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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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einem Bauernhof untersucht.«
    »Ja. Zufälle gibt’s.«
    Pia drückte ihr Kreuz durch. Sie konnte langsam nicht mehr so sitzen. Das Baby strampelte. Die kleinen Füße schienen ihren unteren Rippenbogen zu attackieren. Ihr Bauch bebte. Lessing sah so aus, als hätte er für einen Moment den Faden verloren. »War das alles?«, fragte Pia, »oder kann ich sonst noch irgendwie Auskunft geben?«
    »Wenn etwas Außergewöhnliches passiert in diesem Ort Düsterbruch, wäre ich gern darüber informiert.«
    »Ist damit auch so etwas wie eine deutsch-russische Hochzeit gemeint?« Pia erhob sich. »Eine russische Swabda soll ja ein Erlebnis sein.« Ihr war nicht gut. Sie wollte möglichst schnell raus aus dem Besprechungsraum.
    »Genau«, sagte Lessing. Der Spott prallte an ihm ab.
    »Ich organisiere dir eine Einladung.« Ein durchdringender Schmerz ließ Pia zusammenfahren. Sie griff nach der Tischkante. Kleine Sünden strafte der liebe Gott immer sofort, oder wie war das? Was passierte mit ihr? War dieses fiese Ziehen im Bauch etwa eine richtige Wehe? Es fehlte gerade noch, dass das ausgerechnet jetzt losging! Geschah das nicht normalerweise nachts im Bett? So hatte sie sich das jedenfalls nicht vorgestellt.
    Der Schmerz nahm weiter zu. Wie lange dauerte so eine verdammte Wehe? Endlich, nach einer kleinen Ewigkeit, ebbte das Gefühl, auseinandergerissen zu werden, ab. »Ich muss jetzt gehen. Ich habe gleich noch einen Termin.« Pia wunderte sich, wie ruhig sie klang. Sie ging vorsichtig, nicht recht wissend, ob sie ihrem Körper trauen konnte, in Richtung Tür. Wenn sie erst mal draußen war …
    »Stimmt was nicht?« Er war schneller auf den Beinen, als sie es ihm bei seiner Statur und einem geschätzten Gewicht von knapp hundert Kilo zugetraut hätte. Dagegen war sie trotz der zwölf Kilogramm, die sie durch die Schwangerschaft zugenommen hatte, leicht. Offensichtlich war sie aber nicht mehr so beweglich wie er.
    »Alles in Ordnung?« Sein Gesicht war plötzlich direkt vor dem ihren.
    Er roch eigentümlicherweise nach Meer und etwas Grünem, Frischem. Und sie spürte, wie die nächste Wehe heranrollte. Pia hielt sich am Türrahmen fest und versuchte, tief ein- und auszuatmen. Warum hatte sie eigentlich darauf verzichtet, an einem Geburtsvorbereitungskurs teilzunehmen? Ach ja, richtig! Kinderkriegen war ja eine ganz natürliche Sache. Das hatte die Natur doch so eingerichtet. Aber das hier … Sie konnte nichts tun, als abzuwarten, bis der Schmerz nachließ. Und als es so weit war, spürte sie stattdessen Lessings Hand wie einen Schraubstock an ihrem Oberarm. Das würde einen hübschen blauen Fleck geben. »Du kannst mich loslassen«, sagte Pia. »Ich falle nicht um.«
    »Entschuldigung.« Er trat einen Schritt zurück. »Kann ich irgendetwas tun?«
    Die nächste Wehe kündigte sich an. Wie war das gewesen mit den Abständen am Anfang? Lagen die Wehen zehn Minuten auseinander? Fünf Minuten? Das hier ging eindeutig zu schnell.
    »Ein Taxi bestellen?«, schlug sie vor.
    »Kommt etwa das Kind? Jetzt?« Immerhin war es ihr gelungen, doch noch ein wenig an seiner Eiszapfen-Fassade zu kratzen. Er wirkte verunsichert. Lessing fischte ein winziges Mobiltelefon aus seiner Tasche. »Weißt du die Nummer eines Taxirufs in Lübeck? Oder soll ich einen Rettungswagen alarmieren?«
    Rettungswagen – eine ganz üble Assoziation. »Ich muss nicht gerettet werden«, sagte sie scharf. Die Wehenpause erlaubte ihr, die Tür aufzureißen und auf den Gang hinauszutreten. Das Kommissariat 1 lag verlassen da. In Pias Wohnung befand sich seit Wochen ein Zettel, auf dem sie mehrere Taxinummern notiert hatte. Normalerweise wusste sie auch eine auswendig, nur gerade jetzt nicht. »Bis ich mit dem Fahrstuhl unten bin, hat sich bestimmt ein Taxi gefunden«, sagte Pia und machte sich bereit für die nächste Wehe. Da kam sie schon. Wie aus weiter Ferne hörte sie Lessing telefonieren. Das war jetzt wohl nicht die Art von Stress-Situation, auf die er stand. Adrenalinjunkies waren sie ja mehr oder weniger alle. Aber eine Frau mit Wehen … Wahrscheinlich hatte er nun einfach die Zentrale im Haus angerufen und um Hilfe gebeten.
    Der Schmerz ebbte ab. Pia ging den langen Gang hinunter zum Fahrstuhl. Lessing, der ihr pflichtschuldig hinterherlief, hielt sich immer noch an seinem Mobiltelefon fest. Auf dem Weg nach unten starrte er auf die Fahrstuhl-Anzeige, die langsam, ganz langsam, in Richtung Erdgeschoss tendierte. Sein Gesicht sah nicht mehr ganz so

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