Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
es nur holografische Projektionen.« Die nahezu perfekte Simulation schloss die Geräusche ein, die die Tanks normalerweise von sich gaben, sowie die Gerüche nach Desinfektionsmitteln und Medikamenten.
Als Scytale inmitten der wunderbaren Bilder stand, sehnte sich sein Herz nach der Heimat, die er so sehr vermisste, einer Heimat, die nun restlos zerstört war. Vor Jahren, bevor ihm erlaubt worden war, noch einmal das heilige Bandalong zu betreten, hatten sich Scytale und andere Tleilaxu einem langwierigen Reinigungsverfahren unterzogen. Seit die Geehrten Matres ihm keine andere Wahl gelassen hatten, als mit seinem Leben und ein wenig kostbarem Besitz zu fliehen, hatte er versucht, die Rituale und Praktiken so oft wie möglich zu beobachten. Und er hatte versucht, sie dem jungen Ghola beizubringen. Doch es gab Beschränkungen. Scytale hatte sich lange Zeit als nicht ausreichend gereinigt empfunden. Aber er wusste, dass Gott Verständnis für ihn haben würde.
»So sah ein typisches Brutlabor aus. Präg dir alles genau ein. Ruf dir ins Gedächtnis, wie die Dinge waren und wie sie sein sollten. Ich habe diese Bilder aus meiner Erinnerung geschaffen, und dieselben Erinnerungen liegen auch in dir. Finde sie.«
Scytale hatte die gleichen Worte immer wieder gesagt und sie dem Kind eingebläut. Seine jüngere Version war ein guter und sehr intelligenter Schüler. Alle Informationen waren ihm bereits bekannt, weil er sie auswendig gelernt hatte, aber das Wissen war nicht in seiner Seele verankert.
Sheeana und die anderen Hexen verstanden nicht, wie gravierend die Krise war, die ihm bevorstand. Vielleicht war es ihnen auch gleichgültig. Die Bene Gesserit verstanden überhaupt nur sehr wenig von den Feinheiten der Wiederherstellung des Gedächtnisses eines Gholas. Sie sahen nicht, in welchem Moment ein Ghola bereit war. Doch Scytale konnte sich den Luxus des Wartens vielleicht nicht erlauben. Das Kind war auf jeden Fall alt genug. Der Junge sollte längst erwacht sein! Bald wäre er der einzige überlebende Tleilaxu, und dann würde niemand mehr seine Erinnerungen wecken können.
Als er die Reihen der Bruttanks musterte, trat der Ausdruck von Ehrfurcht und Einschüchterung ins Gesicht des jüngeren Scytale. Er sog alles in sich auf. Gut. »Dieser Tank in der zweiten Reihe ist der, aus dem ich geboren wurde«, sagte er. »Die Schwesternschaft hat die Frau Rebecca genannt.«
»Ein Tank hat keinen Namen. Er ist keine Person und war auch nie eine. Selbst wenn er sprechen könnte, wäre er nur ein weibliches Wesen. Wir Tleilaxu haben unseren Tanks niemals Namen gegeben, auch nicht den Frauen, aus denen sie entstanden sind.«
Er erweiterte das Bild und ließ die Wände verschwinden, sodass die Projektion eines riesigen Bruthauses sichtbar wurde. Ein Tank reihte sich an den anderen, und draußen waren die Straßen und Türme von Bandalong zu erkennen. Diese visuellen Hinweise hätten eigentlich genügen müssen, aber Scytale wünschte sich, er hätte weitere Sinnesempfindungen hinzufügen können, die weiblichen reproduktiven Gerüche, das Gefühl des heimatlichen Sonnenlichts, das tröstliche Wissen, dass zahllose Tleilaxu die Straßen, die Gebäude, die Tempel füllten.
Er verspürte schmerzende Einsamkeit.
»Ich sollte nicht immer noch am Leben sein und vor dir stehen. Es kränkt mich, einen alten, schmerzenden, allmählich versagenden Körper zu haben. Der Kehl der wahren Meister hätte mir schon vor langer Zeit die Gnade der Euthanasie erweisen und mich in einem neuen Ghola-Körper weiterleben lassen sollen. Aber in diesen Zeiten ist vieles nicht so, wie es sein sollte.«
»Es ist nicht so, wie es sein sollte«, wiederholte der Junge und schritt rückwärts durch eins der Holobilder. »Du musst Dinge tun, die du andernfalls nicht dulden würdest. Du musst heroische Anstrengungen unternehmen, um lange genug zu überleben, bis ich erwacht bin. Aber ich verspreche dir aus ganzem Herzen, dass ich Scytale sein werde. Bevor es zu spät ist.«
Der Erweckungsprozess eines Gholas verlief weder einfach noch schnell. Jahr um Jahr hatte Scytale Druck ausgeübt und den Geist dieses Jungen beschäftigt. Jede Unterrichtsstunde und jede Forderung, die er an ihn stellte, erhöhte den Haufen aus Kieselsteinen, und früher oder später würde er so hoch sein, dass das instabile Gebilde ins Rutschen geriet. Und nur Gott und sein Prophet konnten wissen, welcher kleine Stein der Erinnerung diese Lawine auslösen und die
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