Düstere Sehnsucht - Feehan, C: Düstere Sehnsucht - Deadly Game
bringen konnte, war nicht mehr da, und ein Fremder hatte seinen Platz eingenommen.
Er hatte eine Entscheidung getroffen; obwohl er mit eigenen Augen gesehen hatte, was Whitneys Experimente aus den Männern machten, hatte Sean beschlossen, daran teilzunehmen.
»Ich bin bereit«, sagte Sean und biss die Zähne zusammen. »Er wird dich nicht mehr quälen.«
Mari spürte Tränen in ihren Augen brennen. Messer hatten die Schusswaffen abgelöst, und das, was passieren würde, war mit keinem Mittel zu verhindern. Irgendwo wurde all das aufgezeichnet, als handelte es sich um ein Videospiel und nicht um das wirkliche Leben. Ein Mann mit toten Augen beobachtete sie alle so teilnahmslos, wie er Insekten beobachtet hätte. Er spielte mit ihrer aller Leben und zeichnete alles emsig auf, und all das tat er im Namen der Wissenschaft und der Vaterlandsliebe. Sean irrte sich so sehr. Whitney quälte sie weiterhin. Er hatte ihr einen weiteren Menschen genommen, aus dem sie sich etwas machte.
Sie kannte kein anderes Leben, und die anderen Frauen kannten es auch nicht. Sie hatten von Flucht gesprochen, hatten sie monatelang geplant, aber bis jetzt hatten sie immer einen Grund gefunden, noch damit zu warten, noch einen weiteren Tag durchzuhalten. Ungeachtet ihrer Ausbildung und der Weiterentwicklung ihrer genetischen und übersinnlichen Anlagen sah die simple Wahrheit so aus, dass sie sich davor fürchteten, was sie außerhalb des Geländes vorfinden könnten.
In ihrem ganzen Leben hatte sie nicht ein einziges Mal mit jemandem geredet, der nichts mit dem Gelände zu tun hatte. Die Wächter und die Zäune waren nicht die einzigen Dinge, die sie gefangen hielten. Die Furcht hielt sie ebenso wirksam zurück wie die Wächter. Die Furcht vor dem, was Whitney Briony antun würde. Die Furcht um die anderen Frauen. Die Furcht, als Soldaten doch nicht gut genug zu sein. Die Furcht vor der Außenwelt.
Sie wusste ehrlich nicht, ob sie außerhalb dieses Geländes überleben konnte. Die brutalen Jahre der Ausbildung, der Disziplin, der Waffen und der Kontrolle waren, so weit sie zurückdenken konnte, ihr Leben gewesen. Jeder Moment der Ausbildung, die sie erhalten hatte, war dazu gedacht gewesen, sie zu einem besseren Soldaten zu machen – zu einer besseren Waffe. Den anderen Frauen ging es genauso. Sie hatten keine Familie, keine Freunde und niemanden, der für sie eingetreten wäre.
Eine Alarmanlage ertönte, ein irrsinniges Kreischen, und ihr Herz wäre fast stehen geblieben. Was war, wenn Ken entdeckt worden war? Sie umklammerte die Gitterstäbe, und ihre Knie wurden weich vor Furcht. Sie würden ihn töten. Ken. Sie versuchte mit ihm in Kontakt zu treten, wobei sie sorgsam darauf achtete, die Energie so gering zu halten, als spräche sie mit den anderen Frauen, wie sie es abends oft tat. Ich muss wissen, dass du am Leben bist.
Ich bin hier, Schätzchen, auf dem Weg zu dir.
Ich höre die Sirenen. Ich habe mich schon mit sämtlichen Frauen in Verbindung gesetzt. Sie sind alle in ihren Zimmern und in Sicherheit.
Das Haus dieses elenden Perversen, dieses Arztes, ist in die Luft geflogen. Es ist eine wahre Tragödie.
Sie zwang sich einzuatmen. Du bist doch kein Risiko eingegangen,
oder? Mit Prauder werde ich fertig. Das gehört nun mal dazu.
Erzähl mir keinen Blödsinn. Kens Brust schnürte sich zusammen. Er wollte sie nie wieder in der Nähe von Prauder, Whitney, Sean oder diesem gemeinen Lumpen Brett wissen. Erzähl mir, was los ist. Und sag bloß nicht, es sei alles in Ordnung. Ich kann spüren, dass etwas nicht stimmt.
Sie zögerte.
Verdammt nochmal, Mari. Ich verliere allmählich den Verstand. Ich kann mir alle erdenklichen wirklich unangenehmen Dinge ausmalen, also sag es mir rundheraus.
Ich bin in Sicherheit. Eingesperrt. Sean und Brett versuchen draußen vor meiner Tür, sich gegenseitig umzubringen.
Sie holte tief Atem, stieß ihn aus und konzentrierte sich auf die Kamera im Flur. Brett war ein wahrer Rohling, dem es Spaß machte, anderen wehzutun. Er hatte versucht, ihren Willen zu brechen, und dabei war er so weit gegangen, die Grenzen zu überschreiten, die Whitney ihm gesteckt hatte, doch es war ihm trotzdem nicht gelungen. Brett hatte eine gute Ausbildung erhalten, und seine genetischen Anlagen waren gesteigert, und daher war seine Kraft einfach phänomenal. Sie sollte es wissen; schließlich hatte er seine Kraft wiederholt gegen sie eingesetzt. Sean war der perfekte Soldat, schnell, zäh und kampferprobt, fähig,
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