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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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und meinen Kumpel Gutti sagen wollte, und zwar sogar irgendwas Schönes: goldener Herbst, späte Liebe, noch einmal glücklich sein, Sicherheit und Geborgenheit – so was in die Richtung. Aber den möglichen goldenen Herbst hatte ihr dann ihr eigener Lümmel zusammen mit Guttmanns Nase zertrümmert, und Kubelka wusste auch genau, wieso er das getan hatte: „Das ist ja geradezu klassisch! Egal, wer bei dir angeklopft hätte, ob nun Brad Pitt, der glatte Schönling, oder Guttmann, der hoffnungslos Adipöse mit seinem ekelhaften Schweiß überall am behaarten Körper – dein Sohn hätte ihn nicht geduldet, alleine aus Gründen der Macht und Kontrolle, die er über dich ausüben musste, um sich selbst überhaupt noch zu spüren, im Übrigen: Hast du schon mal was von Ödipus Rex gehört? Nein? He, Rock, das wäre doch ein super Name für unsere Bar!“
    Ich brachte ihn mit einem gezielten Ellbogenschlag gegen seine Nase zum Schweigen, dann sagte ich zu Jolanda: „Aber dass er seine Jacke auf das fette Mädchen draufgelegt hat, das beweist immerhin, dass er kein ganz schlechter Mensch ist.“
    Da fragte Jolanda: „Auf welches fette Mädchen?“
    Und ich sagte: „Ach, hab ich dir das noch gar nicht erzählt?“
    ***
    Wir schickten Ku hinüber zu Lemmy, wo er sich weitere Namen für unseren Laden einfallen lassen sollte, und Jolanda und ich zogen uns an.
    Sie schlüpfte in ihren Mantel und warf sich einen dünnen Schal über, ich sagte: „Es schneit! Du brauchst unbedingt einen dicken Schal.“ Aber sie sagte: „Nein, der ist genau perfekt.“ Perfekt hätte ich nicht zu dem Teil gesagt, so hässlich, wie es obendrein war mit seinen Grün- und Blautönen. Wenn sie ihn sich selbst gekauft hatte, dann war mir ein Rätsel, wie sie mit so einem schlechten Kleidungsgeschmack so ein perfektes Gulasch kochen konnte. Wenn sie ihn geschenkt bekommen hatte, dann von jemandem, der sie hasste.
    Sie packte noch Kekse ein für ihren Jungen, und ich fuhr sie zu dem Gefängnis, in dem Ivo eingebuchtet war, und erledigte mit ihr auch gleich die Formalitäten am Eingang.
    Ich hätte sie auch zur Zelle begleitet, denn soviel ich von dem Radaubruder bisher wusste, war mit ihm nicht gut Kirschen essen, und mein Wumms war noch hart genug, um so einen Halbstarken auf die Knie zu zwingen.
    Aber Jolanda wollte mit ihrem Ivo unbedingt alleine sein, und da begann in mir das große Nachdenken, ob und wie lange sie ihn wohl gestillt hatte, und ob das etwas damit zu tun hatte, dass alles so gelaufen ist, wie es nun mal gelaufen ist?
    Ich wartete und rauchte und dachte nach, und dann sah ich, dass sie die Kekse vergessen hatte, die sie ihm doch eigentlich bringen wollte. Ich fand nicht, dass er Kekse verdiente, also schnappte ich mir die Dose und schaute mir jedes Einzelne genau an, und jetzt konnte ich mir noch besser vorstellen, warum es für Guttmann ein harter Schlag wäre, Jolanda endgültig zu verlieren, denn diese Dinger waren nicht so trocken und staubig wie die im Heim, an die ich mich nun wieder erinnern konnte.
    Ich aß sie alle auf.
    Schon nach einer Viertelstunde kam Jolanda wieder heraus, ich zeigte ihr die leere Dose und sagte: „Du hast die Kekse vergessen.“
    Aber das interessierte sie nicht, außerdem waren sie jetzt sowieso alle weg.
    Als wir in Richtung Ausgang latschten, sagte ich zu ihr: „Ich kann Herschel, den Juden, aus Tel Aviv einfliegen lassen, er war früher Anwalt, und zwar der beste. Er kann Ivo da rausholen mit seinem Schandmaul, dein Ivo wird sich gar nicht mehr erinnern können, dass er überhaupt mal im Gefängnis war.“
    Aber Jolanda sagte mit fester Überzeugung: „Nein, das wird er nicht tun.“
    Ich beharrte zunächst noch darauf, aber sie schien es irgendwie besser zu wissen. Vielleicht war es mütterliche Intuition oder so was, soll sich einer auskennen mit den Müttern!
    Als ich ihr die Tür öffnete, ließ ich ihr natürlich galant den Vortritt, das waren so die Sachen, die ich von Dirty Willi fürs Leben gelernt hatte, und wofür ich ihm ewig dankbar war. Draußen stellte ich meinen Mantelkragen hoch, weil ich es nicht mochte, wenn mir der Schnee hinten hineinfiel, und dann wollte ich ihr diesen hässlichen Schal um die Schultern legen, aber da bemerkte ich, dass sie ihn gar nicht mehr trug, ich fragte: „Wo ist denn dein Schal?“
    Sie schaute mich lange an, und dann sagte sie: „Er hat nie getan, was Mami von ihm wollte. Aber diesmal wird er es tun.“
    Dieser Satz war für mich zunächst so

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