Dune 01: Der Wüstenplanet
konnte. Sie mußte alle Kräfte ihrer Ausbildung als Bene Gesserit aufwenden, um ihren Pulsschlag wieder auf ein Normalmaß zu senken und ihren Atem unter Kontrolle zu halten. Und selbst dann noch spürte sie das Lodern einer Flamme in sich.
Sie schreien immer nach Idaho, wenn es gilt ...
Sie warf Yueh einen Blick zu. Der Arzt senkte den Blick. »Sie wußten das?« fragte sie.
»Ich ... habe einige Gerüchte gehört, Mylady. Aber ich habe ihnen natürlich keinerlei Glauben geschenkt.«
»Hawat!« fauchte Jessica. »Ich will, daß Thufir Hawat sofort hierhergebracht wird!«
»Aber Mylady ...«
»Sofort!«
Es muß Hawat gewesen sein, dachte sie. Ein Mißtrauen dieser Art kann von keiner anderen Quelle sprudeln, ohne nicht sofort zurückverfolgt zu werden.
Kopfschüttelnd murmelte Idaho: »Ach, scheiß auf die ganze verdammte Sache.«
Jessica sah auf das Gefäß, das sie noch immer in der Hand hielt und schüttete seinen Inhalt mit einem Ruck in Idahos Gesicht. »Schließt ihn in eines der Gästezimmer im Westflügel ein«, ordnete sie an. »Und lassen Sie ihn diesen Rausch ausschlafen.«
Die beiden Wachen musterten sie unentschlossen. Einer der Männer meinte zögernd: »Vielleicht sollten wir ihn woandershin bringen, Mylady. Wir könnten ...«
»Er bleibt hier im Haus!« fauchte Jessica. »Er hat hier eine Arbeit zu erledigen.« Ihre Stimme war bitter. »Wo er doch so gut als Bewacher von Damen taugt.«
Der Wächter schluckte.
»Wissen Sie, wo sich der Herzog aufhält?« fragte Jessica den Mann.
»Er ist auf dem Kommandoposten, Mylady.«
»Bringen Sie mir Hawat«, befahl sie. »Ich werde ihn in meinem Besuchszimmer erwarten.«
»Aber Mylady ...«
»Sollte es sich nicht anders regeln lassen, werde ich den Herzog anrufen«, fügte sie hinzu. »Und ich hoffe, daß dies nicht nötig sein wird. Ich möchte mit Angelegenheiten dieser Art nicht seine Unternehmungen stören.«
»Jawohl, Mylady.«
Jessica legte den leeren Becher in Mapes Hände zurück. Ihre Augen sahen im Gesicht Mapes' einen fragenden Ausdruck.
»Du kannst wieder zu Bett gehen, Mapes.«
»Sind Sie sicher, daß Sie mich nicht mehr brauchen?«
Mit einem grimmigen Lächeln erwiderte Jessica: »Ich bin sicher.«
»Vielleicht hätte die Sache doch noch bis morgen Zeit«, mischte Yueh sich nun ein. »Ich könnte Ihnen ein Beruhigungsmittel geben und ...«
»Sie begeben sich in Ihr Quartier zurück und überlassen alles weitere mir«, entgegnete Jessica. Sie drückte seinen Arm, um dieser Anordnung mehr Gewicht zu verleihen. »Es gibt keinen anderen Weg.«
Dann drehte sie sich auf dem Absatz herum und verließ mit hocherhobenem Kopf die Halle. Der Rückweg zu ihren Privaträumen erschien ihr auf einmal ganz anders. Kalte Wände ... Gänge ... eine bekannte Tür. Sie öffnete sie, glitt in den Raum hinein und warf die Tür ins Schloß. Eine ganze Weile blieb sie dort stehen und starrte auf die blankgeputzten Fenster ihres Besuchszimmers. Hawat! Könnte er derjenige sein, der im Sold der Harkonnens stand? Wir werden sehen.
Sie ging zu einem tiefen, altmodischen Armsessel hinüber und rückte ihn in eine Position, die es ihr ermöglichte, die Tür im Auge zu behalten. Plötzlich wurde sie sich wieder des Crysmessers bewußt, das an ihrem Oberschenkel in seiner Scheide stak, löste es und befestigte es an ihrem Arm. Dann warf sie einen erneuten Blick durch den Raum und prägte sich für einen eventuellen Notfall die Einrichtung ein: das Sofa in der Ecke, die Stuhlreihe entlang der Wand, die beiden flachen Tische und die an der Wand abgestellte Zither neben der Tür zu ihrem Schlafraum.
Die Suspensorlampen spendeten blasses Licht. Jessica stellte sie noch weiter herunter und setzte sich in den Armsessel. Ihre Finger glitten über den weichen Bezug.
Jetzt soll er kommen, dachte sie. Und wir werden erfahren, was wir erfahren sollen. Sie bereitete sich auf das Zusammentreffen vor, wie es die Art der Bene Gesserit war, indem sie sich in völliger Ruhe sammelte und ihre Kräfte konzentrierte.
Schneller als sie zu erwarten gehofft hatte, hörte sie das Geräusch der sich öffnenden Tür. Hawat trat ein.
Ohne sich von ihrem Sessel zu erheben, beobachtete Jessica seine Bewegungen, die davon zeugten, daß seine Energie möglicherweise irgendwelchen Drogen zu verdanken war. Sie sollten seine Müdigkeit vertuschen. Hawats rheumatische Augen glitzerten, und unter der Beleuchtung erschien seine Haut ledrig und gelb. Auf dem Ärmel seines Messerarms
Weitere Kostenlose Bücher