Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
Gurney persönlich!« Tagir Mohandis sprach diese Worte laut. Jeder konnte sie hören. Unter den anwesenden Höflingen gab es Bewegung.
»Das Geld, das man dir abnahm, war also für deine Weiterreise bestimmt«, sagte Jessica. »Sag mir: Was war dein Ziel?«
»Salusa Secundus«, sagte Mohandis, »und Farad'ns Hof. Ich habe gehört, daß man dort Troubadours und Sänger sucht, weil er die Künste unterstützt und plant, eine große Kulturrenaissance in seiner Umgebung anzuregen.«
Jessica warf Alia einen kurzen Blick zu. Sie hatte natürlich gewußt, was Mohandis sagen würde. Irgendwie kam ihr dieses kleine Spiel erheiternd vor. Glaubte sie etwa, sie würde damit nicht fertig werden?
»Willst du für deine Passage spielen?« fragte Jessica. »Meine Bedingungen sind die, die unter Fremen üblich sind. Wenn mir deine Musik gefällt, magst du hierbleiben, um mich damit zu erfreuen; wenn sie mir nicht zusagt, erhältst du die Gelegenheit, dir dein Reisegeld bei der Arbeit in der Wüste zu verdienen. Wenn ich jedoch zu der Annahme gelange, daß dein Spiel lediglich Farad'n, der ein Feind der Atreides ist, dient, werde ich dich mit meinem Segen versehen und zu ihm schicken. Bist du bereit, zu diesen Bedingungen zu spielen, Tagir Mohandis?«
Der Troubadour warf den Kopf zurück und lachte laut auf. Als er nach hinten griff, um das Baliset von der Schulter zu ziehen, flogen seine Haare. Rasch begann er das Instrument zu stimmen, um Jessica zu zeigen, daß er bereit war, ihre Herausforderung anzunehmen.
Die in der Großen Halle anwesende Menschenmenge machte Anstalten näherzukommen, wurde aber durch ein Aufgebot von Höflingen und Wächtern in ihre Schranken verwiesen.
Mohandis schlug zunächst einen Ton an, lauschte ihm, und ließ dann die Baßseite summen. Dann hob er die Stimme und fing an, einen – offensichtlich improvisierten – Text zu singen, dessen Inhalt Jessica erst zu Bewußtsein kam, als die ersten Worte bereits über Mohandis' Lippen gedrungen waren.
»Ihr sagt, ihr sehnt euch
Nach den Meeren von Caladan,
Wo ihr einst herrschtet, Atreides,
Ohne Unterlaß.
Aber Exile liegen anderswo!
Ihr sagt, es wäre bitter,
Zu sehen, wie die Menschen sind,
Die Shai-Huluds Traum verkaufen
Für eine Handvoll Nahrung.
Und Exile liegen anderswo.
Ihr habt Arrakis schwach gemacht,
Und still den Weg des Sandwurms.
Und eure Bedingungen stellt ihr nur noch
Aus dem Exil,
Und das liegt anderswo.
Alia! Sie nennen dich Coan-Teen,
Den Geist, den man niemals sieht,
Bis ...«
»Genug!« kreischte Alia. Sie hatte sich halb aus ihrem Thron erhoben. »Ich werde dich ...«
»Alia!« sagte Jessica laut genug, daß zumindest die nächsten Umstehenden es mitbekamen. Sie legte alle ihre Kraft in dieses eine Wort – und alle, die es hörten, bemerkten die Kraft ihrer trainierten Stimme sofort. Alia sank in den Sitz zurück und zeigte nicht den geringsten Ausdruck, daß sie sich bewußt war, soeben eine Niederlage hingenommen zu haben.
Also hat sie auch dies genau vorbereitet, dachte Jessica. Das ist wirklich interessant.
»Die Entscheidung über den Fall des ersten Bittstellers liegt bei mir«, erinnerte sie ihre Tochter.
»Natürlich.« Alias Worte waren kaum zu vernehmen.
»Ich bin der Ansicht, dieser Troubadour wäre ein passendes Geschenk für Farad'n«, fuhr Jessica fort. »Er hat eine solch scharfe Zunge, daß sie beinahe wie ein Crysmesser schneidet. Ein Mann mit solchen Fähigkeiten würde natürlich auch unserem Hof zur Ehre gereichen, aber ich würde es lieber sehen, wenn er seinem Mundwerk in Zukunft im Hause Corrino seinen Lauf läßt.«
Eine Welle von Gelächter brandete durch den Saal.
Alia holte keuchend Luft: »Hast du gehört, wie er mich genannt hat?«
»Er hat dich überhaupt nichts genannt. Er hat nichts anderes getan, als zu wiederholen, was man an jeder Straßenecke aufschnappen kann. Dort nennt man dich nämlich Coan-Teen ...«
»Der weibliche Todesengel, der sich ohne Füße bewegt«, fauchte Alia.
»Wenn du vorhast, dir alle jene vom Halse zu schaffen, die dir mitteilen, wie man draußen über dich redet, wirst du bald nur noch über jene verfügen, die dir von den Augen ablesen, welche Dinge du über dich hören willst«, erwiderte Jessica mit zuckersüßer Stimme. »Ich kann mir nichts Gefährlicheres vorstellen, als im Sumpf der Selbstverliebtheit zu verrotten.«
Sie hörte, wie die unmittelbar hinter den beiden Thronen stehenden Leute hörbar nach Luft schnappten.
Dann
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