Dune 07 - Die Jäger des Wüstenplaneten
immer noch (was man von den anderen nicht behaupten konnte). Dennoch fühlte er sich elend.
Uxtal wünschte sich, die Gestaltwandler würden den kleinen Wladimir einfach fortbringen. Warum schafften sie ihm nicht wenigstens eine Last vom Hals? Wie lange sollte Uxtal noch für dieses Balg verantwortlich sein? Was verlangten sie denn noch von ihm? Immer mehr und mehr und mehr! Eines Tages würde er mit Sicherheit irgendeinen fatalen Fehler begehen. Er konnte es nicht fassen, dass er schon so lange Erfolg gehabt hatte.
Uxtal hätte die Geehrten Matres am liebsten angebrüllt, genauso wie jeden anderen Menschen, dem er begegnete, in der Hoffnung, dass es in Wirklichkeit ein Gestaltwandler war. Wie sollte er seine Arbeit machen? Aber er wandte einfach nur den Blick ab und versuchte überzeugend so zu tun, als würde er äußerst hart arbeiten. Sich elend zu fühlen war immer noch viel besser, als tot zu sein.
Immer noch am Leben. Aber wie auch weiterhin am Leben bleiben?
Wusste die Mater Superior überhaupt, wie viele Gestaltwandler inmitten ihres Volkes lebten? Er bezweifelte es. Khrone verfolgte heimtückische Pläne. Wenn Uxtal sie aufdeckte und den Geehrten Matres gegenüber die Intrigen der Gestaltwandler enthüllte, würde Hellica in seiner Schuld stehen, würde ihn belohnen ...
Er wusste jedoch, dass so etwas niemals passieren würde.
Manchmal brachte Mater Superior Hellica Besucher mit ins Folterlabor, herausgeputzte Geehrte Matres, die offenbar andere Welten beherrschten, die sich immer noch den Versuchen der Neuen Schwesternschaft widersetzten, sie zu assimilieren. Hellica verkaufte ihnen die orangefarbene Droge, die Uxtal nun in großen Mengen herstellte. Im Laufe der Jahre hatte er das Verfahren perfektioniert, Neurotransmitter wie Adrenalin und Katecholamin sowie Dopamine und Endorphine zu ernten, einen Cocktail, der als Vorstufe des orangefarbenen Gewürzersatzes diente.
In überheblichem Tonfall erklärte Hellica: »Wir sind Geehrte Matres und keine Sklaven der Melange! Unser Gewürz ist eine direkte Folge des Schmerzes.« Dann sah sie mit ihren Besuchern auf das sich windende Versuchsobjekt hinab. »Das entspricht viel eher unseren Bedürfnissen.«
Die selbsternannte Königin prahlte (wie sie es oft und gerne tat) mit ihren Laborprogrammen, übertrieb dabei maßlos, ebenso wie Uxtal seine eigenen fragwürdigen Fähigkeiten überbetonte. Und während sie ihre Lügengeschichten auftischte, nickte er eifrig.
Seit er die Herstellung des Gewürzersatzes ausgeweitet hatte, unterstanden ihm nun ein Dutzend Laborassistenten niederer Kaste sowie eine lederhäutige alte Geehrte Mater namens Ingva, die, davon war er überzeugt, mehr eine Spionin als seine Helferin war. Er bat die alte Vettel nur selten, etwas zu tun, denn sie täuschte ständig Unkenntnis vor oder kam mit irgendwelchen anderen Ausflüchten. Es ging ihr gegen den Strich, von einem männlichen Wesen Anweisungen zu erhalten, und er wollte sie nicht überfordern.
Man wusste nie genau, wann Ingva kommen oder gehen würde, und das diente zweifellos dazu, Uxtal zu irritieren. Es war schon häufiger vorgekommen, dass sie mitten in der Nacht an seine Tür geklopft hatte, voll mit einer Überdosis irgendeines Rauschmittels. Da die Mater Superior nie persönlich Anspruch auf ihn erhoben hatte, drohte Ingva damit, ihn sexuell zu binden, zögerte aber, Hellica offen die Stirn zu bieten. Im Zwielicht über ihm aufragend, stieß die alte Geehrte Mater Drohungen aus, bei denen es ihm eiskalt über den Rücken lief.
Einmal, als sie zu viel künstliches Gewürz zu sich genommen hatte, gestohlen aus frischen Laborbeständen, war Ingva tatsächlich nur knapp dem Tode entronnen. Ihre berauschten Augen waren orange und ihr Puls kaum noch zu spüren gewesen. Uxtal hätte sie sehr gern vor seinen Augen sterben lassen, traute sich aber nicht. Ingvas Tod hätte keins seiner Probleme gelöst; es hätte nur Argwohn auf ihn gelenkt, mit unbekannten und beängstigenden Auswirkungen. Und die nächste Spionin der Geehrten Matres war womöglich noch schlimmer.
Er hatte schnell reagiert und ihr ein Gegenmittel verabreicht, das ihre Lebensgeister wieder erweckt hatte. Ingva hatte sich nie bei ihm dafür bedankt, dass er ihr das Leben gerettet hatte, hatte nie irgendeine Schuld ihm gegenüber eingestanden. Aber andererseits hatte sie ihn auch nicht umgebracht. Und ihn auch nicht gebunden. Das war zumindest etwas.
Am Leben. Ich bin immer noch am Leben.
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