Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)
an.
»Es war nur so eine Idee«, sagte er. »Er wollte bei seinem Kotten spazieren gehen. Ich dachte, vielleicht ist er vorbeigekommen und hat geklingelt, um Guten Tag zu sagen.«
»Nein, er war nicht hier.« Helga rollte näher heran. »Spazieren, sagen Sie?«
Hambrock warf einen Blick ins Hausinnere. Im Wohnzimmer war der Tisch festlich gedeckt. Es duftete nach einem Festessen. Die Kinder schoben Spielzeugautos durch die Diele. Alles deutete auf einen trauten Familiensonntag. Es sah nicht so aus, als ob Carl hier wäre.
»Ja, ganz richtig. Wahrscheinlich ist er längst wieder zu Hause. Entschuldigen Sie die Störung.«
»Vielleicht ist er zur Kiesgrube hochgelaufen«, sagte Helga. »Man weiß ja nie.«
»Gut möglich.«
Er verabschiedete sich und kehrte zum Auto zurück. Sein Blick fiel auf das Scheunentor. Es stand einen Spalt weit offen. Er hätte schwören können, dass es gerade noch geschlossen gewesen war. Unschlüssig blieb er stehen.
Plötzlich war da ein Feuer. Es wurde hell in der Scheune, überall flackerndes Licht. Es brannte.
Sofort lief er los. Überquerte den Hof mit wenigen großen Schritten, stieß das Tor auf und stürzte hinein.
Das Feuer war neben den Landmaschinen ausgebrochen. Kisten, Bretter, Schränke, alles stand in Flammen. Vor dem Feuer stand eine Gestalt, die ihm den Rücken zugewandt hatte. Es war Manfred Schulte-Stein. Er hielt den Lauf eines Jagdgewehrs mit beiden Händen umklammert und schwang es über seinen Kopf. Vor ihm lag ein lebloses Knäuel auf dem Boden. Carl Beeke. Hambrock begriff, dass Manfred mit dem Kolben auf den wehrlosen Alten einschlagen wollte.
Er griff nach der erstbesten Waffe, die er zu fassen bekam. Es war ein Besen mit einem robusten Holzstiel. Er holte aus und ließ ihn mit voller Wucht auf Manfreds Hinterkopf sausen. Ein Volltreffer. Manfred sackte augenblicklich bewusstlos zusammen. Hambrock warf den Besen zur Seite. Er hatte nur noch Augen für Carl Beeke, der noch immer reglos am Boden lag. Die Flammen breiteten sich schnell aus. Sein Ärmel hatte bereits Feuer gefangen.
Hambrock riss sich seinen Mantel vom Körper, hockte sich neben ihn und löschte die Flammen. Die Verbrennungen schienen nicht stark zu sein, aber vielleicht täuschte er sich. Vorsichtig hob er den leblosen Körper auf. Er war leicht wie eine Puppe.
Draußen empfing sie eisige Luft. Hambrock warf seinen Mantel auf den Boden und legte Carl Beeke vorsichtig ab. Dann zog er sein Handy hervor und rief Feuerwehr und Notarzt. Bevor er in die Scheune zurückkehrte, prüfte er Carl Beekes Puls. Zuerst war da nichts, doch dann konnte er einen schwachen Puls spüren.
Beeke öffnete die Augen und sah den Kommissar erschöpft an.
»Hilfe ist unterwegs, Herr Beeke. Sie sind verletzt, aber es sieht nicht schlimm aus. Der Notarzt ist gleich hier. Halten Sie durch.«
Der alte Mann lächelte. »Herr Hambrock.« Dann sank sein Kopf zurück auf den ausgebreiteten Mantel.
Hambrock sprang wieder auf und rannte zurück in die Scheune. Manfred Schulte-Stein musste noch im Gebäude sein. Die Flammen hatten sich rasend schnell ausgebreitet. Selbst der Dachstuhl hatte Feuer gefangen.
Beißender Qualm schlug ihm entgegen. Er kniff die Augen zusammen und lief weiter. Die Orientierung fiel ihm schwer, denn wo er auch hinsah, waren Rauch und Flammen. Doch schließlich glaubte er zu wissen, wo die Stelle war, an der er Manfred zurückgelassen hatte.
Plötzlich ertönte ein lauter Knall. Hambrock stolperte zurück. Ein Kanister mit Spritzmittel war in die Luft gegangen. Der Rauch wurde dichter. Er bekam keine Luft mehr. Hitze schlug ihm von allen Seiten entgegen. Er musste zu Manfred, und zwar schnell. Ein paar Meter weiter bemerkte er eine Ölspur, die Feuer gefangen hatte. Sie führte zu den beiden Traktoren, die innerhalb von Sekunden in Flammen aufgingen. Die Benzintanks!
In allerletzter Sekunde stürzte Hambrock aus der Scheune. Eine riesige Explosion ließ alles erschüttern. Die Druckwelle warf ihn ein paar Meter zurück. Er landete hart auf dem gefrorenen Boden.
Er stolperte zurück zum Scheunentor und suchte nach einem Weg ins Innere. Doch vor ihm breitete sich ein Flammenmeer aus. Hilflos lief er von links nach rechts. Doch es war zu spät. Manfred war verloren.
Hambrock trat einen Schritt zurück. Er konnte nichts mehr tun. Ein durchdringender Schrei übertönte den Lärm des Feuers. Hambrock wandte sich um. Helga war auf den Hof gerollt und starrte zur brennenden Scheue. Sie begriff,
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