Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
Vom Netzwerk:
hieß, sondern Jolanda Biskić, und ihr Sohnemann … nun ja, der hieß auch Biskić, und jetzt kapierte ich langsam.
    Freilich hatte sie früher schon mal erwähnt, dass sie ihre Familie dort unten zurückgelassen hat, „Ewige Schuld und Schande über mich!“, hat sie dann immer geheult, und dann tranken wir Plavac und sie vergaß wieder ihre Schuld und Schande, und keiner interessierte sich weiter für ihre Familie, denn wie sagte Kubelka immer: „Wie nennt man die Blutsbande, die einen ins ewige Verderben stürzt? – Familie!“
    Ich sagte: „Das ist ja mal eine Story! Und wie willst du ihr das alles beibringen?“
    Er sagte: „Ich gar nicht!“
    „Warum nicht?“
    „Angst!“
    Guttmann und die Frauchens!
    Ich seufzte leicht verzweifelt, und Ku kicherte abfällig.
    Oft genug hatte ich Gutti schon angeboten, dass er mit mir ins Pink Flamingo kommen soll, „Du musst ja dort nichts konsumieren, nimm halt einfach nur einen Drink!“, hab ich immer wieder zu ihm gesagt, aber er wollte einfach nicht. Dabei hätte er dort jede Menge Ladys in Echt sehen und ihnen für den Anfang vielleicht mal an den Arsch fassen oder sie am Ende, wenn man gegen die aufsteigende Sonne betrunken hinauswackelte, sogar umarmen können.
    Aber lieber blieb er zuhause und aß Würfelzucker, und jetzt sah er seine fette Weihnachtsgans bei Jolanda endgültig den Bach hinunterschwimmen, weil er Angst vor ihr hatte und ihr nicht zu sagen traute, dass ihr Sohn ein Vergewaltiger und vielleicht sogar ein Mörder war.
    Ich wollte aber nicht, dass es für ihn so traurig endete, also stieß ich ihm noch eine schmale Tür in den schönen Raum Hoffnung auf, obwohl: So fett, wie er mittlerweile war, hatte ich echt keine Ahnung, ob er durch diese Tür überhaupt noch hindurchpassen würde. Ich stellte ihm die zwei Karten für die Schulaufführung in Aussicht (obwohl: So fett, wie er war, hatte ich auch keine Ahnung, ob er in so einen Schulsessel überhaupt hineinpassen würde!), und er fragte: „Was ist das?“
    Ich sagte: „Ballett.“
    „Nein!“
    „Doch!“
    „Das musst du mir jetzt aber erklären.“
    „Da tanzen ein paar junge Mädchen in kurzen Kleidchen, werfen die Beine hoch und zeigen einfach alles.“
    Das mit den kurzen Röckchen interessierte ihn, denn er sagte: „Aber schön weit vorne, ok?“
    Ich versprach ihm: „Erste Reihe. Das Stück heißt Der Nussknacker und ist von Tschüssikowski.“
    „Und worum geht’s da?“
    Ich sagte: „Um Nüsse!“
    ***
    Kubelkas Deal mit Ronnie war, dass dieser bis heute Punkt 12 Uhr mittags seine ausstehenden Psychopathen-Honorare bei ihm begleichen musste, andernfalls würde der Laden gemäß Vertrag in Kubelkas Eigentum übergehen. Nun starrte er also gebannt auf die Uhr am Armaturenbrett meines Datsuns, die noch mit Zeiger arbeitete, und als der endlich die Zwölf berührte, schrie er: „Yeah!“ Dann ballte er die linke Hand zur Faust und reichte mir die rechte zum Gruß, und ich schlug ein.
    Seit Punkt 12 Uhr kutschierte ich also einen frisch gebackenen Tabledancebar-Besitzer durch die Stadt, was die Sache gleich sehr viel angenehmer machte, man verhielt sich einfach ganz anders einem Kumpel gegenüber, der kein Seelenschuster im Hauptberuf mehr war, sondern ein richtiger Schweinepriester.
    Und was die Sache dann richtig perfekt machte, das war, dass mir von seiner Nacktbar 70 Prozent gehörten.
    Während der ganzen Weiterfahrt zurück zum Brunnenmarkt lag er mir dann mit seinen Plänen für unsere Bar in den Ohren und erfand Namen, die er dem Laden geben wollte, und er träumte von Tagesumsätzen, die Lemmy in einem anderen Sektor der heimischen Wirtschaft in einem ganzen Jahr nicht schaffte. Aber es war immerhin das erste Mal in diesem Winter, dass ich nicht bereute, aufgestanden zu sein. Nur eines machte mir ein wenig Sorgen: „Glaubst du, Ronnie wird den Verlust verkraften?“
    Er sagte: „Rock, das ist nicht die richtige Frage, die richtige Frage lautet: Wann krieg ich meinen Schlüssel?“
    Lächelnd zog er einen Riesenhaufen Schlüssel heraus, suchte ein paar Minuten lang nach meinem, und dann: „Voilà, Partner!“
    Das war ein erhebender Moment, als ich meinen Generalschlüssel einsteckte.
    In Jolandas Hard & Heavy setzte ich Ku dann an einen Tisch nahe beim Ofen, drückte ihm ein paar Servietten und einen Stift in die Hand und sagte: „Schreib einfach mal ein paar geile Namen für unseren Laden auf, und dann reden wir in Ruhe über das Plus und Minus,

Weitere Kostenlose Bücher