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Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Titel: Dumm gelaufen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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mal nachschauen könnte?«
     
    Lauticauda colubrina
 – Rufus hat mir gestern Nacht noch einen langen Vortrag darüber gehalten – gehören zur Familie der Giftnattern und zur Unterfamilie der Seeschlangen. Der Nattern-Plattschwanz bildet ein Gift, das zehnmal stärker wirkt als das einer Klapperschlange. Der Biss verursacht bei Menschen Kreislaufversagen und Atemlähmung und führt ohne intensive medizinische Behandlung zum sicheren Tod. Jemand wie ich, der sowieso eine genetisch bedingte Panik vor Schlangen hat, kann also nicht einmal den Namen dieser Schlange aussprechen, ohne vor Angst zu schlottern.
    Deshalb hätte ich gern Gabriel, die Lanzenotter, um Hilfe gebeten. Gabriel ist zwar auch saumäßig giftig, aber zum einen hat er uns schon einmal geholfen und zum anderen ist er für jede Form von Zuspruch dankbar. Ich glaube sogar, dass Gabriel insgeheim darunter leidet, eine Schlange zu sein. Bei Umfragen unter den Zoobesuchern landen sämtliche Schuppenkriechtiere im Sympathie-Ranking regelmäßig auf den letzten Plätzen. Im Vergleich dazu haben wir Erdmännchen Popularitätswerte wie die Rolling Stones. Der Ausflug nach Nowehr hätte also auch eine schöne Abwechslung für den melancholischen Gabriel sein können.
    Der entscheidende Punkt, warum wir auf eine Giftnatter zurückgreifen mussten, ist, dass Lanzenottern miserable Schwimmer sind. Sie haben sich darauf spezialisiert, auf Bäumen zu leben, während Giftnattern im Wasser ebenso zu Hause sind wie auf dem Land. Wusste ich auch nicht, hat Rufus mir erklärt.
    Leider sind wir an ein besonders prahlerisches Exemplar geraten. Sergeant Rick, wie sich der Nattern-Plattschwanz aus unserem Zoo nennt, redet seit der Abfahrt ununterbrochen von seinen Heldentaten bei irgendwelchen geheimen Militäraktionen in Südamerika. Außerdem nennt er Gabriel einen »Zivilisten ohne Biss«, was ich so nicht bestätigen kann. Seit ich beobachtet habe, wie die Lanzenotter ihre Giftzähne aus den Wangentaschen klappte, um sie so tief in den Nacken meines Bruders Nick zu stoßen, dass ich dachte, sie müssten auf der anderen Seite wieder herauskommen, habe ich nicht den geringsten Zweifel daran, dass Gabriel Biss hat.
    »Ich war auf Dutzende von Feinden angesetzt«, tönt Sergeant Rick von der Rückbank, wo er in einer gut verschlossenen Plastikkiste mit perforiertem Deckel liegt. »Und kein Einziger ist mit dem Leben davongekommen.«
    »Toll«, erwidere ich gelangweilt. Sergeant Rick geht mir mit seinen Heldengeschichten schon eine ganze Weile auf die Eier. Da ist mir Paolo Conte ja fast noch lieber.
    Ich schaue zu Phil, der auf die Straße blickt und seinen Gedanken nachhängt. Zu seinem Glück versteht er nur Erdmännisch und muss sich folglich Ricks Heldengefasel nicht auch noch anhören.
    »Sechzehn Drogenbosse hab ich im Auftrag der US Army ins Jenseits befördert, um das politische Gleichgewicht in Südamerika nicht zu gefährden«, schnarrt Sergeant Rick und zieht zischelnd Luft in seinen schuppigen Leib. »Sechzehnmal: Anschleichen. Zielobjekt finden. Zielobjekt eliminieren. Rückzug. Ich hab nie länger als dreißig Sekunden gebraucht, um dem Feind eine tödliche Dosis Gift in die Halsschlagader zu jagen. Und ich habe immer komplett ohne Technik gearbeitet. Kein GPS , keine Sichthilfen, keine Verbindung zum Headquarter. Nichts.« Rick macht eine Kunstpause. »Da draußen …«, sagt er mit Pathos in der Stimme, »… bist du immer ganz auf dich allein gestellt. Im Dschungel, da gibt es nur dich und deinen Herzschlag.«
    So geht das jetzt, seit wir Berlin verlassen haben, und ich merke, dass Sergeant Rick mich mit seinen immer gleichen Heldengeschichten mürbe gemacht hat. Wenn ich mir auch nur noch ein Beispiel für seine besonderen Soldatenqualitäten anhören muss, werde ich ihn danach womöglich anflehen, mich ebenfalls zu beißen, damit ich endlich von seinem blöden Gelaber erlöst werde. Ich beschließe, es nicht so weit kommen zu lassen. »Sergeant, mich beschäftigt schon eine ganze Weile eine Frage. Erlauben Sie, dass ich sie stelle?«
    »Aber gern, mein Sohn. Und für meine Freunde heiße ich natürlich … Rick.« Hinter der milchigen Wand der Plastikkiste sehe ich den stolz aufgerichteten Vorderleib von Sergeant Laberbacke.
    »Okay … Rick. Kann es sein, dass ich dich in
Apocalypse Now
gesehen habe? Bist du da vielleicht mal kurz durchs Bild geschlichen oder so?«
    Rick verharrt, seine Stecknadelaugen stieren durch das milchige Plastik.
    Ich kenne

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