Dune 01: Der Wüstenplanet
Vater!«
»Sie ist eine Prinzessin«, erwiderte Paul. »Sie ist der Schlüssel zu meinem Thron, und das ist alles, was sie jemals sein wird. Ein Fehler? Glaubst du, weil ich das bin, was du aus mir gemacht hast, hätte ich keinerlei Rachegefühle?«
»Auch den Unschuldigen gegenüber?« fragte Jessica und dachte: Er darf nicht die gleichen Fehler begehen wie ich.
»Es gibt keine Unschuldigen mehr«, sagte Paul.
»Dann erzähle das Chani«, meinte Jessica und deutete auf den Gang, der hinter ihnen lag.
Chani betrat von dort aus die Große Halle. Sie bewegte sich zwischen den Wächtern, als sei sie sich ihrer gar nicht bewußt, hatte die Kapuze zurückgeschlagen und ging mit gläsernen, zerbrechlich wirkenden Schritten durch den Raum, wo sie neben Jessica stehenblieb.
Paul sah, daß sie geweint hatte. Sie gibt Wasser für die Gefallenen. Traurigkeit übermannte ihn, aber er war unfähig, ein Wort des Trostes zu sagen.
»Er ist tot, Geliebter«, sagte sie. »Unser Sohn ist tot.«
Sich selbst nur mühsam unter Kontrolle haltend, stand Paul auf. Er berührte ihre Wangen mit der Hand und fühlte die Feuchtigkeit der noch nicht getrockneten Tränen. »Wir haben ihn verloren«, sagte er leise, »aber du wirst anderen Söhnen das Leben schenken. Es ist Usul, der dir dies verspricht.« Er schob sie behutsam fort und winkte Stilgar.
»Muad'dib?«
»Der Imperator und seine Leute werden das Schiff verlassen«, erklärte Paul. »Ich werde hierbleiben. Die Gefangenen werden in der Mitte des Raums versammelt und dort bewacht. Jeder einzelne wird sich mindestens zehn Meter von mir entfernt halten, es sei denn, ich entscheide anders.«
»Wie du befiehlst, Muad'dib.«
Als Stilgar ging, um seinen Befehl auszuführen, hörte er die anderen Fremen murmeln: »Hast du das gesehen? Er wußte es! Obwohl ihm niemand davon erzählt hat, weiß er es!«
Jetzt konnte man die Ankunft des Imperators und seines Gefolges bereits hören. Die Sardaukar, die ihn umgaben, marschierten mit kräftigen Schritten, um sich selbst Mut zu machen. Am Eingang des Hauses wurden Stimmen laut. Gurney Halleck trat ein und ging auf Stilgar zu, um einige Worte mit ihm zu wechseln. Dann ging er auf Paul zu und maß ihn mit einem seltsamen Blick.
Werde ich auch Gurney verlieren? fragte sich Paul. Wird auch er sich wie Stilgar entwickeln? Werde ich einen Freund verlieren und statt dessen einen Untertan gewinnen?
»Sie haben keinerlei Waffen bei sich«, sagte Gurney. »Ich habe mich selbst davon überzeugt.« Er schaute sich um und traf Pauls Blick. »Feyd-Rautha Harkonnen befindet sich unter ihnen. Soll ich ihn von den anderen trennen?«
»Nein.«
»Es sind auch einige Vertreter der Gilde dabei, die alle möglichen Privilegien fordern und sogar mit einem Embargo gegen Arrakis drohen. Ich habe ihnen versprechen müssen, ihre Botschaft zu übermitteln.«
»Laß sie nur drohen.«
»Paul«, zischte Jessica, die jetzt hinter ihm stand. »Er spricht von der Gilde!«
»Ich werde der Gilde bald alle Zähne ziehen«, erwiderte Paul.
Er dachte kurz über die Organisation nach, die bereits seit so langer Zeit existierte, daß sie nur noch ein Parasitendasein führte. Sie war unfähig zu erkennen, wie sehr sie das Leben benötigte, das sie am Leben erhielt. Die Gilde hatte es niemals nötig gehabt, zur Waffe zu greifen ... und jetzt, wo es keinen anderen Ausweg mehr für sie gab, mußte sie feststellen, daß sie unfähig war, sich zur Wehr zu setzen. Allein die Tatsache, daß sie Arrakis nicht von Anfang an allein ausgebeutet hatte, zeigte ihre Blindheit. Die Gilde dachte nicht an die Zukunft und das von ihren Navigatoren so dringend gebrauchte Gewürz. Die Quelle war da, und sie hatte lange davon profitiert. Offenbar hatte sie angenommen, daß, wenn sie einmal versiegte, anderswo eine neue aufgetan werden konnte.
Es war die Schuld der Navigatoren, die die Gilde in diese mißliche Lage gebracht hatte. Die kurzweiligen hellseherischen Fähigkeiten dieser Männer, die dazu dienten, ein Raumschiff gut und schnell durch den Weltraum zu führen, reichten nicht aus, um die Gefahren der Zukunft zu erkennen. Und so hatten die Navigatoren ihre eigene Organisation unbewußt in die Stagnation gesteuert.
Sie sollen sich ihren neuen Gastgeber nur gut ansehen, dachte Paul.
»Unter den Leuten befindet sich noch eine Bene Gesserit, die behauptet, mit Ihrer Mutter befreundet zu sein«, sagte Gurney.
»Meine Mutter hat keine Freunde unter den Bene Gesserit«, erwiderte
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