Dumm gelaufen, Darling
die sie liebten. Die sie aufgenommen hatten in ihr Haus und ihr Herz. Die Risiken eingegangen waren und ihr geholfen hatten.
Sie schlang ihre Hände ineinander. „Glaubst du, dass deine Mutter mich gerne sehen würde? Oder ist sie wütend, weil wir sie im Glauben ließen, ich …“ Sie stockte, weil sie nicht wusste, wie sie den Satz vollenden sollte. Doch da sie nun einmal angefangen hatte, zwang sie sich, den Dingen ins Gesicht zu sehen. „Ist sie wütend, weil ich sie im Glauben ließ, ich sei tot?“ Schuld und Schmerz drohten, ihr die Kehle zuzuschnüren.
Tys besorgte Miene wurde zu einem Lächeln. „Zufällig weiß ich, dass sie dich liebend gerne sehen würde. Und bevor du fragst, warum ich dich nicht schon früher zu ihr gebracht habe: Ich wollte warten, bis du danach fragst.“
Sie runzelte die Stirn: „Warum?“
„Weil ich wusste, dass du fragen würdest, wenn du so weit bist“, erwiderte er und bewies damit einmal mehr, wie gut er sie kannte.
„Ich schätze, ich musste erst die Gespenster der Vergangenheit besiegen, und das habe ich heute getan“, sagte sie. Diese Erkenntnis verlieh ihr eine Kraft, von der sie selber nicht gewusst hatte, dass sie sie vermisste.
Der Gedanke erfüllte sie mit Stolz. Stolz auf die Person, die sie geworden war. Und die sich mit Sicherheit noch weiterentwickeln würde, dachte Lacey.
Er nickte. „Um ehrlich zu sein, war ich mir auch nicht sicher, ob du meine Mutter überhaupt sehen wolltest.“
Sie schüttelte verständnislos den Kopf. „Warum sollte ich Flo nicht sehen wollen?“
Ty blieb im Türrahmen stehen. Nur wenige Meter von Lacey entfernt, doch weit genug, um nicht der Versuchung zu erliegen, sie während des Gesprächs zu berühren. Jede Berührung, ob aus Verlangen oder Mitgefühl, würde zu weit mehr führen. Das wusste er so sicher, wie er seinen eigenen Namen kannte. Wenn er ihr erlauben würde, ihn physisch oder auch emotional zu berühren, würde er nicht wissen, wie er nach ihrem Fortgehen weiterleben sollte. Da er sich nur selten von seinen Gefühlen leiten ließ, machten seine starken Emotionen für diese Frau ihn fast wahnsinnig.
Irgendwie gelang es ihm, seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch über seine Mutter zu lenken. „Ich weiß nicht, zu welchen deiner Erinnerungen Mom gehört“, gestand er. Denn obwohl Lacey ein großes Herz hatte, fragte er sich doch manchmal, ob sie seine Mutter nicht zu den schrecklichen Erinnerungen zählte, die sie lieber verdrängte. „Schließlich warst du ja damals, zumindest aus deiner Perspektive, in erzwungener Pflegschaft.“
Er wählte seine Worte mit Bedacht, weil er die Lüge seiner Mutter nach Möglichkeit nicht mittragen wollte. Er fand noch immer, dass Lacey die schmutzige Wahrheit nicht zu erfahren brauchte. Etwas zu verschweigen, konnte die beste Art von Lüge sein. Denn sollte die Wahrheit je herauskommen, wollte er sich von Lacey nicht vorwerfen lassen, dass er die Lüge aufrechterhalten hatte.
„Deine Mutter gehört zu meinen schöneren Erinnerungen.“ Laceys warmes Lächeln traf ihn ins Mark. „Ebenso wie du.“
Das war’s. Er hatte sich den ganzen Abend so gut wie möglich zurückgehalten. Von dem Moment an, als er sie in ihrem schlichten, aber eleganten schwarzen Kleid gesehen hatte, mit den High Heels, die ihre langen Beine noch betonten, hatte er gewusst, dass er seinen Schutzwall noch höher bauen musste. Ohne Erfolg. Als er sie in ihrem alten Kinderzimmer gefunden hatte, die Arme um ein Stofftier geschlungen, hatte er dem Impuls widerstehen müssen, sie auf den Arm zu nehmen und aus diesem Haus und von diesen Menschen fortzubringen.
Stattdessen hatte er sie ihre innere Kraft wiederfinden lassen. Dass sie ihre Dämonen besiegt hatte, gab ihm recht. Doch nun war sie nicht nur befreit, sondern auch selbstsicher und wusste, was sie wollte.
Und offensichtlich wollte sie ihn.
Er schluckte schwer und versuchte, sich mit aller Kraft auf das Gespräch zu konzentrieren und nicht darauf, wie der Fahrtwind ihr Haar verführerisch zerzaust und ihre Wangen rosa gefärbt hatte.
Er räusperte sich. „Nun, da jetzt jeder weiß, dass du am Leben bist, kannst du jederzeit bei meiner Mutter vorbeischauen, bevor du wieder nach New York gehst.“
Und das war der Knackpunkt, dachte Ty. Sie würde nach Hause fahren, in ein Leben, das sie liebte. Hatte sie das nicht vom ersten Moment an gesagt? Egal wie wichtig er ihr angeblich auch war – er gehörte nicht zu Laceys Leben.
„Ich werde
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