Dune 01: Der Wüstenplanet
gegen den Fenstersims. »Natürlich nicht. Sie sind ... mein Freund.«
»Warum haben Sie nie etwas unternommen, damit der Herzog Sie heiratet?«
Sie fuhr herum, starrte ihn an. »Etwas unternommen, damit er mich heiratet? Aber ...«
»Ich hätte Ihnen diese Frage nicht stellen sollen«, entschuldigte sich Yueh.
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Das hat politische Gründe. Solange der Herzog unverheiratet bleibt, besteht für eine Reihe anderer Hoher Häuser noch immer die Möglichkeit, zu einer Allianz zu kommen. Und ...« Sie seufzte. »... Leute gegen ihren Willen zu etwas zu zwingen ist ein zynischer Verstoß gegen die Menschenrechte. Es würde jeden Betroffenen entwürdigen. Hätte ich ihn dazu gebracht, wäre das nicht aus seinem eigenen Antrieb geschehen. Es hätte alles nach Falschheit gerochen.«
»Diese Worte hätte ebenso Wanna sagen können«, murmelte er. Auch dies war eine Wahrheit. Yueh preßte eine Hand gegen seinen Mund und schluckte schwer. Er war dem Versuch, alles zu verraten und seine geheime Rolle offen auszusprechen, in diesem Moment näher als jemals zuvor.
Aber Jessica verhinderte mit ihren eigenen Worten, daß er es aussprach. »Nebenbei gesagt, Wellington, besteht der Herzog in Wahrheit für mich aus zwei Personen. Eine davon liebe ich sehr, denn sie ist charmant, witzig, aufopfernd und zärtlich und besitzt alles, was eine Frau in ihren Bann schlagen kann. Aber der andere Mann ist ... eiskalt, gefühllos, fordernd, ichbezogen; beißend wie der Nordwind. Es ist der Mann, der nach seinem Vater schlägt.« Ihr Gesicht versteinerte sich. »Wäre der alte Herzog nur gestorben nach der Geburt seines Sohnes!«
In der sich nun entwickelnden Stille hätte man eine Stecknadel fallen hören.
Jessica nahm einen tiefen Atemzug und sagte: »Leto hatte recht. Die Räumlichkeiten hier sind viel hübscher als die anderen Sektionen des Hauses.« Sie sah sich um, ließ einen Blick durch das Zimmer schweifen. »Sie werden mich jetzt entschuldigen müssen, Wellington. Bevor ich endgültig festlege, wie die Aufteilung der Räume erfolgt, möchte ich noch einen Blick in die anderen Flügel des Gebäudes werfen.«
Yueh nickte. »Natürlich!« Und er dachte: Gäbe es doch nur einen Ausweg für mich!
Jessica ließ die Arme sinken, ging zur Tür hinüber und blieb dort einen Moment lang zögernd stehen, bevor sie hinausging. Die ganze Zeit während unseres Gesprächs hat er irgend etwas in sich unterdrückt und vor mir verborgen gehalten, dachte sie. Vielleicht wollte er mich nicht beunruhigen. Er ist ein guter Mann. Erneut hielt sie mitten im Schritt inne. Es drängte sie danach, zurückzugehen und ihn offen danach zu fragen. Aber das würde ihn nur beschämen, wenn er merkt, daß man seine Emotionen so leicht entschlüsseln kann. Ich sollte meinen Freunden mehr Vertrauen entgegenbringen.
9
Es ist vielen nicht verborgen geblieben, mit welcher Schnelligkeit sich Muad'dib den Erfordernissen Arrakis' anpaßte. Natürlich war die Ausbildung der Bene Gesserit dafür verantwortlich. Was andere Faktoren anbetrifft, so ist dazu zu sagen, daß Muad'dib deshalb so schnell lernte, weil seine Lektion beinhaltete, wie man effektiv Informationen sammelt. Es ist schockierend, festzustellen, wie viele Leute glauben, daß sie lernunfähig seien oder Informationen doch nur unter größten Schwierigkeiten sammeln können. Muad'dib war davon überzeugt, daß jede Erfahrung ihre eigene Lehre enthielt.
Aus ›Die Menschlichkeit des Muad'dib‹,
von Prinzessin Irulan
Paul lag auf dem Bett und stellte sich schlafend. Es war eine Kleinigkeit gewesen, die Schlaftablette Dr. Yuehs in der Handfläche verschwinden zu lassen, anstatt sie zu schlucken. Paul unterdrückte ein Gelächter. Selbst seine Mutter war davon überzeugt gewesen, daß er schlafe. Eigentlich hatte er aufspringen und sie um die Erlaubnis bitten wollen, das Haus zu erforschen, aber er hatte irgendwie gewußt, daß sie das abgelehnt hätte. Die herrschende Unordnung war noch zu groß, die neue Umgebung zu unbekannt und ungefestigt. Na ja, vielleicht hatte sie recht.
Wenn ich mich herausschleiche, ohne jemanden gefragt zu haben, dachte er, verstoße ich auch nicht gegen einen Befehl. Aber ich werde trotzdem hierbleiben; die Sicherheit geht vor.
Er hörte seine Mutter im Nebenzimmer mit Yueh sprechen. Ihre Worte waren verwirrend ... Sie sprachen über das Gewürz und die Harkonnens. Die Konversation wurde lauter und wieder leiser.
Pauls
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