Duftspur
viel und behalten nicht alles«, versuche ich mich kryptisch auszudrücken um nichts preisgeben zu müssen.
»Als du was auf die Nuss bekommen hast, da haste wohl was mitgekriegt von Udos Nebenbeschäftigung«, reimt Kurt sich zusammen. Ich belasse es dabei und nicke nur.
»War da tatsächlich ein Wildschwein im Koffer? Hast du ihm etwa beim Zerlegen geholfen?«, setze ich nach.
»Nee, nee, wo denkst du hin. Ich hab nur ein Auge zugedrückt, wenn er sich was aus der Küche geliehen hat. – Was ist nun mit deiner blauen Deern?«, lenkt Kurt von sich ab.
»Gut, dass du das erwähnst. Ich muss unbedingt Alfons anrufen.« Ich solle mir keinen Zwang antun, meint er und gestattet mir das Telefonieren vom Küchenapparat aus.
Alfons sei verschwunden, erfahre ich von der Dame aus dem Büro der Einrichtungsleitung. Man mache sich große Sorgen. Seit Sonntag sei er nicht mehr aufgetaucht. Man überlege fieberhaft, wo er stecken könnte und habe auch schon die Polizei alarmiert. Die Werkstatttruppe sei völlig durcheinander. Man wisse nicht, was man noch tun solle. Wer ich überhaupt sei? Der zukünftige Hausmeister, würde ich zu gerne antworten, doch wird mir schmerzlich bewusst, dass Alfons meinen Namen bei der Leitung nicht mal angesprochen haben kann, sonst wüsste die Frau doch mit Himmel was anzufangen. So oft kommt der Name schließlich auch nicht vor. Allerdings, versucht mein internes Motivationsprogramm gegenzusteuern, hast du den Namen der Frau am anderen Ende der Leitung verstanden? Nein, muss ich gestehen. Himmel sei mein Name, wiederhole ich. Ah, ja, Alfons habe in großen Tönen von mir gesprochen und ob ich nicht wisse, wo er sich aufhalten könnte. Ich drücke mein Bedauern aus und verabschiede mich.
45
»Kurt, bist du sicher, dass in dem Koffer nur Wildschwein war?«
»Wie meinst du denn das nun wieder?« Mit dieser Bemerkung habe ich offensichtlich Kurts Zorn geweckt. Er schleudert mir einen stinkenden Schwamm ins Gesicht, schiebt mir Schrubber und einen Eimer Wasser vor die Füße und verlässt die Küche. Oh, so ein Mist! Ausgerechnet dem Kurt musste ich auf die Füße treten.
»Hey«, rufe ich ihm nach und folge ihm, »war doch nicht bö ...«, weiter komme ich nicht, denn mit meinem Schwung pralle ich gegen Obelix’ Bauch. Kurt hat es sich wohl anders überlegt und ist zurückgekommen. Die Begegnung unterm Türrahmen lässt mich torkeln.
»Nee, bin ich nicht, um deine dämliche Frage zu beantworten.« Mit ausdruckslosem Gesicht sinkt Kurt schwer auf die Bank nahe dem Fenster. Ich gieße ihm eine Tasse seines Kaffees ein und beginne mit der Putzaktion. Als erstes widme ich mich den Arbeitstischen.
»Nee, hier stimmt was nicht und ich bin nicht sicher, ob ich mit dir darüber reden soll oder ob du nicht der Grund dafür bist, dass hier was nicht stimmt. Bevor du kamst, stimmte nämlich alles.« Das sagt Kurt mehr zu seinem Kaffeepott als zu mir.
»Ich bin nur zufällig hier. Das alles wäre auch ohne mich passiert, denn die Wurzel allen Übels sitzt im Hungerturm. Wenn sie überhaupt die Wurzel ist und nicht nur die Blüte.«
»Wie meinst du denn das schon wieder? Nu red mal Tacheles!«, fordert Kurt.
»Und nun hör mit der Wuselei auf. Setz dich, du machst mich ganz nervös.«
Ich setze mich und erzähle ihm von Michaels Hobby und Lucas Beihilfe. Ich erwähne auch die zwei Kerle, die heute auf dem Hof verhaftet worden sind. Ich untermaure die Geschichte von Amber und den Pottwalen mit dem, was Luca dazu erzählt hat und mit dem, was ich im Internet recherchiert habe. Beim Thema illegale Walfänger muss Schiffskoch Kurt heftig beipflichten, dass das mit eines der größten Verbrechen an der Natur ist. Dass Luca und ich im brennenden Haus waren, erzähle ich nicht. Wobei mir gerade im Moment wieder einfällt, dass ich Greta in der Nacht gesehen habe und sie auf mich einen dampfenden Eindruck gemacht hat. Ich frage mich laut, ob Greta weiß, wo Michael ist und ob sie in seine Geschäfte eingeweiht ist. Immerhin verkauft auch sie Schmucksteine. Den Rest lasse ich ungesagt und Kurt springt darauf an.
»Nee, Greta doch nicht. Die ist grundanständig. Mit eine der ehrlichsten Frauen, die ich kenn, von Theresa mal abgesehen«, seine Augen beginnen zu leuchten bei dem Namen Theresa und erlöschen, sobald er verhallt ist. Die Elfe, kombinieren Kalle und ich messerscharf. Kurt richtet seine Aufmerksamkeit auf die vor ihm stehende, bauchige, silbrig glänzende Zuckerdose. Sein verträumter Blick
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