Dumm gelaufen, Darling
fragte Ty Russ O’Shea, einen Cop, den er während einer Ermittlung kennengelernt hatte und der nun zu seinen Poker-Kumpels gehörte.
Seine Mutter räumte den Tisch ab, während er sprach.
„Da gab es einen Vorfall im Einkaufszentrum“, berichtete Russ.
Ty spannte jeden Muskel an. „Was ist passiert?“, fragte er. Er ahnte bereits, dass der Anruf etwas mit Lacey zu tun hatte.
„Lilly Dumont und Molly Gifford wären beinahe unter ein Auto gekommen. Irgendein Mistkerl hat eine Spritztour über den Parkplatz gemacht und sie nur knapp verfehlt. Ein Streifenwagen tauchte auf, als der Wagen vom Parkplatz raste. Den Frauen geht es gut. Sie sind gerade noch rechtzeitig zur Seite gehechtet. Da Lilly dabei war, wollte ich es dich wissen lassen.“
„Danke, Russ.“ Ty beendete das Gespräch und erhob sich. „Ich muss los, Mom.“
„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie mit besorgter Miene.
Er nickte. „Russ wollte mir von einem Tipp zu einer laufenden Ermittlung berichten“, log er. Seiner Mutter ging es gerade erst ein bisschen besser, er konnte ihr das nicht zumuten. Außerdem hatte O’Shea ihm versichert, dass Lacey wohlauf war.
Seine Mutter entspannte sich. „Nun, dann lass dich nicht aufhalten. Es war schön, dass du da warst. Ich wünschte nur, du kämest öfter.“
Er grinste. Er sah sie einmal die Woche und telefonierte alle paar Tage mit ihr. „Manchmal glaube ich, dass Mütter nur dazu da sind, ihre Kinder an all die Dinge zu erinnern, die sie nicht tun“, sagte er ein wenig ironisch. „Danke fürs Essen. Es war wie immer köstlich.“ Er küsste seine Mutter auf die Wange.
Sie tätschelte seine Schulter. „Ich liebe dich, Ty. Alles, was ich getan habe, habe ich für dich getan.“
„Ich liebe dich auch, Mom, und ich bringe Lacey bald mit. Sie fragt auch nach dir.“ Sie wollten jedoch erst einmal Dumonts Reaktion abwarten und ihre Ankunft so lange geheim halten.
Er schlenderte langsam hinaus, um seine Mutter nicht zu beunruhigen, doch sobald er im Wagen war, drückte er aufs Gas und flog förmlich heim zu Lacey.
Noch lange nach Tys Abschied konnte Flo nicht aufhören, die Vergangenheit noch einmal zu durchleben. Sie setzte sich mit einer heißen Tasse Tee in die Küche und dachte an all die Dinge, die sie getan hatte – die richtigen und die falschen.
Ihr Sohn verstand noch immer nicht, warum sie das Geld von Marc Dumont als Bezahlung dafür genommen hatte, dass Lilly bei ihnen lebte. Er konnte sich nicht vorstellen, warum sie Lacey als staatliches Pflegekind ausgegeben hatte, obwohl sie das nicht gewesen war. Doch er hatte sein Leben auch nicht ohne diesen Zusatzverdienst leben müssen. Das Geld hatte sehr viel mehr bewirkt, als nur das Leben leichter zu machen; den Luxus einer neuen Küche etwa hatte sie sich erst sehr viel später erlaubt. Das Geld ermöglichte es Flo, für sich und die Kinder eine Krankenversicherung abzuschließen, sodass Halsentzündungen, Tys gebrochener Arm und Ohrentzündungen abgedeckt waren. Und als sie sich der Bypass-Operation unterziehen musste, war das Geld ebenfalls ein Segen. Und natürlich hatte ihr ebendieses Geld es ermöglicht, zu Hause zu bleiben und Ty aufzuziehen, statt ihn zu einem Schlüsselkind werden zu lassen, das sich ständig auf der Straße herumtrieb und in Schwierigkeiten geriet.
Auf Dumonts Vorschlag einzugehen, war dennoch keine leichte Entscheidung gewesen. Jedenfalls nicht, bis sie beim Haus der Dumonts vorbeigefahren war und einen Blick auf das traurige Mädchen mit den großen braunen Augen geworfen hatte, das auf dem Grundstück allein und verloren umherstrich. Marc Dumont hatte behauptet, dass sie ein schwieriges Kind sei, dem man eine Lektion erteilen müsse, die seine strenge Hand nicht durchsetzen könne. Ein Blick auf Lilly genügte ihr, und Flo wusste, dass der alte Mistkerl gelogen hatte.
Das Mädchen brauchte Liebe, und Flo brauchte Geld, um ihren Sohn besser aufziehen zu können. Was konnte daran falsch sein? Dumont schlug ihr vor, ein echtes Pflegekind aufzunehmen, um Lillys Auftauchen glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Die Behörden hatten gezögert, ihr ein Kind anzuvertrauen, weil sie so viel arbeitete, doch letztlich hatten sie eingewilligt. Insgeheim glaubte Flo, dass Dumont die richtigen Fäden gezogen hatte.
Doch das hatte sie nicht gekümmert. Die Kinder, Hunter und Lilly, brauchten sie und tief in ihrem Herzen wusste Flo, dass sie ihnen half, indem sie sie aufnahm. Unabhängig davon, dass Lillys
Weitere Kostenlose Bücher