Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
mißtraue den Extremen. Kratze an einem Konservativen, und du findest jemanden, der die Vergangenheit der Zukunft vorzieht. Kratze an einem Liberalen, und du findest einen verkappten Aristokraten. Es stimmt! Liberale Regierungen entwickeln sich stets zu Aristokratien. Die Bürokratien mißbrauchen die wirklichen Absichten der Menschen, die sie eingesetzt haben. Die kleinen Leute, die Regierungen an die Macht lassen, die versprochen haben, die soziale Last gleichmäßig zu verteilen, finden sich plötzlich in den Händen bürokratischer Aristokraten wieder. Natürlich folgen alle Bürokratien diesem Muster, aber welche Heuchelei ist es, ein solches sogar unter einem sozialisierenden Banner anzutreffen. Ahhh, aber wenn Muster mir überhaupt irgend etwas sagen, dann das, daß sie sich wiederholen. Meine Niedergeschlagenheit ist – im großen und ganzen gesehen – nicht größer als die der anderen. Und zumindest kann ich ihnen eine neue Lektion erteilen.
Die gestohlenen Journale
Es war schon ziemlich dunkel geworden, als Leto endlich die Delegation der Bene Gesserit zur Audienz empfangen konnte. Moneo hatte den Ehrwürdigen Müttern mitgeteilt, daß es zu einer Verzögerung kommen würde und die Versicherung des Gott-Kaisers noch einmal wiederholt. Als er Leto seinen Bericht erstattete, hatte Moneo gesagt: »Sie erwarten eine große Belohnung.«
»Wir werden sehen«, hatte Leto erwidert. »Wir werden sehen. Und jetzt erzähl mir, was der Duncan von dir wollte, als du hereinkamst.«
»Er wollte wissen, ob du schon einmal hast jemanden auspeitschen lassen, Herr.«
»Und deine Antwort?«
»Ich sagte ihm, darüber gäbe es keine Aufzeichnungen, und in meiner Gegenwart sei es zu solch einer Bestrafung noch nicht gekommen.«
»Seine Reaktion?«
»So verhält sich kein Atreides.«
»Glaubt er, ich sei verrückt?«
»Das hat er nicht gesagt.«
»Bei eurer Begegnung ging es um noch mehr. Was macht unserem neuen Duncan Kummer?«
»Er hat die ixianische Botschafterin kennengelernt, Herr. Er findet Hwi Noree attraktiv. Er hat darum gebeten ...«
»Das muß verhindert werden, Moneo! Ich vertraue darauf, daß du sämtliche Maßnahmen ergreifst, um eine Liaison zwischen dem Duncan und Hwi zu hintertreiben.«
»Zu Befehl, Herr.«
»Ich befehle es! Und nun geh und treffe die Vorbereitungen zum Empfang der Bene Gesserit. Ich werde sie im Falschen Sietch treffen.«
»Herr, soll die Wahl dieses Treffpunktes irgend etwas signalisieren?«
»Es ist nur eine Laune. Auf dem Weg hinaus sagst du dem Duncan, er soll einen Wachtrupp zusammenstellen und dafür sorgen, daß es in der Stadt keine Übergriffe gibt.«
Als er im Falschen Sietch auf die Delegation der Bene Gesserit wartete, dachte Leto über diesen Wortwechsel nach und stellte fest, daß er ihn im nachhinein erheiterte. Er konnte sich vorstellen, wie verstört man in der Feststadt darauf reagieren würde, wenn Duncan Idaho an der Spitze eines Gardistentrupps durch die Straßen zog.
Sie werden verstummen wie Frösche beim Auftauchen eines Storchs.
Jetzt, wo er sich im Innern des Falschen Sietchs aufhielt, freute er sich über die getroffene Wahl. Der Falsche Sietch durchmaß fast einen Kilometer und befand sich innerhalb eines formlosen Gebäudes mit unregelmäßigen Kuppeln am Rande von Onn. Es war der erste Wohnsitz der Museumsfremen gewesen und diente ihnen nun als Ausbildungsstätte. Die Korridore und Räume wurden von wachsamen Fischrednern kontrolliert.
Die Empfangshalle, in der Leto wartete, bestand aus einem zweihundert Meter langen Oval und wurde von starken Leuchtgloben erhellt, die in blaugrüner Isolierung etwa dreißig Meter über dem Boden schwebten. Das Licht verstärkte das dunkle und helle Braun des imitierten Gesteins, aus dem man das gesamte Bauwerk erschaffen hatte. Leto befand sich auf einer niedrigen Erhebung am äußeren Ende des Raums und sah durch ein halbkreisförmiges Fenster, das länger war als sein Leib, nach draußen. Die Öffnung lag vier Stockwerke über dem Boden und gestattete ihm einen Ausblick, der auch die Überreste des Schildwalls einschloß. Man hatte sie wegen der Höhlen bewahrt, in der die Truppen der Atreides einst von den Harkonnen-Angreifern niedergemetzelt worden waren. Das frostige Licht des Ersten Mondes tauchte die Umrisse der Klippen in Silber. Da und dort sah man Feuer. Die Flammen zeigten an, wo die Fremen sich aufhielten. Wenn jemand vor ihnen herging, blinkten sie. Es waren Museumsfremen, die ihr Recht
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