzieherin und auch im privaten Umgang mit Kindern häufig mit Zorn und Aggressivität aufgefallen ist. Uns beschäftigt nun unter anderem die Frage, wie sie mit ihrer Tochter umgegangen ist.«
Maritta Dohl brachte sekundenlang kein Wort heraus. »Das kann ich nicht glauben«, meinte sie schließlich. »Niemals hätte ich …« Sie schüttelte den Kopf. »Solange wir zusammenarbeiteten, ist Derartiges nie vorgefallen«, betonte sie energisch. »Dafür lege ich beide Hände ins Feuer.«
Damit wäre ich sehr vorsichtig, dachte Romy.
»Und Lotte wäre schon schreiend zum Papa gerannt, wenn Monika sie auch nur schief von der Seite angeguckt hätte – das können Sie mir glauben!«, schob Maritta Dohl aufgebracht hinterher.
Wer weiß, warum das Kind so drauf war, überlegte Romy. Wir haben versäumt, uns gleich zu Beginn genauer mit der Familie zu beschäftigen. Ihr Unbehagen wuchs. Kurz darauf bedankte sie sich bei Maritta Dohl, nachdem sie sie eindringlich um Stillschweigen gebeten hatte, und verabschiedete sie wenig später. Die Frau wirkte völlig fassungslos. Ich habe ihr Bild von Monika komplett zerstört, dachte Romy.
Fine öffnete die Tür nach einmaligem Klopfen. »Das Institut hat angerufen. Ich soll dir ausrichten, dass sich der Anfangsverdacht bestätigt hat und Olaf Leihm in Folge eineshypoglykämischen Schocks gestorben ist. Abgesehen vom Opfer hat eine weitere Person DNA-Spuren auf dem Autositz und am Mantel sowie auf der Mütze hinterlassen«, erklärte sie mit leisem Triumph in der Stimme.
Romy pfiff leise und ballte kurz die Hände zu Fäusten. Ich wusste es, fuhr es ihr durch den Kopf.
»Außerdem stammen die Blutspuren im Auto eindeutig von Olaf Leihm«, fuhr Fine fort.
»Na bitte!«
»An seinen Medis sind
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