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Duftspur

Duftspur

Titel: Duftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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spiegelt sich verzerrt. Ich muss an schleudernde Wäsche in einer Trommel denken. Meine Klamotten sollte ich aus der Maschine holen, bevor es jemand anderes tut.
    »Was weißt du über Michael?«, frage ich ihn.
    »Nicht viel«, gibt er Auskunft und berichtet, dass Michael jedes Jahr hierher komme, dass er bei den Frauen gut ankomme, und wenn er komme, höre das ein jeder und eine jede, auch Greta, die nicht immer direkten Anteil daran habe. Jetzt guckt Kurt noch eine Spur leidender als zuvor. Ach ja, fällt ihm ein, und früher habe Michael so einen quirligen Zwerg als Partner auf seinem Stand gehabt, doch der sei seit zwei Jahren nicht mehr dabei gewesen. Der Zwerg interessiert mich. Kurts Beschreibung passt ziemlich genau auf das kleine Männchen, das mir eben noch im Flur begegnet ist. Napoleon würde der Gnom sich nennen und habe sich offensichtlich in der Epoche vertan.
    »Was war denn deiner Meinung nach im Koffer?«, fragt Kurt.
    »Darüber kann ich auch nur spekulieren, ich weiß nur, dass seit Sonntagabend zwei Männer verschwunden sind.«
    »Aus dem Koffer baumelte ein Schnürriemen«, erinnert sich Kurt.
    »Rot?«
    »Weiß.«
    Wir starren beide aus dem Fenster.
    Die Tür hinter uns schwingt auf und eine der Linas streckt den Kopf in die Küche.
    »Wenn ihr Michael seht, sagt ihm, dass die zwei Leute nach ihm gefragt haben.«
    »Was für Leute?«, fragen wir fast gleichzeitig.
    »Keine Ahnung. So zwei Typen. Der eine groß, hager und hässlich, der andere war so einer mit zu viel Gel im Haar«, sagt das Mädchen und wendet sich zum Gehen.
    Das werden die Mustangs gewesen sein.
    »Warte noch einen Moment«, rufe ich sie zurück.
    »Wollte Michael wissen, wenn zwei Männer nach ihm fragen?«
    »Ja, er hat extra angerufen deswegen.«
    »Wann?«, fragt Kurt. Linas Pupillen fixieren einen Punkt links unterhalb ihres eigenen Ponys.
    »Ich meine, er hat Montagfrüh angerufen. Ja, genau. Montag, gleich nach dem Milchmann.«
    »Um wie viel Uhr war das genau?«
    »So um acht, denke ich mal, aber beschwören kann ich es nicht. Was ist eigentlich los? Jeder fragt nach Michael.«
    »Wer denn noch?«
    »Ein Kunstschmied hat auch schon nach ihm gefragt. Einer von den Mittelalterleuten.«
    »Napoleon«, murmelt Kurt.
    »Ich muss dann mal wieder. Die Kuschler rufen. Ihr wisst nicht zufällig, wo man eine Sauna mieten kann?« Während wir noch mit den Köpfen schütteln, ist die Praktikantin schon wieder weg.
    »Genug geschnackt«, haut Kurt auf den Tisch, dass die Zuckerdose kippelt, »Deck schrubben!« Er schickt mich Putzmittel holen. Auf dem Weg nach unten bin ich schon fast erleichtert, dass Michael nicht seit Sonntagabend tot im Koffer gelegen haben kann, wenn er Montagfrüh noch telefoniert hat. Halt, halt, bemerkt Kalle, vielleicht war Sonntagabend auch ein Wildschwein drin, doch Montagvormittag nicht mehr. Mist, damit könnte er recht haben.
     

46
     
    Als ich in der Waschküche ankomme, ist die Maschine gerade fertig. Eilig hole ich meinen Kram aus der Trommel. Aus der feuchten Hosentasche ziehe ich den zerknautschten Umschlag. Viel ist nicht mehr zu erkennen, zumindest von außen. Der Adressaufdruck ist völlig verschwunden. Vorsichtig öffne ich den Umschlag, jetzt bloß nichts einreißen, was hinterher bei der Aufdeckung einer Straftat von Nutzen sein könnte. Der Brief besteht aus drei Bögen, die fest zusammenpappen. Da es sich hierbei um Kopien handelt und nicht um Tintenstrahlausdrucke, sind die Buchstaben noch halbwegs lesbar. Kaufvertrag steht in Fettschrift oben auf Blatt eins. Daneben steht noch ein Wort, handschriftlich. Es ist nicht sehr deutlich, vielleicht ›Entwurf‹. Das abgebrannte Haus gehört laut diesem Dokument immer noch dem alten Besitzer, einem Dr. Anton Bähner, der in Düsseldorf lebt. Auf dem letzten Papier, neben Michaels Unterschrift, die nur zu erahnen ist genauso wie ein krakeliges ›i. O.‹, klebt ein gelbes, gefaltetes Zettelchen, darauf eine noch lesbare Notiz: Alles Weitere in Ihrem Büro, wie besprochen. Was das nun wieder bedeuten soll? Die Frage richtet sich an den Advokat und der beginnt eine ungeordnete Aufzählung, worin Wörter wie Grundschuldeintrag und letzter Wille vorkommen.
     
    »Hier treibst du dich rum«, werde ich angefahren. Vor Schreck wäre mir beinahe der Brief aus den Händen gefallen.
    »Los, weiter sägen«, kommandiert Udo.
    Ich erkläre ihm, ich würde Kurt helfen.
    Dem sei nicht mehr zu helfen, gibt er ohne Zögern kund. So wie er es sagt, ist

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