Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
aufschlitzen. »Aber ich bin bestens ausgebildet, eine perfekte Kampfmaschine.«
Der Baron applaudierte, aber nur kurz. »Angeber machen sich unbeliebt, Paolo ... es sei denn, du siegst und beweist allen anderen damit, dass du lediglich Tatsachen festgestellt hast.«
Paul wollte sich nicht von seinen Visionen beherrschen lassen. Wenn ich der Kwisatz Haderach bin, werde ich die Visionen ändern. Ich werde kämpfen. Ich werde überall zugleich sein.
Der junge Paolo schien das Gleiche zu denken, denn nun stieß er wie eine Schlange vor. Überrascht vom abrupten Beginn des Duells schlang Erasmus sein prächtiges Gewand um sich und trat schnell aus dem Weg. Anscheinend hatte er beabsichtigt, die Regeln des Kampfes zu erklären, aber Paolo war an solchen Feinheiten offensichtlich nicht interessiert.
Paul bog sich zurück wie ein Schilfrohr und ließ die Klinge des Imperators vorbeizischen, nur wenige Zentimeter von seinem Hals entfernt. Der junge Paolo gluckste vergnügt. »Das war nur zur Übung!« Er hielt den Dolch hoch und zeigte ihm die rostroten Flecken. »Ich bin dir einen Schritt voraus, denn dieses Messer hat bereits dein Blut geschmeckt!«
»Es ist eher dein Blut als meins«, sagte Paul leise. Er griff mit dem Crysmesser an und ließ die Klinge tanzen.
Der jüngere Ghola reagierte mit einer Spiegelung von Pauls Bewegungen, als würden die beiden in telepathischer Verbindung stehen. Er führte einen Hieb zur Seite, und Paul wich in die andere Richtung aus. Er fragte sich, ob eine Art von prophetischer Gabe im Spiel war, ob er unbewusst jede Bewegung vorhersah. Oder waren sich die beiden einfach so ähnlich, dass sie den gleichen Kampfstil anwendeten? Sie waren sehr unterschiedlich ausgebildet worden, und trotzdem ...
Paul konzentrierte sich ganz auf das Duell, und sein Gehör vermittelte ihm nur noch statisches Rauschen. Zuvor hörte er aufmunternde Rufe und besorgte Schreie von seiner Mutter und Chani, doch dann blendete er das alles aus. Hatte er das Potenzial, zum endgültigen Kwisatz Haderach zu werden, nach dem Omnius gesucht hatte? Wollte er diese Rolle übernehmen? Er hatte die historischen Aufzeichnungen gelesen, er wusste, wie viel Blutvergießen und Leid Paul Muad'dib und Leto II. verursacht hatten. Was würden die Maschinen erreichen, wenn sie einen noch stärkeren Kwisatz Haderach in ihrer Gewalt hatten? Ein abgelegener Teil von Pauls Geist hatte bereits die Fähigkeit, dorthin zu blicken, wohin sonst niemand sehen konnte – sowohl in weibliche als auch männliche Vergangenheiten. Welche weiteren Kräfte liegen noch ungenutzt in mir? Traue ich mich, es herauszufinden? Wenn ich dieses Duell gewinne, was werden die Denkmaschinen anschließend von mir verlangen?
Er kam sich wie ein Gladiator auf der antiken Erde vor, der sich in der Arena beweisen musste. Und er hatte einen fatalen Schwachpunkt: Omnius hielt Chani, Jessica, Duncan und viele andere als Geiseln. Wenn Paul seine Ghola-Erinnerungen zurückerhielt, würden seine Gefühle für sie sogar noch stärker sein.
Offensichtlich hatte Omnius vor, Paul auf diese Weise zur Zusammenarbeit zu zwingen, falls er im Duell siegte. Die Liebe zu seinen Gefährten konnte sich nur verstärken, und sie würden seinetwegen leiden müssen. Da der Computer-Allgeist erheblich mehr Geduld hatte als ein Mensch, konnten die Maschinen diese Geiseln ungestraft foltern und töten, ihnen Zellproben entnehmen und neue Gholas züchten. Immer und immer wieder! Vielleicht würde Erasmus seine Schwester Alia wiederauferstehen lassen, seinen Vater oder Gurney oder Thufir. Sie töten, sie wiederbeleben, sie wieder töten und so weiter. Wenn Paul Atreides, der Kwisatz Haderach, sich ihren Forderungen nicht beugte, würden die Denkmaschinen sein Leben zu einer endlosen Hölle machen. Zumindest hatten sie die Möglichkeit dazu.
Nun verstand er das Dilemma seines Schicksals. Und wieder sah er sich selbst, wie er in einer Blutlache starb. Vielleicht ließen sich manche Dinge nicht ändern. Doch wenn er ein wahrer Kwisatz Haderach war, sollte er in der Lage sein, sich gegen eine derartig kleinliche Taktik durchzusetzen.
Er kämpfte mit wilder Leidenschaft weiter, bis er völlig verschwitzt war. Paolo trat mit den Füßen nach ihm und schlug mit dem Dolch des Imperators zu. Paul wich aus, rollte sich weg, und der jüngere Ghola prügelte auf ihn ein. Der Dolch schoss mit tödlicher Gewalt heran, aber Paul konnte sich gerade noch rechtzeitig seitlich wegducken.
Die Klinge
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