Dune 01: Der Wüstenplanet
Grund zur ...«
»Ach, hören Sie doch auf, Thufir! Ist es ein Zeichen von Defätismus oder Verrat, wenn ein Arzt eine korrekte Diagnose stellt? Die einzige Absicht, die ich damit hege, ist, diese Krankheit zu heilen.«
»Der Herzog gewährt mir jede nur denkbare Unterstützung in diesen Dingen.«
»Aber Sie werden verstehen, daß auch ich ein legitimes Interesse für das Fortschreiten dieser Krankheit habe«, fuhr Jessica fort. »Und Sie werden verstehen, daß ich über sichere Fähigkeiten verfüge, um das zu erkennen.«
Ist es meine Bestimmung, ihn jedesmal einem Schock auszusetzen? fragte sie sich. Dieser Mann muß aufgerüttelt werden. Er muß aus seiner Routine heraus!
»Man könnte es auf vielerlei Arten interpretieren, wenn Sie das meinen«, sagte Hawat achselzuckend.
»Dann glauben Sie also, mich bereits überführt zu haben?«
»Natürlich nicht, Mylady. Es ist nur so, daß ich es mir nicht leisten kann, irgendwelche Möglichkeiten außer acht zu lassen, jedenfalls nicht in der momentan herrschenden Situation.«
»Nachdem Sie dieses Haus überprüft hatten, wurde ein Anschlag auf meinen Sohn verübt«, entgegnete Jessica. »Wer hat mit dieser Möglichkeit gerechnet?«
»Ich habe dem Herzog meinen Rücktritt angeboten«, erklärte Hawat finster.
»Haben Sie das auch mir angeboten? Oder Paul?«
Jetzt war Hawat offensichtlich wütend, obwohl er versuchte, sein hastiges Atmen zu verbergen. Seine Nasenflügel vibrierten, seine Halsschlagader pochte aufgeregt.
»Ich bin ein Mann des Herzogs«, sagte er aufgebracht.
»Es gibt keinen Verräter«, erwiderte Jessica. »Die Bedrohung kommt von ganz anderer Seite. Vielleicht hat es etwas mit den Lasguns zu tun. Vielleicht riskieren sie es doch, ein paar Lasguns einzuschmuggeln, die ferngesteuert oder sonstwie gegen den Hausschild eingesetzt werden sollen. Vielleicht ...«
»Und wie wollten sie nach einem Angriff beweisen können, daß die Explosion nicht atomaren Ursprungs war?« fragte Hawat. »Nein, Mylady. Ein solches Risiko gehen sie niemals ein. Radioaktivität vergeht. Sie könnten nicht beweisen, nicht gegen die Konvention verstoßen zu haben. Allein schon deswegen müssen sie darauf achten, vordergründig die Form zu wahren. Es gibt einen Verräter.«
»Sie sind ein Mann des Herzogs«, zischte Jessica. »Würden Sie ihn zerstören, mit der Absicht, ihn zu retten?«
Hawat sog tief den Atem ein und meinte: »Wenn Sie unschuldig sein sollten, werde ich mich in aller Form entschuldigen.«
»Schauen Sie sich an, Thufir«, bohrte Jessica weiter. »Die Menschen leben am besten, wenn jeder von ihnen seinen Platz hat, wenn jeder weiß, wo er hingehört. Wenn Sie seinen Platz zerstören, zerstören Sie gleichzeitig die Person. Von allen, die den Herzog lieben, Thufir, sind Sie und ich die einzigen, die einander schaden könnten. Hätte ich nicht die Möglichkeit, beim Herzog gegen Sie zu intrigieren? Zu welchen Zeiten wäre er für solche Einflüsterungen am meisten empfänglich, Thufir? Muß ich Ihnen das wirklich noch näher erklären?«
»Sie drohen mir?« grollte Hawat.
»Natürlich nicht. Ich möchte Ihnen nur klarmachen, daß jemand dabei ist, uns anzugreifen, indem er die Grundvoraussetzung unseres Zusammenlebens zerstört. Der Plan ist teuflisch genial. Ich schlage vor, daß wir diesen Angriff so zur Kenntnis nehmen, wie er gemeint ist.«
»Sie beschuldigen mich also der grundlosen Verbreitung von Mißtrauen?«
»Grundlos, ja.«
»Schließen Sie gleichzeitig auch Ihre Einflüstereien damit ein?«
»Es ist Ihr Leben, das aus Flüstertätigkeiten besteht, Thufir, nicht das meine.«
»Dann bezweifeln Sie also meine Fähigkeiten?«
Jessica stieß einen Seufzer aus. »Thufir, ich möchte nur, daß Sie überprüfen, inwiefern Sie selbst gefühlsmäßig in diese Affäre verstrickt sind. Der natürliche Mensch ist ein Tier ohne Logik. Die Art, in der Sie auf alle Affären mit Logik herangehen, ist unnatürlich, für Sie aber eine hergebrachte Nützlichkeit. Sie sind ein personifizierter Logiker – ein Mentat. Die Problemlösungen, die Sie anbieten, sind – in einem realistischen Sinne – aus Ihnen selbst herausprojiziert, nachdem Sie sie von allen Seiten betrachtet und eingehend studiert haben.«
»Glauben Sie, mir damit etwas Neues zu sagen?« fragte Hawat, ohne sich dieses Mal die Mühe zu machen, zu verbergen, wie ärgerlich er war.
»Alles, was sich vor Ihren Augen abspielt, können Sie sehen und Ihrer Logik unterwerfen«, fuhr Jessica
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