Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
Zeichen.
Die Bene-Gesserit-Delegation hatte sie anschließend gefragt, ob es nötig sei, daß man die eigenen Behauptungen mit Beweisen zu untermauern habe. Und Jessica hatte ihnen eine Antwort aus ihren eigenen Lehrbüchern entgegengeschleudert: »Beweise jeglicher Art führen unweigerlich zu Anschauungen, die keines Beweises bedürfen! Die Dinge sind deswegen gewiß, weil wir an sie glauben!«
»Aber wir haben diese Fragen bereits einem Mentaten vorgelegt«, hatte die Delegationsleiterin protestiert.
Jessica war überrascht gewesen. »Ich wundere mich, daß Ihr diese hohe Position erreicht habt und dennoch nichts wißt über die Begrenzungen, denen Mentaten unterworfen sind.«
Daraufhin hatte die Delegation sichtlich aufgeatmet. Es war offensichtlich, daß all diese Worte eine Prüfung enthalten hatten, die sie zur allgemeinen Zufriedenheit absolvierte. Natürlich befürchtete die Schwesternschaft, daß ihr durch die lange Abwesenheit jegliche Beziehungen der ehemaligen Kernausbildung verlorengegangen waren. Jarvid verließ seinen Platz an der Tür und bewegte sich auf Jessica zu. Sie konzentrierte sich. Er deutete eine Verbeugung an und sagte: »Mylady, mir scheint, Sie haben noch nichts von der neuesten Weisheit des Predigers vernommen.«
»Ich erhalte tägliche Berichte über alles, was hier vor sich geht«, erwiderte Jessica. Und das soll er ruhig Alia weitererzählen!
Jarvid lächelte. »Dann wissen Sie also bereits von den Schmähungen, die er gegen Ihre Familie ausstößt. In der letzten Nacht hielt er in einem der südlichen Vororte eine Rede, und niemand wagte es, ihn anzugreifen. Sie wissen natürlich, warum.«
»Weil die Leute denken, er wäre mein Sohn, der zu ihnen zurückgekommen ist«, sagte Jessica ungehalten.
»Man hat diese Frage dem Mentaten Idaho noch nicht gestellt«, führte Jarvid aus. »Vielleicht sollte man es recht bald tun, damit die Sache zu einem Abschluß kommt.«
Jessica dachte: Hier ist wirklich jemand, der keine Ahnung von den Grenzen eines Mentaten hat, obwohl er es wagt, ihm Hörner aufzusetzen – wenn nicht in Wirklichkeit, dann zumindest in seinen Träumen.
»Mentaten teilen die Fehlbarkeiten derjenigen, die sie einsetzen«, erklärte sie. »Das menschliche Bewußtsein stellt, ebenso wie das Gehirn eines Tieres, einen Resonator dar. Es erwidert die Resonanzen der Eingaben. Und ein Mentat hat nichts anderes gelernt, als aus dem, was ihm gewahr ist, einen Kausalzusammenhang herauszulesen und daraus eine lange Kette von Konsequenzen vorherzuberechnen.« Das soll er erst einmal verdauen!
»Der Prediger stört Sie also nicht?« fragte Jarvid. Seine Stimme klang auf einmal sehr formell und irgendwie drohend.
»Ich halte ihn für ein gutes Omen«, sagte Jessica, »und möchte nicht, daß man ihn behindert.«
Eine solche Antwort hatte Jarvid keineswegs erwartet. Er versuchte ein Lächeln, aber es mißlang. Schließlich sagte er: »Die herrschende Versammlung der Kirche, die Ihren Sohn verehrt, wird sich natürlich dieser Anordnung fügen, wenn Sie darauf bestehen. Aber sicher würde eine Erklärung ...«
»Vielleicht würden Sie es lieber sehen, wenn ich eine Erklärung abgebe, wie ich in Ihr Schema passe«, sagte Jessica.
Jarvid musterte sie nervös. »Madame, ich sehe einfach keinen logischen Grund, warum Sie sich weigern, gegen diesen Prediger vorzugehen. Er kann nicht Ihr Sohn sein. Und deswegen fordere ich Sie auf: Lassen Sie ihn nicht weiter gewähren.«
Dies ist ein abgekartetes Spiel, dachte Jessica. Alia hat ihn auf mich angesetzt.
Sie sagte: »Nein.«
»Aber er beschmutzt den Namen Ihres Sohnes! Er predigt grausame Dinge, erhebt sich gegen Ihre heilige Tochter! Er wiegelt die Bevölkerung gegen uns auf. Als man ihn fragte, behauptete er, daß selbst Sie von Natur aus schlecht seien und ...«
»Genug von diesem Unfug!« unterbrach Jessica ihn. »Sagen Sie Alia, daß ich mich weigere. Seit ich hier angekommen bin, habe ich nichts anderes mehr gehört, als diese Geschichten über den Prediger. Es langweilt mich.«
»Es langweilt Sie, Madame, daß er in seiner letzten Rede sagte, daß Sie sich niemals gegen ihn stellen würden? Und jetzt, hier, sagen Sie ...«
»So niederträchtig ich auch sein mag: Ich werde nichts gegen ihn unternehmen«, sagte Jessica.
»Das ... ist keine Angelegenheit, über die man Witze macht, Madame!«
Jessica gab ihm erzürnt ein Zeichen, daß er verschwinden solle. »Hinweg!« Sie sprach dieses Wort mit einer solchen Lautstärke
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