Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
war, würden sich die beiden eines Tages daran erinnern, wie eng ihre Freundschaft gewesen war.
Paul konnte nicht verhindern, dass er übers ganze Gesicht grinste, als er sich auf den Moment vorbereitete. Er pfiff ein altes Atreides-Lied, das er aus den gesammelten Aufzeichnungen Gurneys kannte, und trat in den Korridor. Im gleichen Augenblick kam Chani aus ihrem Quartier und gesellte sich zu ihm. Die Dreizehnjährige war nur zwei Jahre jünger als er, gertenschlank, flink, redegewandt und wunderschön, auch wenn sie bislang nur eine Ahnung der Frau bot, die sie einst werden würde. Da sie ihre Bestimmung kannten, waren Paul und sie schon jetzt unzertrennlich. Er nahm ihre Hand, und das Pärchen eilte gut gelaunt zur medizinischen Abteilung.
Er fragte sich, ob Gurney schon als hässliches Baby auf die Welt gekommen oder erst durch die Folter der Harkonnens so übel zugerichtet worden war. Er hoffte, dass auch Gurneys Ghola eine natürliche Begabung für das Baliset hatte. Paul war davon überzeugt, dass sich mit den Mitteln des Nicht-Schiffes eins dieser antiken Musikinstrumente rekonstruieren ließ. Vielleicht würden sie beide gemeinsam musizieren.
Auch andere würden sich zur Geburt einfinden: seine »Mutter« Jessica, Thufir Hawat und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Duncan Idaho. Gurney hatte hier viele Freunde. Niemand an Bord des Schiffes hatte Xavier Harkonnen oder Serena Butler gekannt, die anderen beiden Gholas, die heute dekantiert werden sollten. Sie waren Legenden aus der Zeit von Butlers Djihad. Jeder Ghola, so sagte Sheeana, hatte eine bestimmte Rolle zu spielen, und irgendeiner von ihnen – oder sie alle zusammen – waren möglicherweise der Schlüssel, um den Feind zu besiegen.
Abgesehen von den Ghola-Kindern waren während des langjährigen Fluges der Ithaka viele andere Jungen und Mädchen geboren worden. Die Schwestern paarten sich mit männlichen Arbeitern der Bene Gesserit, die ebenfalls von Ordensburg entkommen waren. Sie wussten um die Notwendigkeit, ihre Zahl zu vergrößern und eine solide Grundlage für eine neue Kolonie zu schaffen, sofern das Nicht-Schiff jemals einen geeigneten Planeten fand, auf dem sich die Menschen ansiedeln konnten. Die jüdischen Flüchtlinge, die vom Rabbi betreut wurden und die ebenfalls geheiratet und Familien gegründet hatten, warteten immer noch auf eine neue Heimat, in der sie ihr langes Exil beenden konnten. Das Nicht-Schiff war riesig und bot noch genug Platz für eine wesentlich größere Bevölkerung. Also bestand keine Gefahr, dass in absehbarer Zeit die Kapazitätsgrenze erreicht werden könnte. Noch lange nicht.
Während sich Paul und Chani dem Geburtszentrum näherten, eilten vier weibliche Proctoren durch den Korridor in ihre Richtung. Sie riefen verzweifelt nach einem qualifizierten Suk-Arzt. »Sie sind tot! Alle drei!«
Pauls Herzschlag setzte aus. Mit fünfzehn Jahren hatte er bereits einige der Fähigkeiten trainiert, die ihn einst zum historischen Führer gemacht hatten, der Muad'dib genannt worden war. Er legte alle stählerne Entschlossenheit, die er aufzubringen imstande war, in seine Stimme, und verlangte, dass die zweite Proctor innehielt. »Erkläre dich!«
Die Antwort platzte aus der überraschten Bene Gesserit heraus. »Drei Axolotl-Tanks, drei Gholas. Sabotage – und Mord. Jemand hat alles zerstört.«
Paul und Chani eilten zur medizinischen Abteilung. Duncan und Sheeana standen mit erschütterten Mienen vor dem Eingang. Drinnen waren drei Axolotl-Tanks zu erkennen. Die Verbindungen zu den Lebenserhaltungssystemen waren herausgerissen, und sie lagen in Pfützen aus Flüssigkeit und verbranntem Fleisch. Jemand hatte eine Strahlenwaffe und Säuren benutzt, um nicht nur die Lebenserhaltung zu zerstören, sondern auch die Körper der Tanks und die ungeborenen Gholas.
Gurney Halleck. Xavier Harkonnen. Serena Butler. Alle drei waren tot. Und die Tanks, die einst lebende Frauen gewesen waren.
Duncan sah Paul an und fasste das Entsetzen in Worte. »Wir haben einen Saboteur an Bord. Jemanden, der die Absicht verfolgt, dem Ghola-Projekt zu schaden – oder vielleicht sogar uns allen.«
»Aber warum jetzt?«, fragte Paul. »Das Schiff ist schon seit über zwanzig Jahren auf der Flucht, und das Ghola-Projekt läuft schon seit langer Zeit. Was hat sich verändert?«
»Vielleicht hatte jemand Angst vor Gurney«, sagte Sheeana. »Oder vor Xavier Harkonnen oder Serena Butler.«
Paul sah, dass die anderen drei
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