Duftspur
eines Ritterordens aus Mecklenburg-Vorpommern aufgestellt werde. Für uns bedeute dies, dass wir die Claims abstecken und Planken auslegen müssen, denn eine deutliche Wetterbesserung sei nicht in Sicht und das Areal bis dahin nicht trocken. Das war bisher die längste Aneinanderreihung von Wörtern zu zwei korrekten Sätzen, die der schnauzbärtige Kirmesmensch an mich gerichtet hat. Bei der gemeinsamen, schweigsamen Schufterei merkt Udo, dass wir auch wortlos gut miteinander arbeiten können. Jeder Handgriff sitzt. Abmessen, Pflock schlagen, Planken ausladen und auslegen. Nach nur rund zwei Stunden sind wir damit fertig und Udo scheint zufrieden. Zumindest nickt er mir zu und meint, ich könne mich jetzt wieder beim Boss melden, wir seien hier fertig.
Während ich mich verhalten nickend abwende, klingelt Udos Handy.
»Du sollst mich doch nicht anrufen«, höre ich ihn ins Mobilteil schimpfen.
Zu gerne wüsste ich, wen er da anraunzt und wer die Frechheit und zugleich den Mut aufgebracht hat, ihm zuwiderzuhandeln. Geliebte dürfen nicht anrufen und Komplizen auch nicht, meint Kalle fachmännisch, der sein Wissen ausschließlich aus Krimis bezieht.
44
Auf der Suche nach Jörn begegne ich dem kleinen Händler wieder, der vor Stunden um die Mustangkerle herumgesprungen ist. Mit kleinen Schritten wieselt er auf mich zu, der ich mich auf dem Weg nach oben in die Küche befinde. Wann der Kiosk aufmache, möchte er wissen. Die Frage kann ich ihm nicht beantworten, doch ich weiß, dass dort ein Zettel pappt, wo die Zeiten draufstehen. Er bedankt sich und tippelt an mir vorbei nach unten. Nur Kurt ist in der Küche und er weiß nicht, wo Jörn sich aufhält.
»Hier, trink einen Kaffe«, lädt er mich ein, »und danach kannst du mir beim Deckschrubben helfen.«
»Hast du was von dem Brand gehört«, frage ich im Plauderton.
»Oh, üble Sache das«, beginnt er und seine Augenbrauen kräuseln sich besorgt. Ob ich wusste, dass Michael sich das Haus kaufen wollte. Er hätte zumindest den Vertrag schon unterzeichnet. Da sei er, Kurt, persönlich anwesend gewesen. Wenn Michael den Brief aufgegeben hätte, dann wäre das Pech auf der ganzen Linie. Versichert sei die Bruchbude wohl nicht in ausreichendem Maße, darauf verwette er seinen Bart. Wenn doch, dann hieße das auch nichts Gutes. Ruckzuck stünde Michael dann unter dem Verdacht der Brandsanierung. Siedendheiß fällt mir der Brief ein, den ich unter dem einen Bett hervorgezogen habe. Ich greife mir in die Tasche. Nichts. Kann ja auch nichts drin sein, denn ich habe heute Morgen die Hose gewechselt. Die alte Jeans dreht derzeit ihre Runden im handwarmen Wasser. Dammich. Vielleicht ist in dem Brief der Kaufvertrag. Vielleicht aber auch ein Hinweis zu Michaels Verschwinden.
»Wo ist er eigentlich?«, frage ich.
»Wer«, kommt prompt die Gegenfrage.
»Michael.«
»Ist schon seltsam, dass er so lange weg bleibt«, bemerkt Kurt und zupft an seinem Zöpfchen. Ob ich schon gehört habe, was man sich erzählt, will er anschließend wissen. Ich schüttle den Kopf. Knochen habe man in der Asche gefunden. Knochen von Tieren und Menschen. Kurts Stimme neigt sich zu einem Flüstern: »Und weißt du was?«, fragt er, um die Spannung zu erhöhen. Ich schüttle abermals mein Haupt.
»Die Menschenknochen lagen wohl schon länger da. Die von den Tieren waren frisch.«
»Wie, schon länger?«, will ich wissen.
»Na, schon länger eben. Genau können die das erst später sagen, sagt der Bruno, der war dabei. Bruno ist Feuerwehrmann und hat ihn gefunden, den Toten, nuja, mehr die Reste. Naja, nicht direkt. Bruno hat den Feuerfred gefunden, der neben dem Knochenhaufen kotzte. Mitten im Löschwasserstrahl! Sicher ist wohl nur, dass der Mensch nicht durch das Feuer umgekommen sein kann, sondern schon da gelegen haben muss. Hat wohl merkwürdig da gelegen, sonst hätten die das wohl nicht vermutet. – Was guckst du so froh?«
Mir ist gerade ein Felsbrocken vom Herzen gefallen. Ich bin nicht Schuld daran, dass ein Menschenleben ausgelöscht wurde. Kurt schaut fragend und augenblicklich setze ich wieder eine der Meldung an gemessenere Miene auf, die trotz meiner Erleichterung Betroffenheit signalisieren soll.
»Was die Tierknochen angeht, da könnt ich der Bullerei ja einen Tipp geben, doch den Teufel werd ich ...«
»Schwarzkittel?« Ich begebe mich spekulierend aus der Deckung.
»Woher weißt denn du davon?« Kurt hält inne beim Möhrenputzen.
»Die dicken Mauern speichern
Weitere Kostenlose Bücher