Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
in sich zusammenfielen und ganze Metallkonstruktionen einstürzten. Als er das Getöse hörte und spürte, wie der Boden unter seinen Füßen zitterte, reagierte der unabhängige Roboter völlig unbeeindruckt. Zu oft schon hatte er diese übertrieben theatralischen Vorführungen miterlebt. Omnius hatte offenkundig Spaß daran, ob es nun sinnvoll war oder nicht. Trotzdem bemühte sich Erasmus ständig, die Exzesse des Allgeists zu mäßigen. Davon hing die Zukunft ab – die Zukunft, die Erasmus vorherbestimmt hatte.
Er ging die Extrapolationen durch, die er aus unzähligen Datenpaketen destilliert hatte. Alle Resultate passten exakt zu den Prophezeiungen, die er selbst formuliert hatte. Omnius hatte sich restlos davon überzeugen lassen. Der leichtgläubige Allgeist verließ sich zu oft auf gefilterte Informationen, und deswegen hatte der Roboter ihn gut im Griff.
Wenn die Parameter stimmten, war Erasmus sich absolut sicher, dass eine jahrtausendelange Geschichte den richtigen Ausgang nehmen würde.
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Der Sehende ist nicht immer der Verstehende. Jene, die behaupten, zu verstehen, können auch Blinde sein.
Das Orakel der Zeit
Was noch von Norma Cevnas einstigem Körper übrig war, befand sich innerhalb einer Kammer, die während ihrer mehrtausendjährigen Existenz immer wieder umgebaut worden war. Dennoch kannte ihr Geist keine physischen Grenzen. Sie war nur noch flüchtig mit dem Fleisch verbunden, ein biologischer Generator reiner Gedanken. Das Orakel der Zeit.
Ihre mentalen Verbindungen zum Gewebe des Universums verliehen ihr die Fähigkeit, überallhin zu reisen, indem sie unendliche Möglichkeiten verfolgte. Sie konnte die Zukunft und die Vergangenheit sehen, aber nicht immer mit absoluter Klarheit. Ihr Gehirn war so strukturiert, dass sie die Unendlichkeit berühren und sie – beinahe – verstehen konnte.
Ihre Nemesis, der Allgeist, hatte ein riesiges elektronisches Netz im Gewebe des Raums ausgelegt, eine komplexe Tachyonenlandkarte, die für die meisten Menschen unsichtbar war. Omnius benutzte das Gebilde, um nach seinem Opfer zu suchen, doch bisher war es ihm nicht gelungen, das Nicht-Schiff mit dem Netz zu fassen.
Vor langer Zeit hatte Norma die Vorläuferorganisation der Gilde gegründet, um gegen die Denkmaschinen zu kämpfen. Seit dieser Zeit hatte die Gilde ein immer stärkeres Eigenleben entwickelt und sich von ihr entfernt, während sie sich immer weiter hinaus in den Kosmos erweiterte. Politische Spannungen zwischen Planeten, Machtkämpfe zwischen den Navigatoren und den menschlichen Administratoren, Monopole auf wertvolle Güter wie Soosteine, ixianische Technologie oder Melange – solche Probleme waren für sie nicht mehr von Belang.
Über die Menschheit zu wachen erforderte eine gewisse Investition ihrer mentalen Ressourcen. Sie spürte den Aufruhr der Zivilisation, wusste von der großen Spaltung innerhalb der Gilde. Sie hätte die Administratoren getadelt, dass sie eine solche Krise ausgelöst hatten, wenn sie sich nur hätte erinnern können, wie man zu so kleinen Menschen sprach. Für Norma war es bereits sehr anstrengend, sich einfach genug auszudrücken, damit ihre recht hoch entwickelten Navigatoren sie verstanden. Sie musste ihnen begreiflich machen, wer der wahre Feind war, damit sie die Bürde des Kampfes auf sich nahmen.
Wenn sich das Orakel der Zeit nicht um die vorrangigen Probleme kümmerte, würde es niemand tun. Niemand sonst im Universum wäre dazu überhaupt in der Lage. Ihr Vorherwissen vermittelte ihr, was von größter Bedeutung war: das verlorene Nicht-Schiff wiederfinden. Der finale Kwisatz Haderach befand sich an Bord, und aus der schwarzen Gewitterwolke des Kralizec gingen bereits die ersten Regengüsse nieder. Doch Omnius suchte nach demselben Faktor wie sie, und vielleicht bekam er ihn zuerst unter seine Kontrolle.
Sie hatte die kürzlichen Kämpfe zwischen den Bene Gesserit und den Geehrten Matres gespürt. Davor war sie Zeugin des Beginns der Diaspora und der Hungerjahre geworden, genauso wie der erweiterten Lebensspanne und des traumatischen Todes des Gottkaisers. Doch all diese Ereignisse waren letztlich kaum mehr als Hintergrundrauschen.
Das verlorene Nicht-Schiff wiederfinden.
Wie sie die ganze Zeit vorhergesehen und befürchtet hatte, war der gnadenlose Feind zurückgekehrt. Ganz gleich, in welcher Gestalt die Denkmaschinen nun auftraten, ganz gleich, wie sehr sie sich verändert hatten, der Feind war immer noch der Feind.
Und der
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